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Brandenburg: Flughafen-Termin lässt auf sich warten
Platzeck erwartet für 16. August im Aufsrichtsrat keine Festlegung auf möglichen Start im März. Regierungschef besichtigte mit neuem Technikchef Amann die Baustelle in Schönefeld
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Schönefeld - Auch das Warten auf den neuen Eröffnungstermin des künftigen Flughafens scheint sich zu verschieben. Nach derzeitigem Stand könne der neue technische Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Horst Amann, nicht bereits wie bisher vorgesehen dem Aufsichtsrat am 16. August definitiv sagen, ob der vor seinem Amtsantritt festgelegte Termin für die Inbetriebnahme am 17. März 2013 realistisch und zu halten sein werde, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitag. Er hatte zusammen mit Amann, der erst zwei Tage zuvor am 1. August seinen Job angetreten hat, am Freitag die Flughafen-Baustelle besichtigt. Amann, der als Mann der klaren Worte gilt, habe sehr offen die aktuelle Problemlage beschrieben und die Situation auf der Baustelle präzise und nachvollziehbar dargestellt, hießt es aus der Potsdamer Staatskanzlei.
Zweifel an der Terminplanung hatten zuvor auch schon der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) geäußert. Alle wollen Amann die Zeit lassen, sich einarbeiten zu können, ehe er sich auf einen Eröffnungstermin festlegt. Der Technikchef soll sich die Zeit nehmen, die er benötige. Dass der 17. März 2013 gehalten werden kann, wird immer unwahrscheinlicher. Amann selbst wollte sich bislang nicht zu dem Eröffnungstermin äußern, nannte den Zeitplan aber „absolut ambitioniert“.
Ramsauer macht inzwischen weiter Flughafenpolitik, fast nach dem Motto: Der Kleinste macht den größten Dampf. Ramsauer, der in der Flughafengesellschaft den Bund vertritt, der 26 Prozent der Anteile hält, zeigt seinen Miteigentümern Berlin und Brandenburg, die je 36 Prozent halten, öffentlichkeitswirksam zuletzt fast jeden Tag, wo’ s beim Flughafen-Ausbau lang zu gehen hat. Weil unter anderem am 28. Juli drei Maschinen in geringer Höhe über den Südwesten Berlins gedonnert sind, will der Minister nun vom Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS), Dieter Kaden, wissen, wie es dazu kommen konnte. Bürgerinitiativen, die Ramsauer informiert hätten, befürchteten, sie sollten schon an den kommenden Krach gewöhnt werden, der künftig vom neuen Flughafen ausgehe, begründete ein Sprecher Ramsauers Initiative. Die Flugsicherung führte die Flüge, bei denen die Piloten bereits in einer Höhe von rund 2000 Fuß (610 Meter) Richtung Berlin abbogen, aufs schlechte Wetter zurück. Dabei reiche zum Beispiel auch eine Gewitterwolke, die am Boden nicht zu erkennen sei, sagte eine DFS-Sprecherin. Sicherheit gehe hier vor, auch wenn damit Lärm verbunden sei.
Üblicherweise verlassen die Maschinen nach dem Start erst in 5000 Fuß (1,5 Kilometer) Höhe den Geradeauskurs. An zwei anderen Tagen hatten Flugzeuge ebenfalls fast im Tiefflug – teils sogar am frühen Morgen – Blankenfelde von Norden nach Süden überquert. Hier will Ramsauer keine Aufklärung haben, denn Beschwerden gab es bei ihm dort nicht.
Bereits beim Festsetzen der künftigen Flugrouten hatte Ramsauer kräftig mitgemischt. Und nach dem Desaster mit dem verschobenen Eröffnungstermin gründete der Minister sofort in seinem Haus eine Sonderkommission. Als Einziger der Gesellschafter forderte er zudem die Flughafengeschäftsführer öffentlich auf, auf die bisherige „Heimlichtuerei“ zu verzichten. Anlass war das Ausladen seiner Mitarbeiter beim Test der Entrauchungsanlage, wegen der die ursprüngliche Eröffnung Anfang Juni geplatzt war. Wowereit als Aufsichtsratsvorsitzender und sein Stellvertreter Platzeck hatten gar nicht versucht, Mitarbeiter direkt zum Test zu schicken.
Wowereit, derzeit nach dem Debakel um die geplatzte Eröffnung und die Probleme mit der Brandschutzanlage im Umfragetief, suchte dieser Tage einfach das Weite. Doch auch auf seiner Wahlkampftour für die Bayern- SPD musste sich Wowereit, der BER-Aufsichtsratschef ist, einigen Spott über den Pannen-Flughafen gefallen lassen – steckte das aber lässig weg. Als auf dem Müncher Viktualienmarkt Schaulustige die Arme zur Seite streckten und Flugzeuge nachahmten, eine Anspielung also auf das BER-Desaster, lächelte Wowereit das einfach weg und trank weiter sein Bier.
Platzeck ist dagegen deutlich dünnhäutiger. Ausrechnet im zehnten Jahr als Ministerpräsident steckt er wegen des Flughafens in einer tiefen politischen Krise. Vor allem der Schallschutz macht ihm zu schaffen, denn gegen seinen Willen und auf Druck von Berlin und Bund will die Flughafengesellschaft die strengen Vorgaben der Gerichte kippen.
Jetzt sagte Platzeck sogar seinen lange geplanten Besuch bei den Olympischen Spielen in London ab, wo er vor allem Potsdamer Kanuten unterstützen wollte. Selbst in SPD-Kreisen wird berichtet, Platzeck wolle Kritik der Opposition vermeiden, dass er sich als Vize-Chef des Aufsichtsrates nicht genug um die Probleme am BER kümmere – und sich stattdessen lieber im Glanz der Olympioniken sonne. Aus der Staatskanzlei dagegen hieß es, Platzeck müsse aktuelle Termine wahrnehmen. Öffentliche Auftritte sind aber erst wieder am Dienstag vorgesehen. Dann kommt auch das Kabinett zur ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Tatsächlich ist Platzeck wegen des Flughafens aber auf der Hut. Selbst seinen mehrwöchigen Sommerurlaub hatte er abgesagt, war stattdessen in Potsdam geblieben und an den wenigen freien Tagen für die Staatskanzlei ständig erreichbar. Gestern nun ließ er sich am neuen Hauptstadtflughafen die Baustelle zeigen. Nach London fliegt nun von Sonntag bis Dienstag bloß Sportministerin Martina Münch (SPD) – ohne Platzeck.
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