BER-Chaos: Flughafenchef verliert weiter an Rückhalt
Nach der FDP hat sich jetzt auch die Union deutlich für die Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz ausgesprochen.
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Potsdam/Berlin - Nach der FDP hat sich jetzt auch die Union deutlich für die Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz ausgesprochen. Dirk Fischer, Verkehrsexperte der CDU-Bundestagsfraktion, sagte den PNN, er rechne damit, dass es im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft am 1. November zu einer Entscheidung kommt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sitzung des Aufsichtsrats ohne personelle Konsequenzen bleibt“, sagte Fischer. Es gilt als ausgemacht, dass der Obmann der Unionsfraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages sich mit Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba, der den Bund als BER-Gesellschafter im Aufsichtsrat vertritt, eng abstimmt.
Zuvor hatte FDP-Generalsekretär Patrick Döring erneut Schwarz’ Entlassung gefordert. Grund für den wachsenden Druck vonseiten des Bundes auf die anderen Gesellschafter Berlin und Brandenburg sind neue Erkenntnisse der vom Bundesverkehrsministerium eingerichteten BER-Sonderkommission. Deren Chef, Michael Odenwald, der seit Montag Staatssekretär ist, warf Schwarz vor, gelogen und den Aufsichtsrat im Frühjahr bewusst nicht informiert zu haben, dass die Flughafen-Eröffnung nicht zu halten ist. Die Sonderkommission empfiehlt auch, Haftungsfragen prüfen zu lassen.Schwarz hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
FDP-Generalsekretär Döring dagegen sprach von schwerwiegenden Vorwürfen. „Berlin und Brandenburg sollten den Weg frei machen für einen Neuanfang an der Spitze der Gesellschaft“, sagte Döring. Die FDP koppelt die Zahlung von 312 Millionen Euro weiterer Bundeszuschüsse für die Mehrkosten am BER an die Personalie Schwarz. Die Union und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) arbeiteten bislang nur im Hintergrund.
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, es sei offensichtlich, dass der Aufsichtsrat nicht korrekt von Schwarz über die Probleme auf der Baustelle informiert worden sei. Über Konsequenzen für den BER-Geschäftsführer werde man reden müssen. Verkehrsminister Ramsauer nehme die Erkenntnisse der Sonderkommission sehr ernst. Auf die Frage, wie tief Ramsauers Vertrauen in Schwarz erschüttert sei, sagte der Ministeriumssprecher, dies könne man nicht in Prozentzahlen wiedergeben. Wegen Brandschutzmängeln soll der Flughafen erst am 27. Oktober 2013 mit zwei Jahren Verspätung in Betrieb gehen. Die Kosten haben sich auf mehr als vier Milliarden Euro verdoppelt. Der Bund hält 26 Prozent der Anteile, die Länder Berlin und Brandenburg halten je 37 Prozent.
Auch die Grünen im Brandenburger Landtag fordern eine Abberufung von Schwarz. Fraktionschef Axel Vogel sagte, im Aufsichtsrat stünden die Zeichen auf Ablösung. „Es kann nicht sein, dass jetzt Bund und Länder weit über eine Milliarde Euro der Flughafengesellschaft zuwenden, ohne dass Schlüsse gezogen werden aus dem, was bisher passiert ist“, so Vogel. Aber nicht nur Schwarz, sondern auch der Aufsichtsrat hätte vollständig versagt.
Dagegen warnten die Staatskanzlei der brandenburgischen Landesregierung und die Wirtschaft vor einer Personaldebatte um Schwarz. Die Anstrengungen um einen gesicherten Eröffnungstermin würden „zunehmend überlagert von einer – auch personalpolitisch geführten – Diskussion“, teilten die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin/Brandenburg (UVB) und die Cottbuser Industrie- und Handelskammer (IHK) mit. Ein gesicherterEröffnungstermin sei wichtig für Investoren und Beschäftigte, das Vertrauen in den Termin müsse gestärkt werden. Staatskanzleichef Albrecht Gerber forderte, das Flughafenprojekt nicht zu zerreden. Die vom Bund befeuerten Personaldebatten seien schädlich. „Es ist unglaublich, dass der Minderheitsgesellschafter Bund die Freigabe der notwendigen Finanzierungsmittel verzögert, um koalitionsinterne Scharmützel zu schlagen, statt sich im Interesse der Menschen in der Region um die Verwirklichung des wichtigsten Infrastrukturprojekts Ostdeutschlands zu kümmern“, sagte er. Brandenburgs Vertreter würden sich dem BER-Projekt widmen und Personaldebatten zurückstellen.
Tatsächlich gibt es wie berichtet in der Landesregierung ernsthafte Überlegungen, den Widerstand gegen Forderungen des Bundes aufzugeben.CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski nannte Gerbers Vorwürfe unangemessen. „Die Zeit, in der Matthias Platzeck als stellvertretender BER-Aufsichtsratsvorsitzender über seinen Protegé Schwarz die schützende Hand hält, muss ein Ende haben“, sagte er. Die Bundesregierung hätte sich schon viel früher beim Flughafen einmischen sollen, um Schaden abzuwenden, den Platzeck und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Aufsichtsratschefs mitverursacht hätten.
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