Imker in Brandenburg: Gefährlicher Einwanderer: Die Angst vor dem Beutenkäfer
Die Imker aus Brandenburg fühlen sich alleingelassen im Kampf gegen den Kleinen Beutenkäfer. Der kann schnell ein ganzes Bienenvolk fressen. Den Imkern geht es aber nicht nur um den Honig.
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Potsdam - Der Kleine Beutenkäfer ist gar nicht so klein – zumindest im Vergleich zur Honigbiene. Er kann fünf bis sechs Millimeter groß werden und fühlt sich in den Bienenbeuten, daher der Name, sehr wohl. Doch der Käfer ist ein Parasit, eine meldepflichtige Tierseuche. Binnen weniger Wochen kann ein Bienenvolk durch Käfer und gefräßige Maden komplett vernichtet werden – eine Katastrophe. Nun könnte der Schädling, der aus Afrika stammt, in Deutschland angekommen sein.
„Ich befürchte, dass er schon da ist“, sagt Reiner Gabriel, Imker aus Blankenfelde und Vorsitzender des Landesverbands Brandenburgischer Imker. Auch Amtstierärzte hätten seine Vermutung bestätigt. In Italien wurde die Existenz des Käfers bereits nachgewiesen. Von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt nach Deutschland. „Wir sind hier vermutlich nur noch nicht darauf geschult, ihn gleich zu entdecken. Er ist sehr lichtscheu, das macht es umso schwerer.“
Minister kommen nicht zum Krisengipfel - Imker stinksauer
Umso wichtiger wäre es, jetzt schnell zu handeln, damit sich der Schädling nicht ungehindert ausbreiten kann. „Wir müssen dazu gemeinsam mit Landesbehörden ein Konzept zur Bekämpfung des Parasiten entwickeln“, sagt Gabriel. Bei der Jahreshauptversammlung des Imkerverbands in Paaren im Glien an diesem Sonntag kommt das Thema nun auf den Tisch. Die Hobby- und Berufsimker haben dazu Vertreter weiterer Brandenburger als auch Berliner Imkerverbände sowie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) eingeladen. Beide Minister haben abgesagt und auch keine Vertreter angekündigt. Und der zuständige Amtstierarzt Hans-Georg Kantak habe auf seine Einladung bisher gar nicht reagiert, sagte Gabriel am Dienstag. „Wir sind stinksauer.“
„Es geht hier längst nicht nur um den Honig“, so Gabriel. Der Käfer könnte ein Problem für das ganze Ökosystem bedeuten. Ohne die Bestäubungsleistung der Bienen gehe der landwirtschaftliche Ertrag radikal zurück – um bis zu 50 Prozent, ein millionenfacher Schaden für die Landwirtschaft. Man könne gegen den Parasiten zwar Insektizide einsetzten. Allerdings wäre dann die komplette Honigernte kontaminiert und verloren. Ein weiteres Problem: Die momentan zur Verfügung stehenden chemischen Mittel bergen das Risiko von Resistenzbildungen und es ist noch ungeklärt, ob es nicht doch Auswirkungen auf die Bienen selbst hat. Der Imkerverband mahnt indes zur Eile. Weil viele deutsche Berufsimker ihre Völker in Italien überwintern lassen, könnten sie auf ihrer Rückkehr den Käfer endgültig einschleppen.
Käfer könnte das Aus für ältere Imker bedeuten
Einzige wirksame Maßnahme sei es, den Befall frühzeitig zu erkennen und das befallene Bienenvolk zu vernichten. Doch die deutsche Seuchenverordnung sieht vor, dass unter Umständen auch die gesamte Ausrüstung vernichtet wird. Brandenburgische Amtstierärzte verlangen das derzeit routinemäßig, obwohl man die Bienenbeuten mit einer gründlichen Behandlung auch sanieren und weiter verwenden könne. „Wir brauchen dazu aber die Zustimmung der Amtstierärzte.“
Andernfalls könnte der Käfer für viele gerade ältere Imker-Kollegen das Aus der Bienenhaltung bedeuten. Denn die Versicherungen übernehmen möglicherweise Kosten für neue Tiere. Für den Verlust der Beuten wird jedoch nur der Zeitwert gezahlt. Wer wie viele Imker in Brandenburg mit jahrzehntealter Ausrüstung, möglicherweise noch aus DDR-Zeiten, arbeitet, geht bei dieser Rechnung leer aus. Und wird sich in fortgeschrittenem Alter keine neue für Hunderte oder gar Tausende Euro leisten können oder wollen. „Der Käfer bedroht also nicht nur die Bienen, sondern die komplette Imkerei“, sagt Gabriel. Er erwarte deshalb zumindest die Aufmerksamkeit des Landwirtschaftsministers.
Zu wenig Bienen im Land
Die Imker brauchen jetzt aber vor allem handfeste Hilfe. Noch ist es in Brandenburg beispielsweise unüblich, Imkern sogenannte Bestäubungsprämien zu zahlen, wenn sie ihre Völker in Obstplantagen oder Felder stellen. Im ganzen Land gibt es derzeit etwa 2400 Imker, immerhin schon deutlich mehr als noch vor Jahren. Doch mit nur 0,9 Bienenvölkern pro Quadratkilometer gibt es dennoch viel zu wenig Bienen im Land. 4,5 Völker wären gut. Imkerverbände wie der in Brandenburg betreiben intensive Nachwuchsarbeit, damit das Gleichgewicht wiederhergestellt wird. Mit Förderprogrammen werden neue Imker unterstützt.
Doch immer wieder bereiten Parasiten wie die Varroamilbe große Probleme. Mindestens ein Drittel der Völker habe den Winter wegen der Milbe nicht überlebt, sagt der brandenburgische Imker-Chef Gabriel. Doch zur Bekämpfung der Varroamilbe gebe es immerhin wirksame Mittel. Auf einen Befall mit dem Kleinen Beutenkäfer sei man in Brandenburg derzeit allerdings völlig ungenügend vorbereitet, mahnt der Verbandsvorsitzende.
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