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Exklusiv: Bahn-Chef äußert sich erstmals: Grube sieht keine Chance für Bahnwerk Eberswalde

Rettung durch Verkauf? Das war die letzte Hoffnung für das Bahnwerk Eberswalde. Doch daraus wird nichts, sagt Bahn-Chef Grube nun den PNN. Das Aus ist wohl besiegelt.

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Eberswalde - Das Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn AG in Eberswalde, einer der größten Industriebetriebe in Nordbrandenburg, soll doch geschlossen werden. Bahnchef Rüdiger Grube hat jetzt erstmals öffentlich bestätigt, dass er keine Möglichkeit für einen Verkauf des Werkes an Investoren sieht, auf den die 360 Beschäftigten und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) für den Erhalt des Traditionsstandortes drängen. „Alle Konzepte, die bisher auf dem Tisch liegen von den Investoren, sind weder konzeptionell noch wirtschaftlich tragfähig. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, erklärte Grube am Donnerstag PNN. „Ich werde mich am 11.Dezember mit den Betriebsräten treffen, dann werden wir auch die Angebote einmal durchgehen, damit sie das auch nachvollziehen können.“

Wird Grube den Beschäftigten die Schlließung erklären

Auf das Treffen am 11.Dezember haben die Beschäftigten nach Angaben des Betriebsrates bislang gehofft. Die Aussagen des Bahnchefs lassen nun allerdings den Schluss zu, dass Grube dort vor allem erklären will, warum das 130 Jahre alte Werk nicht verkauft wird, womit dann alles auf die bereits angekündigte Schließung hinauslaufen würde. Die hatte der Bahnvorstand schon im Oktober 2014 beschlossen und für 2016 verkündet, begründet mit zu geringer Auslastung, dann aber noch einmal auf Eis gelegt. Doch nach Protesten von Belegschaft, Region und Landesregierung hatte sich Grube bereit erklärt, Alternativen wie einen Verkauf zu prüfen. Zwischenzeitlich hatte es ein Krisengespräch zwischen Woidke und Grube in der Staatskanzlei gegeben, bei denen es um eine Rettung ging. Tatsächlich gibt es inzwischen zwei von Brandenburgs Regierung unterstützte Interessenten, mit denen die Bahn seitdem auch verhandelte.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) hatte sogar eine höchstmögliche Förderung in Aussicht gestellt. Er hatte betont, dass die Angebote solide seien. Dass aus dem Verkauf jetzt aber wohl trotzdem nichts wird, wie Grube nun gegenüber den PNN sagte, war schon vor einigen Tagen vorab aus der Deutschen Bahn AG durchgesickert. Offizielle Bestätigungen gab es bislang allerdings nicht. Ein Bahnsprecher hatte hingegen sogar betont, die Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Woidke geht gegen die Schließung auf die Barrikaden

Dennoch geht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) – auch in Indiz für den Ernst der Lage – seit Tagen öffentlich auf die Barrikaden gegen die Bahnpläne. Am Mittwoch waren Woidke und Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) vor der Belegschaft in Eberswalde aufgetreten. Dort hatte Woidke angekündigt, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen die drohende Schließung durch das bundeseigene Unternehmen intervenieren. Am Donnerstag hatte er dazu womöglich Gelegenheit, nämlich am Rande einer Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin bei Merkel im Kanzleramt.

Öffentlich haben Brandenburger Politiker bereits den Verdacht geäußert, dass die Bahn einen Verkauf allein deshalb verweigert, um Konkurrenz zu verhindern: „Wir dürfen nicht zulassen, dass aus Marktbereinigungsgründen Standorte geschlossen werden“, sagte Woidke. „Das Land wird alles in seiner Macht stehende tun, um das Werk zu retten.“ Er fügte hinzu: „Der Industriestandort Eberswalde muss erhalten bleiben.“ Er drohte auch rechtliche Schritte an, falls es doch zur Werkschließung kommt, die die größte der letzten Jahre in Brandenburg wäre. Woidke wies darauf hin, dass es für Eberswalde ein besonders schwerer Schlag wäre, denn seit 1990 habe die Stadt bereits viel Industrie verloren. „Ich denke nur an den Kranbau.“ Das Problem sei, „wenn Industrie erst einmal weg ist, dann ist es fast unmöglich, jedenfalls kurzfristig, neue anzusiedeln.“

Eberswalde musste nach der Wende schon bluten

Der traditionsreiche Metallstandort nordöstlich von Berlin war in der Vergangenheit wirtschaftlich stark zur Ader gelassen worden: Tausende Arbeitsplätze brachen nach der Wende weg. Statt großer Unternehmen wie Kranbau und Rohrleitungsbau – alle führten den Namen der Stadt in der Firmenbezeichnung – siedelten sich kleine Firmen an. Darunter sind Autozulieferer oder Kunststoffverarbeiter. Seit der Wende schrumpfte die Zahl der Einwohner von 52 000 auf etwa 40 000 Einwohner. Und die Hängepartie um das Bahnwerk drückt nach Einschätzung der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg auf die Stimmung in der Wirtschaft. „Die Angst vor Arbeitslosigkeit lähmt die Bahnwerker, aber auch Eberswalde als industrielles Mittelzentrum“, sagte Hauptgeschäftsführer Gundolf Schülke. „Während am Jahresende sonst die gute Geschäftslage das Wirtschaftsleben beflügelt, herrscht in Eberswalde angespanntes Warten.“ Nun gibt es bald Gewissheit, wohl traurige. (mit dpa)

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