PERSONALIE: Henkel: von der Krankheit in die Krise Koppers wird nicht Polizeipräsidentin
Kritik an der Suche nach neuem Berliner Polizeipräsidenten. Margarete Koppers beklagt Misstrauen. Neue Pannen bei Neonazi-Akten
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Berlin - Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) gerät einen Tag nach der Rückkehr von einer mehrwöchigen Krankenpause zunehmend unter Druck. Im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses wurden am Freitag weitere Kommunikationspannen beim Umgang mit der widerrechtlichen Vernichtung von Rechtsextremismus-Akten beim Landesamt für Verfassungsschutz bekannt. Über eine Besprechung mit der Chefin des Landesverfassungsschutzes vor drei Wochen sagte Henkel, er könne sich an den Inhalt nicht mehr genau erinnern.
Kritik gibt es auch am Besetzungsverfahren für das Amt des Polizeipräsidenten. Margarete Koppers, die das Amt seit Juni 2011 kommissarisch leitet, rechnet nicht mehr damit, offiziell ausgewählt zu werden. „Ich bin von der Vorgängerregierung eingestellt worden und ich bin kein Parteimitglied“, sagte Koppers am Freitag auf der Konferenz „DIVERSITY 2012“ des Tagesspiegels und der „Charta der Vielfalt“ in Berlin. „Das Misstrauen mir gegenüber ist deshalb groß.“ Die Innenverwaltung wollte sich dazu nicht äußern. Allgemein wird davon ausgegangen, dass der Leiter der Bundespolizeidirektion Berlin, Klaus Kandt, den Posten erhalten wird. Kandt gilt seit Monaten als Henkels Wunschkandidat.
Zusätzlich in Erklärungsnot geriet Henkels Behörde dadurch, dass am Freitag im Abgeordnetenhaus bekannt wurde, dass die Berliner Sicherheitsbehörden zwei Wochen früher als bislang angenommen von der widerrechtlichen Vernichtung von Rechtsextremismus-Akten beim Landesamt für Verfassungsschutz gewusst hatten, ohne Parlament oder Öffentlichkeit zu informieren. Bislang hieß es, dass die Innenbehörde Mitte Oktober davon erfahren hatte, dass im Juni dieses Jahres 57 Aktenordner mit möglichem Bezug zur Terrorgruppe NSU geschreddert worden waren, anstatt sie wie vorgeschrieben zu archivieren. Nun sagte Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid, dass ihre Behörde bereits am 1. Oktober davon erfahren hatte. Henkel sei aber erst zwei Wochen später informiert worden. Dann verstrichen noch einmal drei Wochen, bevor der Senator den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags und Mitglieder des Abgeordnetenhauses informierte – nach Ansicht der Berliner Opposition viel zu spät. Die Grünen-Innenpolitikerin Clara Herrmann nannte die Vorgänge ungeheuerlich und der Piraten-Politiker Pavel Mayer erklärte: „So etwas Beklopptes kann man sich nicht ausdenken.“
Irritierte Reaktionen provozierte Henkel im Abgeordnetenhaus auch mit seiner Antwort auf die Frage, ob die Verfassungsschutzchefin ihn am 15. Oktober darüber informiert habe, dass es sich bei den Akten um Rechtsextremismus-Unterlagen gehandelt habe: „Das entzieht sich meiner Erinnerung.“ Allerdings beteuerte Henkel am Freitag, erschüttert gewesen zu sein und den Umgang mit derartigen Akten neu regeln zu wollen. Nach personellen Konsequenzen vor allem bezüglich des Referatsleiters gefragt, der die falschen Akten zur Vernichtung freigab, sagte Henkel, er wolle „nicht hastig oder vorschnell ein Urteil fällen“.
Nach Einschätzung von Berliner Koalitionsvertretern wie dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Kleineidam, ist Frank Henkel politisch angeschlagen. Jörn Hasselmann, Sigrid Kneist,
Henrik Mortsiefer, Lars v. Törne
Noch lehnt die Senatsinnenverwaltung jede Stellungnahme ab – aber alles läuft darauf hinaus, dass der Chef der Berliner Bundespolizei, Klaus Kandt, neuer Polizeipräsident wird. Bereits im Januar hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) ihn als Wunschkandidaten genannt. Wegen Bedenken mit der direkten Besetzung schrieb der Senat die seit Ende Mai 2011 unbesetzte Stelle aus, zu den fünf Favoriten gehören Kandt und die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers. Das Ergebnis der Auswahlkommission soll seit Montag auf Henkels Tisch liegen.
Dem Vernehmen nach wurde den Bewerbern mehr oder weniger deutlich gesagt, dass es mit Kandt einen Wunschkandidaten gebe. Koppers, die das Amt kommissarisch leitet, rechnet nicht damit, ausgewählt zu werden. „Ich bin von der Vorgängerregierung eingestellt worden und ich bin kein Parteimitglied“, sagte Koppers am Freitag . „Das Misstrauen mir gegenüber ist deshalb groß.“ Kandt ist CDU-Mitglied. PNN
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