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Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wurde am Samstag bei einer Wahlkreisdelegiertenkonferenz der SPD in Brandenburg/Havel als Direktkandidat für den Wahlkreis 61 nominiert. Für den 52-Jährigen stimmten 63 Delegierte, einer votierte mit Nein.

© Michael Urban/ddp

Von Thorsten Metzner: „In Brandenburg angekommen“

Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und Kanzlerkandidat der SPD, wurde inthronisiert

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Brandenburg – Es ist ein einziger Satz, der alles erklärt. „Ich bin in Brandenburg angekommen“. Als ihn Frank-Walter Steinmeier, Außenminister und Kanzlerkandidat der SPD, im Theater der Havelstadt ausspricht, ganz unbefangen, unter tosendem Beifall, hat er gerade einen kleinen, aber nicht unwichtigen Sieg errungen: Als Menschengewinnler in tiefer märkischer Provinz, mitten in Ostdeutschland, wo schon einmal die Bundestagswahl entschieden wurde. Der 52jährige Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel ist für den Wahlkreis 61, zu dem die Stadt Brandenburg an der Havel, Teile Potsdam-Mittelmarks, Teltow-Flämings und des Havellands gehören, gerade als SPD-Direktkandidat für den Bundestag aufgestellt worden, für den er 2009 erstmals kandidieren wird. Aufgestellt? Inthronisiert mit 63 von 64 Stimmen.

So selbstverständlich, wie es aussieht, ist das gar nicht. Als Steinmeier vor einem Jahr in den Ortsverein Kirchmöser der Stadt Brandenburg wechselte, gab es bei Genossen durchaus Vorbehalte gegen den Prominenten mit Westvita, der sich fortan mit vielen Terminen im Wahlkreis um Bodenhaftung bemühte, mit Erfolg. „Und es ist ja nicht ganz einfach Brandenburger zu werden. Wir sind ja ein schwieriges Völkchen“, sagte Landtagsfraktionschef Günter Baaske. Und auch Kirchmösers Ortsvereinschef Frank Gerstmann („Ich bin der Vorsitzende von Frank-Walter“) schwärmte vom Kandidaten in den höchsten Tönen.

Und Steinmeier? So viel Lob treibe ihm „die Schamesröte ins Gesicht“, sagte er. Und versprach: Er werde sich in Berlin, „so wie es sich gehört, für den Wahlkreis einsetzen“. Es sei ein Landstrich, der auch eine „soziale Modellregion“ werden könne. „Kein Gebiet darf abgehängt werden. Alle Menschen haben Anspruch auf Versorgung mit lebenswichtigen Dingen.“ Es fiel auf, dass der Kandidat, der viele Hände schüttelte, von den Genossen vor Ort mittlerweile fast jeden kennt, keinen übersah. Von Fremdeln bei Steinmeier keine Spur, auch keine andächtige Ehrfurcht auf der anderen Seite. In seiner Bewerbung vor der Kür allerdings hatte dann doch eher der Staatsmann gesprochen, einer der auch in Krisenzeiten Sicherheit ausstrahlt, schon rein körperlich ein Fels, den so schnell nichts aus der Ruhe bringen kann. Einer der weiß, wo es lang geht, zumindest den Eindruck vermittelt. „Wir spielen bei der Bundestagswahl nicht auf Platz, sondern auf Sieg“, rief Steinmeier den Delegierten zu. Die SPD, die „Partei der Millionen, nicht die der Millionäre“ sei wieder im Spiel, die Union werde „nervös“. Und es dürfe mit Blick auf die aktuelle Finanzmarktkrise schon daran erinnert werden, dass die SPD – anders als CDU und FDP – gewarnt habe. Dass Franz Müntefering damals beschimpft wurde, als er von den „Heuschrecken“ sprach. Nötig sei nach dem 500-Milliarden-Rettungspakt für die Banken nun ein „Schutzschirm“ für Jobs in Deutschland. „Das ist Aufgabe der Sozialdemokratie“ Und klar sei, dass es jetzt „keine Sozialkürzungen, keine Steuererhöhungen“ geben könne. Der Außenminister zur Finanzmarktkrise – an dieser nachdenklichen Passage seines Auftrittes wurde es besonders still im Saal. Erst Recht, als Steinmeier den Zusammenbruch des Marktradikalismus auf eine Stufe mit dem Scheitern des realen Sozialismus stellte. Man werde vielleicht erst in zwei Jahrzehnten wissen, dass dies ein ebenso tiefer Einschnitt sei, was jetzt geschehe. „Die Welt wird ein anderes Gesicht bekommen.“ Und dann formulierte der Mann, der Kanzler der Bundesrepublik werden will, einen Anspruch, der kaum höher sein könnte - Vollbeschäftigung in Deutschland. Zitat: „Mein Ziel ist es, dass wir bis 2020 die Arbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen, sondern besiegen.“ Daran wird sich Steinmeier, jetzt Kandidat aus Brandenburg, messen lassen müssen.

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