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Brandenburg: Jetzt hat Wowereit die Wahl

Sozialdemokraten gewinnen in Berlin trotz leichter Verluste Die CDU liegt deutlich vor den Grünen, die Piraten kommen ins Parlament und die FDP fällt raus

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Die rot-rote Koalition, die seit zehn Jahren Berlin regiert, hat nach der Abgeordnetenhauswahl keine Mehrheit mehr. Möglich werden stattdessen neue Regierungsbündnisse: Rot-Grün mit einer knappen Mehrheit von zwei bis drei Parlamentssitzen. Oder Rot-Schwarz mit einem komfortablen Vorsprung vor der künftigen Opposition. Eine Koalition zwischen Christdemokraten und Grünen, die in der Umweltpartei ohnehin auf breite Ablehnung stößt, hat auch rechnerisch keine Mehrheit und kann nicht verhindern, dass der SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit, der seit 2001 im Amt ist, weitere fünf Jahre Berlin regiert.

Der Wahlsieger Wowereit und der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller kündigten am Sonntagabend an, dass die Sozialdemokraten sowohl mit den Grünen als auch mit den Christdemokraten Sondierungsgespräche aufnehmen werden. Der Landesvorstand der SPD wird am Montag entsprechende Beschlüsse fassen. CDU und Grüne können damit rechnen, schon am Dienstag eine Einladung zu erhalten. In den Sondierungen soll ausgelotet werden, mit welcher Partei die Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen aufnehmen.

Nach den jüngsten Hochrechnungen der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF liegt die Berliner SPD deutlich vor den anderen Parteien. Die Sozialdemokraten kommen demnach auf 28,4 Prozent der Stimmen. Die CDU liegt mit 23,2 Prozent auf dem zweiten Platz, mit klarem Abstand vor den Grünen, die auf 17,6 Prozent der Wählerstimmen kommen. Die Linken liegen bei 11,6 Prozent und die Piraten ziehen mit 8,9 Prozent zum ersten Mal in ein deutsches Parlament ein. Die FDP wird mit 1,9 Prozent der Zweitstimmen nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten sein.

Im Vergleich zur Wahl 2006 verzeichnet die SPD Verluste von 2,4 Prozentpunkten. Die Christdemokraten gewinnen 1,9 Punkte hinzu, die Grünen können sich um 4,5 Prozentpunkte verbessern. Die Linke verliert 1,8 und die FDP 5,6 Prozentpunkte und bleibt deutlich unter die Fünfprozentmarke. Die Piraten erzielen aus dem Stand einen großen Wahlerfolg. Insgesamt beteiligten sich 22 Parteien an der Wahl zum Berliner Landesparlament. Darunter auch die rechtsextreme NPD, die im neuen Abgeordnetenhaus nicht vertreten sein wird.

Der CDU-Landeschef Frank Henkel sprach nach der Wahl von einem „erfolgreichen Tag für die CDU“. Das wichtigste Wahlziel, Rot-Rot abzuwählen, sei erreicht. Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast gab zu, dass ihre Partei „nicht alle Ziele erreicht“ habe. Der Kandidat der Linken, Harald Wolf, äußerte sich ebenfalls enttäuscht. Der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer sprach von einer „bitteren Niederlage“. Die Piraten wiederum freuten sich uneingeschränkt über das Wahlergebnis und wollen nun 2013 auch den Bundestag erobern.

Bei herbstlichem Wetter und zeitweise starkem Regen lief die Wahl zum Abgeordnetenhaus und den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen schleppend an. Bis 16 Uhr gaben erst 46 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, teilte die Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach mit. Das waren 1,5 Prozent weniger als bei der Wahl 2006. Schon vor fünf Jahren lag die Beteiligung mit 58 Prozent der Wahlberechtigten sehr niedrig. Steglitz-Zehlendorf verzeichnete mit 53,4 Prozent um 16 Uhr die höchste Wahlbeteiligung, Marzahn-Hellersdorf lag mit 40,4 Prozent an letzter Stelle. Gegen 18 Uhr hieß es, dass die Wahlbeteiligung mit 59,5 Prozent leicht über dem Wert von 2006 (58 Prozent) lag.

Zur Abgeordnetenhauswahl waren 2,47 Millionen Berliner wahlberechtigt. Bei der Wahl zu den Bezirksverordnetenversammlungen lag die Zahl der Wahlberechtigten noch um 184 000 höher, weil die in Berlin lebenden EU-Bürger und auch 16- und 17-Jährige mitwählen durften. Rund 17 Prozent der Wahlberechtigten wählten per Brief, das ist für Berliner Wahlen ein neuer Rekord. Besonders beliebt war die Briefwahl in Steglitz-Zehlendorf, die geringste Resonanz fand die Wahl per Post in Marzahn-Hellersdorf.

Wahlprognosen für die Bezirksverordnetenversammlungen lagen bis Redaktionsschluss nicht vor. Weil dort nur eine Dreiprozenthürde gilt, haben es kleine Parteien leichter, in die politischen Entscheidungsgremien der Bezirke einzuziehen. Das gilt auch für die NPD. Die Wahl in Berlin verlief ruhig. In den 1736 Wahllokalen kam es zu keinen größeren Zwischenfällen.

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