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Brandenburg: Jonny K.: Verdächtige in Griechenland?

Die Polizei ist jetzt häufiger zu sehen am Alexanderplatz in Berlin

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Berlin - Nach der Tötung des 20-jährigen Jonny K. am Alexanderplatz befindet sich der 19-jährige mutmaßliche Haupttäter, Onur U., offenbar weiterhin in der Türkei. Das Rechtshilfeersuchen an die dortigen Behörden zur Auslieferung des Verdächtigen sei dort eingegangen, hieß es in Polizeikreisen. Zwei weitere Verdächtige, Bilal K. (24) und Hüseyin I. (21), halten sich möglicherweise in Griechenland auf. Nach Informationen dieser Zeitung haben sie die griechische Staatsbürgerschaft. Die Staatsanwaltschaft kommentierte dies auf Anfrage nicht.

Wie berichtet war Jonny K. am 14. Oktober vor der Bar „Cancún“ so brutal zusammengeschlagen worden, dass er wenig später an einer Hirnverletzung starb. Nach Befragung von Zeugen und der Auswertung von Handy- und Videobildern gelang es den Ermittlern, sechs Verdächtige zu identifizieren.

Als mutmaßlicher Haupttatverdächtiger gilt der Amateurboxer Onur U. Ein „Bild“-Reporter hatte ihn kurz nach der Tat in der Türkei aufgespürt. Ihm gegenüber kündigte U. an, freiwillig nach Deutschland zurückkehren zu wollen, um sich den Vorwürfen zu stellen. Der 19-Jährige war in den vergangenen Jahren bereits mehrfach wegen Gewaltdelikten und Nötigung zu Jugendstrafen verurteilt worden. Dazu gehörten gemeinnützige Arbeit, Jugendarrest oder ein Anti-Aggressions-Training.

Jonny K. war am 28. Oktober in Westend beigesetzt worden. Mittlerweile gibt es Diskussionen, ob am Tatort in der Nähe des Alexanderplatzes ein Mahnmal für Opfer von Gewalt in der Öffentlichkeit aufgestellt werden soll. Die Polizei hat zudem ihre Präsenz verstärkt – allerdings nur bis 22 Uhr.

Nach der brutalen Tötung des 20-jährigen Jonny K. hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) schnell gehandelt. Nur wenige Tage nach der Tat ließ er sich auf dem Polizeiabschnitt blicken, der für den Alexanderplatz zuständig ist, und beschloss mit den leitenden Beamten, ab sofort die Polizeipräsenz durch eine „mobile Wache“ zu erhöhen.

„Alles Augenwischerei“, findet ein Polizist, der mit seinen Kollegen nun häufiger über den Alexanderplatz gehen muss. „Wir werden eingeteilt, ab nachmittags bis 22 Uhr das Gebiet abzulaufen. Im Grunde geht es nur darum, dass die Passanten sich sicherer fühlen und denken, da wurde was gemacht.“ Die häufigsten Aufgaben seien, den Touristen am Alexanderplatz den Weg zu den Sehenswürdigkeiten zu weisen. „Nach 22 Uhr, wenn in den Kneipen und Bars drum herum etwas los ist, gibt es die verstärkten Streifen nicht, da fehlen die Leute“, sagt er.

Im Präsidium sieht man das anders: Es gibt eine Präsenzstreife, sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Zwei Beamte sind täglich von 14 bis 22 Uhr rund um den Platz unterwegs. Auch eine Einsatzanordnung, „mit verstärkten Kräften“ vorzugehen, sei umgesetzt worden. So seien am Wochenende bis zu 36 Beamte zwischen 18 und 6 Uhr auf dem Alexanderplatz, „um Straftaten zu verhindern und das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken“, sagt er. Allerdings sei richtig, dass dafür keine zusätzlichen Beamten bereitgestellt wurden, sondern die Polizisten, die nun Streife laufen, von anderen Aufgaben abgezogen werden.

„Ein einziger Verschiebebahnhof von Polizeibeamten“, kritisiert der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dieter Großhans. „Die Kollegen werden aus aktuellen Ermittlungsfällen geholt und fehlen deshalb an anderen Brennpunkten.“ Der Polizist, der nun verstärkt Streife läuft, nimmt die neue Anordnung gelassen: „Das geht jetzt einige Monate so, bis der Tod des Jungen wieder in Vergessenheit geraten ist. Dann wird auch die Präsenz am Alexanderplatz weniger.“

Tanja Buntrock und Kerstin Hense

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