Von Thorsten Metzner: Jung-Lehrer für Märkisch-Sibirien gesucht
Bildungsminister Rupprecht hatte endlich mal eine gute Bildungs-Nachricht: Die Zahl der Schulabbrecher sinkt
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Potsdam - Erstmals verlassen im Land Brandenburg wieder weniger Schüler ohne Abschluss nach zehn Jahren die Schule, nachdem die Zahl in den Vorjahren drastisch angestiegen war. Diese „Trendwende“ verkündete Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), regelmäßig wegen schlechter Leistungen märkischer Schüler in der Kritik stand, am Mittwoch in Potsdam.
Die Quote der Schulabbrecher sank danach auf 10,1 Prozent, im Jahr zuvor waren es 11 Prozent, früher sogar 13 Prozent. Allerdings gehört Brandenburg neben Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt weiter zu den deutschen Schlusslichtern, der Bundesdurchschnitt liegt bei etwa 7 Prozent. Und von dem von Bundeskanzler Angela Merkel (CDU) verkündeten, nach Worten Rupprechts „tollkühnen“ Ziel einer Halbierung in Deutschland ist die Mark erst recht weit entfernt.
Allerdings fließen in die Schulabbrecher-Zahlen auch die Kinder ein, die wegen körperlicher und geistiger Behinderungen, aber auch wegen anderer Defizite die Sonder-Förderschulen im Land besuchen. Dort können sie aber automatisch keinen Hauptschulabschluss erlangen, selbst wenn sie das Zeug dazu hätten, sagte Rupprecht. Sein Ziel sei es, die Zahl der Förderschulen zu reduzieren und, wo möglich, Förderschüler in reguläre Schulen zu integrieren.
„Statt dauerhaft auszusondern, muss die Integration verbessert werden“, sagte auch die Grüne-Bildungspolitikerin Marie Luise von Halem. Den Rückgang der Schulabbrecher führte Rupprecht auch auf die Einführung der Oberschulen aus früheren Gesamt- und Realschulen vor fünf Jahren zurück. Nach dem anfänglichen Run auf die Gymnasien aus Misstrauen gegenüber der neuen Schulform, habe diese inzwischen landesweit an Akzeptanz gewonnen – wie das Anwahlverhalten zeige. Kritik an der zu geringen Durchlässigkeit der Oberschulen, gestern wieder geübt vom Koalitionspartner, von Linke-Bildungsexpertin Gerrit Große, wies Rupprecht zurück. Zwar sei nach der 10. Klasse praktisch kein Wechsel aufs Gymnasium möglich: Der sinnvollere Weg für diese Kinder seien aber ohnehin die Oberstufenzentren oder die Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe.
Rupprecht verwies auf die nachgewiesene Leistungskraft der Oberschulen. So sei dort die Zahl der Schüler ohne Abschluss von 3,3 Prozent auf 2,9 Prozent zurückgegangen. Und es gibt richtige „Leuchttürme“ wie die Werner-von–Siemens-Oberschule in Gransee, die Rupprecht hervorhob. Es ist eine von 22 Oberschulen, in der jedes Kind den Zehnte-Klasse-Abschluss schaffte. Bei den Prüfungen waren die Ergebnisse kontinuierlich besser als der Landesschnitt.
Dabei ist das Hinterland durchaus schwierig, erzählte Schulleiter Reinhard Witzlau, mitten in einer strukturschwache Region, jeder dritte Schüler aus Hartz-IV-Haushalten. Trotz des Gymnasiums im Ort und zurückgehender Kinderzahlen in der Region ist die Nachfrage nach Plätzen an der Siemens-Oberschule größer als das Angebot. „Wir mussten wieder Kinder ablehnen.“ Ein Erfolgsgeheimnis liegt im berufs- und praxisorientierten Profil der Schule, die laut Witzlau inzwischen mit 140 Unternehmen der Region kooperiert.
Sorgen plagen Schulleiter Witzlau trotzdem. So sei der Altersdurchschnitt des Lehrer bei 51 Jahren. Bislang seien alle Versuche gescheitert, junge Lehrer an die Schule in Gransee zu locken, obwohl die Anbindung an Berlin gut ist und Brandenburg mit der Verbeamtung lockt. Ein Dilemma, das das Bildungsministerium auch bei der jetzigen Einstellungsoffensive für die berlinfernen Regionen merkt. Rupprecht beschrieb die Sichtweise der Lehramts-Absolventen drastisch: „Alles, was außerhalb des S-Bahn-Ringes liegt, ist für sie Sibirien.“
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