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„Mehr Brandenburg ermöglichen“: Finanzminister verteidigt Kürzungen und Schulden – Opposition attackiert Regierung
Der Doppelhaushalt für Brandenburg kommt mitten in der Wirtschaftskrise. Er soll Einsparungen und neue Kredite bringen.
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„Wir wollen mehr Brandenburg ermöglichen“, sagt Robert Crumbach. Brandenburgs BSW- Finanzminister steht am Rednerpult des Potsdamer Landtags und holt weit aus. „Es geht darum, im Interesse der Brandenburger seriös und verantwortungsvoll zu agieren.“ Die 88 Abgeordneten des Landtags sind am Donnerstag außer der Reihe zu einer Sondersitzung zusammengekommen: Noch vor Ostern wollten sie in erster Lesung über den lang erwarteten Doppelhaushalt der SPD/BSW-Koalition beraten.
„Es ist ein Haushalt, der die Dinge aufnimmt, die im Land von uns erwartet werden und der die großen Herausforderungen des Landes in den Blick nimmt“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Rande der Sondersitzung. Die Opposition attackierte die Regierung.
16,7 Milliarden Euro umfasst der Haushalt im Jahr 2025, 17,4 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Viel Kritik hatte es in den letzten Wochen gegeben – an den Kürzungen bei der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), am fehlenden Aufwuchs bei den Lehrerstellen, an der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus. Und noch unmittelbar vor Beginn der Sitzung standen Vertreter der Umweltverbände vor dem Parlamentsgebäude, um gegen die Kürzung der Verbändeförderung zu protestieren.
„Das Setzen von Prioritäten heißt auch, nicht alle Wünsche zu erfüllen“, sagte Crumbach. „Wir tragen der sehr schwierigen konjunkturellen Lage Rechnung und setzen die entsprechenden Prioritäten.“ Man mache das, was gebraucht werde, und wenn es für die Menschen im Land sinnvoll sei, nehme man auch mehr Geld in die Hand. Unbestritten seien etwa die Schaffung neuer Stellen bei der Polizei, der Erhalt aller Gesundheitsstandorte oder Betriebskostenzuschüsse für die neue Medizin-Universität in der Lausitz in Höhe von 40 Millionen Euro in 2025 und 35 Millionen Euro im kommenden Jahr.
Haushaltsstrukturkommission soll Sparvorschläge machen
„Wer krank ist, darf nicht stundenlang über Land zur nächsten Poliklinik oder ins nächste Krankenhaus reisen“, sagte Crumbach. „Es geht um die Menschen, das ist das, was für mich Brandenburg ganz konkret bedeutet.“ In seiner Rede kündigte Crumbach auch die Gründung einer Haushaltsstrukturkommission an. Sie solle Sparvorschläge für den Haushalt 2027 und 2028 identifizieren.
Die Opposition warf der Landesregierung vor, trotz eines Rekordvolumens beim Haushalt mit dem Geld nicht zurechtzukommen. „Während die Landkreise, Städte und Gemeinden immer höhere Lasten zu tragen haben, streichen sie bei den Zuwendungen für die kommunale Familie“, sagte CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann. „Sie streichen beim Nahverkehr, sie streichen beim Straßenbau, sie streichen bei den Feuerwehren.“ Selbst bei den Tafeln würden Zuschüsse gekürzt. „Der Finanzminister belastet die zukünftigen Generationen und streicht bei den elementaren Investitionen“, sagte Redmann.
AfD droht mit Normenkontrollklage
AfD-Chef Hans-Christoph Berndt warnte dagegen vor einer „sozial-ökologischen Transformation“ und übte massive Kritik an einer Partei, die gar nicht mehr im Brandenburger Landtag vertreten ist: „Die Grünen geben den Takt vor, nach dem die Volksparteien zu tanzen suchen.“ Eine Regierung, die auf Windräder und Wasserstoff baue, werde den wirtschaftlichen Abschwung befördern. Und Berndt warnte: „Sollte die Koalition bei einer Änderung der Schuldenbremse hier im Land neue Kredite aufnehmen, werden wir eine Normenkontrollklage einreichen.“
Insgesamt aber blieb die Debatte im Landtag hinter den Erwartungen zurück. Davon, dass das Haushaltsrecht das Königsrecht des Parlaments darstellt, war im Potsdamer Landtag nicht viel zu spüren. BSW-Fraktionschef Niels Olaf Lüders forderte – wie in eigentlich jeder Landtagsrede seiner Partei – ein Ende der Sanktionen gegen Russland und warnte vor einer Neuverschuldung für Panzer und Raketen. „Dass es nicht gut läuft, spüren wir alle“, sagte Lüders. „Wir müssen Ausgaben und Leistungen hinterfragen: Wo müssen wir uns trennen?“
Rhetorischer Lichtblick war einzig die Rede des SPD-Fraktionschefs Björn Lüttmann, der seit Beginn der Legislaturperiode immer stärker im Landtag auftritt. Er setzte den Haushalt in einen größeren Zusammenhang, nämlich den Erhalt der Demokratie. „Schaffen wir es – auf allen politischen Ebenen – eine neue Sparsamkeit miteinander zu vereinbaren, ohne gegenseitige Vorwürfe und Schaum vor dem Mund?“, so Lüttmann. „Oder zerlegen sich die verantwortungstragenden Parteien in diesen Auseinandersetzungen und stärken damit am Ende nur das politische Extrem in unserem Land?“
Und Lüttmann machte in seiner Rede auch deutlich, wo es in den kommenden Wochen noch Debatten geben wird: So werde man die Bedenken von Landkreistag und Städte- und Gemeindebund zum Familienleistungsausgleich sowie zur geplanten Änderung beim Wohngeld im Rahmen der bevorstehenden Ausschuss-Anhörungen ernsthaft prüfen. In der Bildungspolitik werde man weiter über die geplante zusätzliche Pflichtstunde für die Lehrer diskutieren. Und auch die Kürzungen bei der MHB könnten noch nicht das letzte Wort sein: „Mein Stand ist derzeit, dass wir es prüfen, ob die 1,6 Millionen Euro nötig sind“, sagte Lüttmann. Das Land jedenfalls bekenne sich grundsätzlich zur Hochschule in Neuruppin. (mit dpa)
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