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Brandenburg: Künstliche Linsen und Diagnose-Mixturen

Ministerpräsident Platzeck besuchte Unternehmen der Gesundheitsindustrie – eine Wachstumsbranche

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Hennigsdorf - Es soll eigentlich ein Scherz sein, ein Kompliment. „Irgendwann werden Sie komplette künstliche Augen liefern, oder?“, erkundigt sich Matthias Platzeck. Doch für Christine Kreiner, die Geschäftsführerin und Alleinaktionärin der Acri.Tec AG aus Hennigsdorf ist die Frage völlig nahe liegend. Künstliche Augen? „Ja, wenn wir die Kopplung mit dem Sehnerv hinbekommen. So weit sind wir leider noch nicht.“

Das, was die junge Firma aus Hennigsdorf schon kann, ist für den Regierungschef allerdings beeindruckend genug: In Reinst-Räumen wie in einer Chipfabrik werden auf einer Roboter-Taktstraße künstliche Augenlinsen hergestellt, individuelle Maßanfertigungen in Nanometer-Genauigkeiten, die ins menschliche Auge implantiert werden – und so Krankheiten wie den Grauen Star und den Grünen Star heilen oder auch Allerwelts-Sehschwächen überwinden. „Die Lesebrille wird überflüssig“, so Kreiner. Schließlich werden „die Menschen immer eitler“ Und das inzwischen nicht mehr nur in südlichen Gefilden wie Spanien, Italien oder Südamerika, sondern selbst im „konservativen Deutschland“. Da verzieht Matthias Platzeck beim Blick durch seine Brille keine Miene. Ob sie bleibt? Keine Antwort.

Der Regierungschef ist an diesem Tag auf Sommertour im eigenen Land unterwegs, eine jener Pressefahrten, zu denen er regelmäßig einlädt, um das andere, das „moderne Brandenburg“ zu präsentieren und die Schlagzeilen gescheiterter Großprojekte endgültig vergessen zu machen. Dass die erste Tour nach seinem Rücktritt als SPD-Vorsitzender zu Leuchttürmen der Gesundheitsindustrie führt, ist allerdings Zufall. Es ist eine Wachstumsbranche, in der Biotechnologie sei die Region Berlin Brandenburg neben München bereits führend in Deutschland, sagt Platzeck. „Und Gesundheitsfragen werden ja immer wichtiger“.

Die Stationen sind Firmen, die man im Lande kaum kennt, die außerhalb Brandenburgs aber längst einen Namen haben – wie Acri.Tec, wo man mit Hochdruck daran arbeitet, die gute, alte Brille überflüssig zu machen. 1997 mit fünf Mitarbeitern gestartet, beschäftigt die Firma (Jahresumsatz 13 Millionen Euro) heute bereits 120, Tendenz steigend. Man behauptet sich gegen internationale Konzerne aus den USA, aus Japan, die Milliardenumsätze machen. Bisweilen kann Christine Kreiner sogar exotischen Patienten helfen, ein Nischenmarkt für die, die es sich leisten können. „Wir fertigen auch Linsen für Pferde, Hunde, Katzen.“

Gleich nebenan im Hennigsdorfer Technologiepark bekommt der Ministerpräsident noch so ein Wirtschaftswunder vorgeführt. Die erst 1994 gegründete Brahms AG (Jahresumsatz 55 Millionen Euro, 320 Mitarbeiter) stellt Geräte und spezielle Diagnose-Mixturen her, mit denen Krankheiten wie Blutvergiftungen oder das Down-Syndrom bei Föten schneller erkannt werden können. „Bei der Schilddrüsendiagnostik sind wir Weltmarktführer“, erklärt Vorstandschef Bernd Wegener selbstbewusst. Auch bei Brahms operiert man längst international, liefert in 65 Staaten, hat Töchterfirmen in Frankreich, Österreich und USA gegründet. Man kalkuliert Wachstumsraten, von denen traditionelle Firmen und Branchen wohl nur träumen können. „Bis 2008 wollen wir den Umsatz verdoppeln“, so Wegener.

Ob bei Acri.Tec, bei Brahms oder auch dem Pharmawerk des Altana-Konzerns in Oranienburg, in dem jährlich drei Milliarden Tabletten produziert werden: Überall gilt, was Platzeck mit seiner neuen Förderpolitik für das Land predigt. Christine Kreiner formuliert es so: „Wir leben von Innovation. Sonst kann man sich nicht auf Dauer behaupten.“

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