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BER-Desaster: Landtag will Sonderermittler anhören
Brandenburgs Landesparlament will die Vorwürfe gegen Flughafen-Chef Rainer Schwarz klären, dass der Aufsichtsrat nicht richtig informiert worden ist.
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Schönefeld - Im BER-Fiasko drängt Brandenburgs Landesparlament auf Aufklärung offener Fragen. Nun sollen Sonderermittler des Bundesverkehrsministeriums, die Flughafen-Manager Rainer Schwarz Desinformation des Aufsichtsrates vor der verschobenen Inbetriebnahme des künftigen Großflughafens Schönefeld vorgeworfen hatten, in den Hauptausschuss des Landtages in Potsdam geladen werden. Das hat das Gremium am Mittwoch überraschend auf Antrag der CDU-Opposition beschlossen – mit den Stimmen der rot-roten Vertreter. Zuvor hatte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski unter Verweis auf Sondierungen erklärt, dass der Bund „selbstverständlich bereit dazu sei“, Sonderermittler in Brandenburgs Landtag zu entsenden. Ein Antrag der CDU, auch die Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrates vorzuladen, scheiterte am Veto von Rot-Rot.
Auch der Bundestag befasste sie am Mittwoch mit BER. Dort scheiterte im Verkehrsausschuss der Antrag der Grünen, Flughafenchef Schwarz zu entlassen und die von den Gesellschaftern benannten Aufsichtsräte neu zu wählen. Der Antrag wurde nur von den Linken unterstützt. Die Grünen werfen Schwarz vor, den Aufsichtsrat nicht rechtzeitig über die drohende Verschiebung der für den 3. Juni 2012 vorgesehenen Eröffnung des BER-Flughafens informiert zu haben.
Die letzte Sitzung des Aufsichtsrats vor der Verschiebung wäre nach Angaben von Staatssekretär Rainer Bomba aus dem Verkehrsministerium ansonsten anders verlaufen, berichteten Ausschussmitglieder. Stattdessen hatte das Gremium am 20. April beschlossen, mit zusätzlichem Geld den Eröffnungstermin zu sichern. Weil ein Schreiben der Beratungsgesellschaft McKinsey, in dem es um eine mögliche Gefährdung des Eröffnungstermins ging, auch im Verkehrsausschuss unterschiedlich interpretiert wurde, wollen sich die Abgeordneten diese Unterlagen nun vorlegen lassen.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) verteidigte im Potsdamer Landtag das Festhalten des Aufsichtsrates an Schwarz. Auch vonseiten der Bundesvertreter habe es keine andersgearteten Anträge gegeben, „überhaupt sind die meisten Beschlüsse vor und nach der verschobenen Eröffnung einstimmig gefallen“. Der Unterschied zum entlassenen Technik-Chef Manfred Körtgen bestehe darin, sagte Platzeck, dass „der eine klar für den Bau zuständig war, während Schwarz laut Arbeitsvertrag für das Airline-Geschäft, für den Betrieb der Flughäfen Tegel und Schönefeld“. Und da hätten die Berliner Flughäfen derzeit deutschlandweit die höchsten Wachstumszahlen.
Dennoch bohrt die CDU weiter, wann Brandenburgs Regierung – mit Platzeck, Finanzminister Helmuth Markov und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers im Flughafen-Aufsichtsrat vertreten – über das drohende Fiasko zum BER-Start informiert war. Dombrowski verwies auf einen Widerspruch zwischen Aussagen von Markov gegenüber dem Parlament in Bezug auf Warnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC, die im Auftrag des Finanzministeriums die Milliarden-Bürgschaft der Länder Berlin, Brandenburg und des Bundes für das Projekt überwacht und in einem Schreiben an das Finanzministerium am 6. März 2012 vor der „erheblich gefährdeten Inbetriebnahme“ gewarnt hatte. Im Hauptausschuss des Landtages hatte Markov dazu am 22. August 2012 noch gesagt, dass es keinen einzigen Hinweis an die Regierung gegeben habe, „dass der Betrieb der Inbetriebnahme nicht zu halten ist, also bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir dann darüber informiert worden sind“. Im Landtag, eine Woche später am 29. August in der Fragestunde hatte Markov den Eingang des PWC-Schreibens bestätigt: „Die Hausleitung des MdF, also ich, war über diesen Vorgang informiert“, sagte Markov – und verwies auf die spätere Rücknahme der eigenen Warnung durch die PWC. Dennoch ist für die CDU klar, dass mit Markov mindestens ein Aufsichtsrat Brandenburgs über die aus Sicht der PWC gefährdete Inbetriebnahme bereits Anfang März informiert war. Markov kündigte an, der CDU eine schriftliche Stellungnahme zu seinen Aussagen im Parlament zu schicken.
Auf der Baustelle geht es momentan noch ruhig zu. „Es sind zweihundert bis zweihundertfünfzig Handwerker draußen“, sagte Technik-Chef Horst Amann. Es gebe aber erste Erfolge. So seien „die Kabeltrassen weitgehend bereinigt“. Noch im November sollen die Arbeiten wieder hochgefahren werden, sobald die überarbeiteten Ausführungsplanungen für die Gewerke vorliegen. „Wir sind bei der Fertigung von 16 000 Blatt Plänen“, sagte Amann. Das Projekt bewege sich „insgesamt im Terminplan“, um den Flughafen am 27. Oktober 2013 zu eröffnen. Das von der Bauaufsichtsbehörde vorgegebene finale Datum für die Abnahme des Baus sei der 22. August 2013.
In der Finanzkrise des Airports gibt es aber Entspannung. Laut Platzeck ist die Liquidität des Airportes „über das Jahresende hinaus gesichert“. Und nach den Signalen aus Brüssel könne das laufende Notifizierungsverfahren für die Finanzspritzen über 1,2 Milliarden Euro wahrscheinlich im Dezember abgeschlossen werden.
Am heutigen Donnerstag muss aber zunächst der Haushaltsausschuss des Bundestags den Mehrkosten-Anteil des Bundes von 312 Millionen Euro absegnen. Nach der FDP fordern nun auch die Grünen für eine Freigabe der Mittel die Entmachtung von Geschäftsführer Schwarz und Aufsichtsrat.
Th. Metzner und Ch. Tretbar
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