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Der Zukunft zugewandt. Jetzt heißt es volle Energie, auch für das 2005 eingeweihte Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum (IKMZ) der Brandenburgisch-Technischen Universität (BTU) in Cottbus.

© dapd

Brandenburg: Lausitz erhält Energie-Universität

Die Hochschulen in Cottbus und Senftenberg sollen unter ein Dach schlüpfen. Das Studienangebot wird erneuert und auf die Energiewende ausgerichtet

Cottbus - Im Süden Brandenburgs soll eine Energie-Universität Lausitz gegründet werden. Das hat Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos, für SPD) am Freitag in Cottbus angekündigt. In der Einrichtung sollen die „forschungsorientierten Studiengänge“ der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) und „die praxisnahen Studiengänge“ der bisherigen Hochschule Lausitz unter einem Dach angeboten werden. Die ersten Studenten würden bereits im kommenden Wintersemester 2013/2014 an den beiden Standorten Cottbus und Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) immatrikuliert, die beide bestehen bleiben. Ziel sei eine Spezialisierung der neben der Viadrina in Frankfurt (Oder) und Uni Potsdam dann dritten Universität Brandenburgs auf alle Fragen der Energietechnologie, der Energiewirtschaft, auf energieeffizientes Bauen, sagte Kunst. Sie werde Ansprechpartner zu den wichtigen Fragen der Energiepolitik „wie Netzausbau, Versorgungssicherheit und Preisstabilität sein“. Gleichwohl soll es wie bisher weitere Fakultäten geben, wie Maschinenbau. Außerdem soll eine Fakultät „Gesundheit und Sozialwesen“ errichtet werden.

Derzeit sind an den Hochschulen in Cottbus und Senftenberg, die bereits seit längeren eng kooperieren, 10 000 Studenten eingeschrieben. In den Details bergen die Veränderungen durchaus Brisanz. Denn die Studiengänge beider Einrichtungen, die nicht ins Profil der neuen Uni passen, sollen schrittweise auslaufen. Wer jetzt in der Lausitz studiere, könne selbstverständlich sein Studium zu Ende führen, betonte Kunst. Entlassungen von Hochschulbediensteten werde es ebenfalls nicht geben. Sie seien „Bedienstete des Landes, die in ihren Fachgebieten weiter arbeiten werden.“

Die Ministerin macht damit ernst mit der angekündigten Reform der in den 90er Jahren in Brandenburg komplett neu aus dem Boden gestampften, seitdem aber in dem Strukturen unveränderten Hochschullandschaft. Begonnen wird in der Lausitz. Grundlage sind Empfehlungen einer Experten-Kommission, die der Geowissenschaftler Rolf Emmermann geleitet hat. Sie sind, wie Kunst betonte, mit der parallel arbeitenden Hochschulstrukturkommisson für das gesamte Land abgestimmt. Diese soll nach dem Fahrplan im Mai ihre Empfehlungen für den gesamten Umbau der Hochschullandschaft Brandenburgs abgeben. Kunst hatte betont, dass es „keine Denkverbote“ gibt. In der Debatte war bereits eine Konzentration der Jura-Ausbildung an der Viadrina in Frankfurt, was in Potsdam Unruhe auslöst. Erste Reaktionen waren geteilt, die Jusos kritisierten die Pläne angesichts der Unterfinanzierung der Hochschulen, die Grünen sprachen von einer „Chance für die Lausitz“. Der Untersuchungsbericht der Lausitzkommission bescheinige der Hochschule Lausitz „sehr gute“ Ergebnisse. Es gebe an der Hochschule Lausitz innovative Forschung, die nachhaltig ist für die Region, sagte Kommissionsvorsitzender Emmermann. Bei der BTU Cottbus sei der Eindruck „eher gemischt“. Neben einigen guten bis sehr guten Lehrstühle gebe es auch welche mit „deutlichem Verbesserungsbedarf“.

Der Präsident der Hochschule Lausitz Günter Schulz begrüßte die Fusionspläne: „Das ist exakt der Weg, Dinge, über die wir seit Jahren schon diskutieren und die wir seit Jahren auf den Weg bringen wollen, endlich umzusetzen.“ Sein Kollege Walther Ch. Zimmerli, Präsident der BTU-Cottbus, hält das Modell einer Universitätsneugründung in der Lausitz für eine Chance: „Ein Aufschlag, der weiterführt“. Das Ziel müsse aber sein, Synergiepotentiale zu suchen, ohne dass unsere Stärken auf der Strecke bleibend. Ministerin Kunst hatte der BTU kein gutes Zeugnis ausgestellt. „Trotz teilweise guter bis sehr guter Angebote der BTU Cottbus orientiere sich die technische Universität zu wenig an den Bedarfen der regionalen Wirtschaft“, so die Ministerin. Außerdem gebe es an der BTU Defizite bei der Drittmitteleinwerbung und den Publikationszahlen.

Bei der Opposition riefen die Vorschläge unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Grünen sprachen von einem „wohltuenden Paukenschlag“, mahnten aber eine Schwerpunktsetzung auf erneuerbare Energien an. Die FDP bescheinigte Kunst gar Innovation und Mut. „Es

ist der richtige Ansatz, die Vorteile der beiden Hochschulen zusammenzuführen und sich von dem zu trennen, was sich in über zwei Jahrzehnten nicht in dem gewünschten Maß bewährt hat“, sagte FDP-Wissenschafts-Experte Jens Lipsdorf. Die CDU-Fraktion bemängelte hingegen, die Vorschläge zur Zusammenlegung seien nicht aus dem Kommissionsbericht abgeleitet. „Es könnte leicht der Eindruck entstehen, dass die Hochschullandschaft in der Lausitz einfach zusammen gestrichen wird, wenn eine Hochschuleinrichtung verschwinden soll“, sagte der wissenschaftspolitische Sprecher Michael Schierack. Das Projekt einer Lausitz-Universität könne nur gelingen, wenn die Ministerin ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung stelle.

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