Brandenburg: Linke verlieren Profil in rot-roter Koalition Trotz Affären legt die von Platzeck geführte SPD zu. Erstmals wäre im Land Rot-Grün möglich
Potsdam - Trotz Affären, Rücktritten und Stasi-Schlagzeilen stieg in Brandenburg die von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführte SPD in der Wählergunst auf 35 Prozent. Im jetzt veröffentlichten aktuellen Brandenburg-Politbarometer folgen erst mit Abstand, nämlich mit jeweils 22 Prozent gleichauf Linke und CDU, die mit dem polarisierenden Oppositions-Kurs der Vorsitzenden Saskia Ludwig und Schwenks wie in der Energie- und Flughafenpolitik nur marginal zulegt.
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Potsdam - Trotz Affären, Rücktritten und Stasi-Schlagzeilen stieg in Brandenburg die von Ministerpräsident Matthias Platzeck geführte SPD in der Wählergunst auf 35 Prozent. Im jetzt veröffentlichten aktuellen Brandenburg-Politbarometer folgen erst mit Abstand, nämlich mit jeweils 22 Prozent gleichauf Linke und CDU, die mit dem polarisierenden Oppositions-Kurs der Vorsitzenden Saskia Ludwig und Schwenks wie in der Energie- und Flughafenpolitik nur marginal zulegt. Nach der repräsentativen Infratest-Umfrage im Auftrag von RBB und MAZ, die in den Parteien lebhaft diskutiert wird, wäre in der Geschichte des Landes erstmals ein rot-grünes Bündnis möglich – eine neue mögliche Machtoption nach der nächsten Landtagswahl 2014. Die Grünen liegen stabil bei 11 Prozent, während die FDP mit 3 Prozent derzeit nicht wieder in den Landtag käme.
Nirgendwo in Deutschland, nicht einmal in Berlin dürfte die SPD derzeit so gut abschneiden wie in Brandenburg. Es ist die erste Brandenburg-Umfrage seit einem Jahr, geprägt durch die Vergangenheitsdebatte, so dass selbst in den Parteizentralen über Wirkungen gerätselt worden war. Nun herrscht vor allem bei den Christdemokraten Ernüchterung, die seit Herbst 2010 lediglich einen Prozentpunkt zulegen konnte und intern auf einen Absturz der SPD gesetzt hatte. Offiziell erklärte Generalsekretär Dieter Dombrowski, „Politik hart in der Sache zahlt sich aus“. Außerdem verwies er darauf, dass die Mehrheit der Brandenburger mit der Regierung unzufrieden sei. Das sind 48 Prozent, 47 Prozent sind allerdings zufrieden. Im Gesamtfazit triumphierte SPD-Generalsekretär Klaus Ness: „Einige von der Opposition inszenierte Aufgeregtheiten haben keinerlei Auswirkungen auf die Stimmung im Lande.“
Allerdings ist das Land in der Rückschau gespalten. Für 40 Prozent wurde die SED-Diktatur im SPD-regierten Land zu wenig aufgearbeitet, für 37 Prozent „ausreichend“, für 17 Prozent „übertrieben“. Neue Stasi-Überprüfungen aber lehnen 60 Prozent der Brandenburger ab, das wollen nur 37 Prozent. Die Popularitätsskala führt „Landesvater“ Platzeck (77 Prozent Zustimmung, 99 Prozent Bekanntheit ) wie eh und je mit Traumwerten. Dass aber der neue Innenminister Dietmar Woidke (SPD) mit 35 Prozent und einem Bekanntheitsgrad von 66 Prozent in kurzer Zeit auf Platz Zwei aufstieg, gilt als Überraschung.
Ernüchternd registrierten Linken und CDU wiederum, dass die Umfrage auf tiefere Profilnöte hinweist. Zwar werden die Verluste der Linken von 4 Prozentpunkten seit Herbst 2010 durch den adäquaten Zuwachs bei der SPD aufgehoben, so dass Rot-Rot in Brandenburg – anders als in Berlin – zwei Jahre nach Start trotz Pannen im Regierungsalltag über eine stabile 57-Prozent-Mehrheit verfügt. Doch bei den Kompetenzen, wem man die Lösung von Problemen am meisten zutraut, gibt es dramatische Verschiebungen. Bei „Sozialer Gerechtigkeit“ etwa, dem früheren Kernprofil als Opposition, liegt die regierende Linke mit 20 Prozent abgeschlagen hinter der SPD, die mit 40 Prozent führt. Den Absturz führt Linke-Chef Thomas Nord weitgehend auf das schlechte Erscheinungsbild der Bundespartei zurück, bestreitet aber auch „hausgemachte Gründe“ nicht. So war der Öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS), das zentrale Projekt der Linken, gescheitert.
Die Union wiederum verliert Terrain ausgerechnet bei Innerer Sicherheit, einem Kernthema, in dem man mit Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) stark war: Die SPD zog jetzt mit 28 Prozent an der CDU (27) vorbei. Die Union verlor in einem Jahr zehn Prozentpunkte in dieser Kompetenz, obwohl in der Zeit Innenminister Rainer Speer (SPD) über eine Unterhaltsaffäre gestürzte, Nachfolger Dietmar Woidke (SPD) die Polizeireform mit dem Abbau von 1700 Stellen und der unpopulären Schließung von Wachen durchsetzte. Auch in der Wirtschaftskompetenz verlor die Union, allerdings nur 2 Prozentpunkte, sie liegt bei 29 Prozent, die SPD bei 34 Prozent. Doch fürchten CDU-Vorständler, dass weitere Kompetenz-Verlusten drohen könnten, nicht nur wegen des Anti-Schönefeld-Schwenks: In der Energiepolitik, wo Ludwig die Atomwende von Angela Merkel kritisierte, auf Braunkohle-Kraftwerke setzt und die CDU auf einen mit der „Verspargelung“ der Landschaft begründeten Anti-Windkraft-Kurs einschwor, bevorzugen die Brandenburger mehrheitlich anderes: Bei der Frage, welche Energiequellen nach dem Aus der Atomkraftwerke stärker genutzt werden sollten, liegt die Windkraft (66 Prozent) auf Platz Eins, gefolgt von Sonne (62), Wasser (29) und Biomasse (20). Am unbeliebtesten sind Braunkohle (18) und Erdgas (13).
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