
© dapd
Brandenburg: Minimallösung für Tegel
Der alte Flughafen muss noch länger durchhalten, erhält für die Sanierung aber weniger Geld als gedacht. Für die Flughafengesellschaft wurde zwar kein Chef, aber immerhin ein Chefberater gefunden
Stand:
Schönefeld - Ein Ende der BER-Baustelle ist nicht in Sicht – und das heißt für den Flughafen Tegel, dass dort weiterhin die wesentliche Last des hauptstädtischen Flugbetriebs gestemmt werden muss. Bei der Aufsichtsratssitzung ging es deshalb um Investitionen für den überlasteten Flughafen mit seinem knapp 40 Jahre alten Terminal. Im Gespräch waren Investitionen in Höhe von 30 bis 50 Millionen Euro. Doch die Pläne wurden abgespeckt, das Gremium verständigte sich zunächst nur auf Investitionen von zehn bis 20 Millionen Euro.
„Ich weiß, dass andere Summen unterwegs waren“, sagte Platzeck. „Aber sei's drum, zehn Millionen Euro sind eine Menge Geld.“ Das ist allerdings nur der grobe Rahmen. Der Aufsichtsrat will die Liste noch einmal im Detail darauf abklopfen, was wirklich notwendig ist. So ist etwa die Erweiterung der Parkplätze bereits gestrichen worden. Erst am 8. März wird der Aufsichtsrat abschließend festlegen, was in Tegel getan wird. Für nötig erachtet der Aufsichtsrat aber Investitionen in Kälte- und Wärmeversorgung, die Gebäudeleittechnik, bei den Gepäckbändern und auf den Rollwegen. Zudem sollen weitere Monitore zur Fluggastinformation eingebaut werden, eine Grundreinigung des Flughafenterminals ist vorgesehen, zudem sollen Sanitäranlagen saniert und neue gebaut werden. Schließlich sei Tegel das „Entrée“ der Länder Berlin und Brandenburg, sagte Platzeck. Luxussanierungen werde es aber nicht geben. Auch das Personal wird in Tegel weiter aufgestockt, um bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten flexibler reagieren zu können.
Zudem gibt es den Vorschlag von Technikchef Horst Amann, für weitere 20 Millionen Euro am Terminal C des größten Kunden Air Berlin anzubauen und damit die Passagierabfertigung zu entzerren. Dieser Vorschlag soll jetzt noch einmal geprüft werden, hieß es nach der Aufsichtsratssitzung. Allerdings, so war zu vernehmen, stehen die Chancen dafür nicht gut. Eine vernünftige Lösung sei hier schwierig, weil für Ausschreibung, Planung und Bau viel Zeit vergehe, bis der Anbau nutzbar sei, hieß es.
Gegen umfangreiche Investitionen in Tegel gab es auch Widerstand von Brandenburgs Linken. Daran, so hieß es aus Gesellschafterkreisen, sei eine höhere Investitionssumme aber nicht gescheitert. Vielmehr seien die zuvor geäußerten Zahlen zu hoch gewesen. Man wolle genau hinschauen, welche Instandsetzungsmaßnahmen in Tegel wirklich notwendig und sinnvoll seien. Technikchef Horst Amann widersprach zudem Sicherheitsbedenken: „Tegel ist sicher.“
Bis die Flughafengesellschaft einen neuen Geschäftsführer bekommt, werden wohl noch Monate vergehen. Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD) sagte am Mittwoch, dass erst mal eine Personalrekrutierungsfirma, sogenannte Headhunter, ausgewählt werden sollen. Dieses Vergabeverfahren soll auch bis Ende Februar abgeschlossen sein, so dass es möglicherweise im März erste Kandidaten gebe, wie Platzeck sagte. Doch bis davon dann jemand tatsächlich als neuer BER-Geschäftsführer eingestellt werden kann, wird dauern, da die meisten in bestehenden Verträgen sind, aus denen sie nicht ohne Weiteres heraus könnten.
Immerhin eine Personalentscheidung hat es am Mittwoch gegeben. Wilhelm Bender, früherer Chef des größten deutschen Flughafens in Frankfurt am Main, wird Chefberater des BER. Den Posten des Geschäftsführers hatte der 69-Jährige vor einigen Tagen abgelehnt, aber sich zu einer Beratertätigkeit bereit erklärt. Nun soll er zweimal die Woche auf der BER-Baustelle sein und Technikchef Horst Amann unterstützen – beide kennen sich aus gemeinsamer Zeit in Frankfurt am Main. „Wir wollen seinen Rat“, sagte Platzeck. Entscheidungsgewalt bekomme Bender aber nicht.
Zudem will sich der Aufsichtsrat unter Platzecks Vorsitz selbst durch Unternehmensberater unter die Arme greifen lassen. Auch dazu werden die Leistungen noch ausgeschrieben. Platzeck sprach am Mittwoch allerdings nicht mehr von einem begleitenden Controlling, das direkt dem Aufsichtsrat berichten soll – sondern nur noch von begleitender Beratung, wie es in der Wirtschaft bei in Schwierigkeiten geratenen Projekten üblich sei.
Solange aber die Chefpostenfrage beim BER ungeklärt ist, wird es wohl auch nichts mit einer schnellen Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens. Bevor überhaupt ein neuer Termin genannt werden kann, wollen die BER-Verantwortlichen erstmal eine genaue Bestandsaufnahme vornehmen. Die Mängelliste liegt vor allem in der Obhut von Rainer Bomba. Der Verkehrsstaatssekretär – er ist auch Aufsichtsratsmitglied – hat den Vorsitz im Projektausschuss vor einigen Wochen übernommen und will mit BER-Technikchef Amann eine streng formalisierte und strukturierte Liste anfertigen. „Ziel ist es, einen echten Fortschrittsbericht zu etablieren“, sagte Bomba. Jeder einzelne Mangel werde kategorisiert, die Geschäftsführung müsse Lösungsansätze und personelle Zuständigkeiten nennen.
Amann sagte am Donnerstag, dass die der Bestandsaufnahme der Mängel und der aktuellen Baustände und der Abgleich mit den Bauplänen frühestens im Juni abgeschlossen sei, erst dann können die Pläne erstellt werden, um etwa die Brandschutzanlage fertigzustellen. Auf der Baustelle herrsche aber kein absoluter Stillstand. So würden etwa die Treppenhäuser im Terminal fertiggestellt, auch an Kabelschächten und in Deckenhohlräumen werde weitergearbeitet.
Auch über Arbeiten, die im neuen Flughafen vorgezogen werden könnten, muss noch beraten werden. Einvernehmen herrscht darüber, dass mehr Gepäckbänder und Abfertigungsschalter her müssen, weil sonst am BER Engpässe drohen. Zudem wurde diskutiert, die nördliche Start- und Landebahn schon jetzt zu sanieren statt erst 2017, wie es ursprünglich geplant war. In der Flughafengesellschaft wird aber damit gerechnet, dass eine Entscheidung darüber erst gefällt wird, wenn ein neuer Geschäftsführer gefunden ist.
A. Fröhlich und Ch. Tretbar
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: