Brandenburg: Mühlenfeld räumt auf und rechnet mit „unfassbaren Vorgängen“
Flughafenchef entlässt zwei leitende Mitarbeiter – wegen der Statikprobleme im Terminal und Korruptionsverdacht
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Potsdam - Flughafenchef Karsten Mühlenfeld greift jetzt wegen der anhaltenden Probleme auf der BER-Baustelle auch beim Personal durch. Am Mittwoch hat Mühlenfeld einen verantwortlichen Mitarbeiter auf der Baustelle wegen der Statikprobleme im Terminal „mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden“. Ab sofort ist Frank Röbbelen, seit 2014 bei der Flughafengesellschaft und bislang zuständig für Planung und Vertragsmanagement, als „Modulleiter“ für das Fluggastterminal verantwortlich.
Bereits am Montag hat Mühlenfeld einen Teilprojektleiter gefeuert, der in Korruptionsverdacht geraten ist. Auslöser ist eine Strafanzeige, die der Flughafen und der Konzern Siemens bei der Staatsanwaltschaft Cottbus gestellt haben, nachdem sie Auffälligkeiten bei der Rechnungsprüfung festgestellt hatten. Konkret geht es um einen möglichen Betrug mit überhöhten Abrechnungen von Siemens für die Jahre 2013 und 2014: Insgesamt 1,9 Millionen Euro sollen für nicht erbrachte Leistungen am BER berechnet worden sein.
Mühlenfeld selbst fand am Mittwoch deutliche Worte. Er schloss neue Hiobsbotschaften und Enthüllungen über Affären auf der Baustelle nicht aus. „Ich bin mir sicher, dass wir auch künftig auf Vorgänge aus der Vergangenheit stoßen, die auf den ersten Blick unfassbar erscheinen“, sagte Mühlenfeld. „Wir müssen die Fehler der Vergangenheit ans Tageslicht holen.“ Er sprach von baulichen und planerischen Fehlern sowie von persönlichen Verfehlungen Einzelner.
Brandenburgs Landesregierung war indes um Schadensbegrenzung bemüht: Einen Satz verlas Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in seiner Regierungserklärung lieber erst gar nicht. „Wir werden den Flughafen eröffnen, wenn er fertig ist. Das klingt simpel, ist es aber nicht“, hatte es noch im Redemanuskript geheißen, ohne ein Wort zum Eröffnungstermin. Als Woidke am Mittwoch im Landtag ans Rednerpult trat, um seine zweite Regierungserklärung nach der Landtagswahl zu halten, zur Flüchtlingskrise, zum 25-jährigen Jubiläum des Landes und den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte, äußerte er sich dann aber doch zuversichtlicher. Er setzt weiter darauf, dass der BER – trotz der mit jedem Tag größeren Rückstände nach dem Baustopp und den immer noch unkalkulierbaren Folgen der Imtech-Pleite – bis Ende 2017 ans Netz gehen kann. „Ich gehe weiter fest davon aus, dass der von der Geschäftsführung benannte Termin eingehalten werden kann.“ Aber, vorher war da auch schon ein Satz, der einiges offenlässt, der eine weitere Verschiebung nicht mehr ausschließt: „Es ist falsch, politischen Druck für Eröffnungstermine zu machen.“
Wie berichtet ruhen seit Montag im Terminal alle Arbeiten. Das Bauordnungsamt Dahme-Spreewald hat einen unbefristeten Baustopp verhängt, weil an der Decke hängende Entrauchungsventilatoren schwerer sind als genehmigt. Zwar ist Flughafenchef Karsten Mühlenfeld dem Vernehmen nach optimistisch, kurzfristig, vielleicht schon am morgigen Donnerstag, vom Amt geforderte neue Statiknachweise für zehn kleinere Ventilatoren an der Terminaldecke abgeben zu können, bei denen die Lastüberschreitungen gering sind und offenbar keine Auswirkungen haben: 2000 Kilogramm dürften sie wiegen, jeder ist 2331 Kilogramm schwer. Das war der Grund, weshalb die Bauaufsicht das gesamte Terminal sperren ließ. Wenn ein öffentlich bestellter Statiker für diese kleineren Ventilatoren das OK gibt, könnte die Behörde dem Vernehmen nach das Terminal kurzfristig zumindest in Teilen wieder freigeben.
Bei den mit 4000 Kilogramm dramatisch überladenen, für 2000 Kilogramm zugelassenen drei Technikbühnen am Terminaldach, auf denen fünf größere Entrauchungsventilatoren stehen, wird eine Lösung länger dauern. Wie berichtet prüft die Staatsanwaltschaft Cottbus die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen „Baugefährdung“.
Wie es dazu kommen konnte, wird immer mysteriöser. Die Verantwortung lag beim damaligen Generalplaner, der Planungsgemeinschaft pg bbi, aber auch der Bauleitung der Flughafengesellschaft. Nach PNN-Recherchen soll der Einbau bereits 2008/2009 zwar erfolgt sein. Doch die Abnahme und Freigabe durch einen Prüfingenieur erfolgte erst nach der geplatzten Eröffnung des neuen Flughafens im Frühjahr 2012, „und zwar im Oktober 2012“, bestätigte Landrat Stephan Loge (SPD). Danach habe der Prüfingenieur attestiert, dass die Rohbauarbeiten im Rahmen der Bauüberwachungen stichprobenartig geprüft worden seien, es „in statisch konstruktiver Hinsicht“ aber „keine erkennbaren Beanstandungen“ gegeben habe. Im Mai 2012 hatte der Sachverständige die Freigabe noch abgelehnt, allerdings nicht wegen der Ventilatoren, sondern weil Brandschutzbeschichtungen an der Stahlkonstruktion nicht vorschriftsgemäß erfolgt waren. Baugeschäftsführer war zu dieser Zeit bereits Horst Amann, der vom Flughafen Frankfurt am Main an den BER als Retter geholt wurde. Thorsten Metzner,
Alexander Fröhlich
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