Brandenburg: Neuer Chefaufseher in der Warteschleife
BER-Aufsichtsratssitzung wurde auf Juli verschoben, und damit auch die Wahl des Wowereit-Nachfolgers
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Schönefeld - Mal wieder eine Verschiebung am BER: Diesmal ist es die Bestellung eines neuen Aufsichtsratsvorsitzenden für den unvollendeten Hauptstadt-Airport in Schönefeld, die sich erneut verzögert, nun wohl bis zum Sommer. Nach PNN-Informationen ist die nächste Sitzung des Kontrollgremiums, das eigentlich am 8. Mai tagen sollte, abgeblasen worden. Darüber hat der amtierende Aufsichtsratschef, der brandenburgische Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, jüngst alle Aufsichtsräte informiert. Dabei sollte auf der Sitzung der Berliner Baustaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup vom Regierenden Michael Müller (SPD) schon im Februar vorgeschlagen, zum neuen BER-Chefaufseher bestellt werden.
Noch Anfang März hatte Müller eine „zeitnahe“ Besetzung des Postens angekündigt, der seit dem Rücktritt von Klaus Wowereit im Dezember vakant ist und kommissarisch von Bretschneider als Vize ausgeübt wird. Wenn Lütke Daldrup kommt, will sich Müller im Gegenzug aus dem Gremium zurückziehen, womit er es seinem Brandenburger Kollegen Dietmar Woidke (SPD) gleichtun würde. Der Vorsitzende muss aus der Mitte des Gremiums gewählt werden.
Nach der Terminabsage will der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, die Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört, regulär erst wieder am 3. Juli tagen. Als Begründung für die Verschiebung gab Bretschneider dem Vernehmen nach an, dass dem neuen BER-Chef Karsten Mühlenfeld – seit Mitte März im Dienst – die Möglichkeit für eine gründliche Einarbeitung und für eigene Akzente gegeben werden soll. Mühlenfeld brauche noch etwas Zeit, er sei noch nicht so weit, heißt es. Für eine Tagung am 8. Mai hätten die Unterlagen jetzt verschickt werden müssen. Und Mühlenfeld will offenbar einen anderen Stil als Vorgänger Hartmut Mehdorn pflegen, der die Aufsichtsräte mit Eilvorlagen vergrätzte. Nach PNN-Informationen ist die Absage der Aufsichtsratssitzung mit Berlin abgestimmt.
Es gibt dafür womöglich aber auch einen Grund, der mit Mühlenfeld nichts zu tun hat, sondern mit der Politik. Denn nicht eingearbeitet ist auch Lütke Daldrup, der bislang mit dem BER kaum vertraute designierte Chefaufseher, der als Vertrauter des Regierenden die konflikt- reiche Flughafen-Aufsicht managen soll. Auf ihn hatte sich Müller zwar früh festgelegt. Doch nun nährt die Absage Spekulationen, dass der Regierende die Personalentscheidung womöglich überdenken könnte, an der innerhalb des Aufsichtsrats bereits Zweifel geäußert werden.
Zumindest fällt es nach außen kaum auf, dass der Posten bald ein halbes Jahr nur kommissarisch besetzt sein wird. An der Amtsführung von Bretschneider gab es kaum Kritik. Zwar werden dem 66-Jährigen durchaus eigene Ambitionen nachgesagt. Doch haben sich Müller und Woidke darauf geeinigt, dass Berlin das Vorschlagsrecht für den Posten hat, da Mühlenfeld bereits ein Vorschlag Brandenburgs war.
Unter Bretschneiders Leitung hat das wegen politischer Unwägbarkeiten der Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund oft zerstrittene Gremium einige Pflöcke eingeschlagen: Im Dezember wurde ein neuer Eröffnungstermin für den BER festgelegt, der im zweiten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen soll. Im Februar wurde, unter Turbulenzen und gegen Widerstände des Bundes, Mühlenfeld als Mehdorn-Nachfolger bestellt und auf der März-Sitzung ein weitreichender Beschluss zu den BER-Finanzen gefasst. Nach dem einstimmigen Aufsichtsrat-Votum soll die finanziell angeschlagene und rote Zahlen schreibende Flughafengesellschaft 1,1 Milliarden Euro erhalten, und zwar aus öffentlichen Kassen Berlins, Brandenburgs und des Bundes. Die Kosten für den einst mit 2,5 Milliarden Euro veranschlagten neuen Flughafen verteuern sich damit auf 5,4 Milliarden Euro.
Die Zeit für die neue Finanzspritze wird bereits knapp. Schon die Sanierung der nördlichen Start- und Landebahn in Schönefeld, die Anfang Mai beginnen soll, ist im bisherigen, weitgehend gebundenen 4,3-Milliarden-Etat nicht enthalten. Und selbst diese Milliarde wird nicht lange reichen, sodass bei der EU in Brüssel bereits vorsorglich 2,2 Milliarden Euro Beihilfen zur Genehmigung angemeldet wurden.
Neue Steuergelder für den BER, von verschobenen Eröffnungen, Kostensteigerungen und zuletzt Korruptionsaffären begleitet, sind umstritten. So hatte sich Brandenburgs rot-rote Regierung festgelegt, der Flughafengesellschaft keine weiteren Mittel aus dem Landeshaushalt zu überweisen, die stattdessen neue Finanzierungsquellen erschließen sollte. Regierungsintern war Bretschneider wegen des gegenteiligen Aufsichtsratsbeschlusses deshalb in Kritik geraten.
Doch jetzt lenkt Potsdam ein. Nach PNN-Informationen soll auf Vorschlag von Finanzminister Christian Görke (Linke) dem Flughafen der brandenburgische 400-Millionen-Anteil an der nötigen Kapitalspritze in Form „eines Gesellschafterdarlehens“ überwiesen werden, worüber das Kabinett am Dienstag berät. In Berlin und dem Bund gibt es bislang keine Entscheidungen.
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