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Brandenburg: Niemand spricht von Platzeck
Ministerpräsident Dietmar Woidke setzt beim SPD-Parteitag erstmals eigene Akzente. Auch die Partei verändert sich
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Potsdam - Die Linken erwähnte er erst gar nicht. Dafür griff Dietmar Woidke die CDU direkt an, die die Bundestagswahl im roten Brandenburg gewonnen hatte. So schwor der SPD-Ministerpräsident seine Genossen am Sonnabend auf die Landtagswahl im September 2014 ein. „Wenn wir hart genug arbeiten, können und werden wir gewinnen“, rief er den 119 Delegierten zu, die nach der Rede stehend applaudierten. Erstmals setzte Woidke darin eigene Akzente, wie sich die Partei unter seiner Führung ausrichten soll.
Es war der erste Parteitag nach dem Rücktritt des langjährigen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, der wegen einer Krankheit nicht erschien. Sein Name tauchte, so schnell geht Politik zur Tagesordnung über, in keiner Rede auf. Der Parteitag beschloss einstimmig erste Grundzüge für Woidkes Wahlprogramm, mit dem die SPD für die nächste Legislaturperiode 1000 zusätzliche Kita-Erzieher, 4000 neue Lehrer und 75 Millionen Euro mehr für die unterfinanzierten Hochschulen verspricht. Vorher hatte es eine Debatte um Juso-Anträge gegeben, den Hochschulanteil noch zu erhöhen. Woidke griff ein, warnte vor unrealistischen Formulierungen. Die SPD habe immer gehalten, was sie versprochen habe. „Es geht um unsere Glaubwürdikeit.“
Er bekräftigte den traditionellen Führungsanspruch der seit 1990 ununterbrochen regierenden SPD, das Selbstverständnis als „Brandenburg-Partei“, die das Vertrauen der „breiten Mitte der Bevölkerung“ rechtfertigen müsse. Die Leute erwarteten konkrete Lösungen, wie sich ihr Leben verbessere, „keine verquasten Ideologien“.
Es waren durchaus andere Töne als in der Platzeck-Ära, auch zum Thema innere Sicherheit. Dass die SPD für soziale Sicherheit stehe, sei klar. „Mir geht es um Sicherheit in einem umfassenderen Sinn, als wir sie diskutieren“, sagte Woidke, der frühere Innenminister. „Es gibt auch den Anspruch auf sichere Straßen und Plätze. Das Recht auf Sicherheit ist ein zutiefst sozialdemokratisches Thema.“
Im Gegensatz zu Platzeck kritisierte Woidke auch offen die Bundes-SPD, die etwa vor der Bundestagswahl eine eigene Kampagne für den Osten versäumt habe. „Das war ein klarer Fehler.“ Er werde „messerscharf“ brandenburgische Interessen vertreten.
Der CDU warf Woidke vor, überlebte Ideologiedebatten zu führen wie das überholte Motto „Privat vor Staat“, was auf private Krankenhäuser, Stadtwerke und Wasserwerke hinauslaufe. Und die neue SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz, gewählt mit beachtlichen 84 Prozent der Stimmen, sagte: „Die Union ist unser Hauptgegner.“ Geywitz attackierte den CDU-Parteichef und -Spitzenkandidaten Michael Schierack, der nicht aus der Deckung komme. „Wir werden den großen Schweiger aus der Lausitz stellen.“
Der Parteitag zeigte aber auch, dass in der SPD – in der früher Platzeck und sein Umfeld die Linie vorgaben, sich viele auch ausruhten – vieles aufbricht, die Debatten offener werden, was Geywitz ausdrücklich propagierte. „Auseinandersetzungen sind eine Schule der Demokratie. Sie zeigen, dass wir eine lebendige Partei sind.“ Als Beispiel nannte Geywitz SPD-Mitglieder in Bürgerinitiativen gegen BER-Fluglärm. „Ich habe mir vorgenommen, offen für Diskussionen zu sein, wir müssen zuhören können.“ Erstmals seit Jahren gab es bei der Wahl der engeren Parteispitze eine Gegenkandidatur: Den vakant gewordenen Posten von Geywitz als Vize-Vorsitzende übernimmt die Meyenburger Amtsdirektorin Katrin Lange aus der Prignitz, Juso-Landeschef Erik Stohn unterlag deutlich, wurde aber dann zusammen mit Frank Bretsch (Uckermark) als Beisitzer gewählt.
Die Reaktion des „Hauptgegners“ folgte prompt. Denn CDU-Generalsekretärin Anja Heinrich konterte umgehend: Brandenburgs SPD habe „einen Ankündigungsparteitag mit viel heißer Luft“ veranstaltet.
nbsp;Thorsten Metzner
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