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Brandenburg: Nix wie weg
Berlins Regierender Michael Müller (SPD) löst nach seinem Rückzug aus dem Aufsichtsrat den BER-Stab im Roten Rathaus auf
- Thorsten Metzner
- Sabine Beikler
- Ulrich Zawatka-Gerlach
Stand:
Berlin/Potsdam - Vor einer Woche hat Berlins Regierender Bürgermeister den Flughafen-Aufsichtsrat verlassen: Jetzt verbannt Michael Müller (SPD) den BER vollständig aus seiner direkten Zuständigkeit im Roten Rathaus. Die Abteilung Flughafenkoordination in der Senatskanzlei wurde überraschend aufgelöst, nachdem der bisherige Flufghafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup neuer Flughafenchef wurde. Die acht Mitarbeiter des Referats werden in die Verwaltung des Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) umgesetzt.
Müllers Umgang mit dem Milliardenprojekt stößt vor der Sitzung des Aufsichtsrates am Freitag auf Unverständnis und Kritik. „Es ist verheerend, dass das unliebsame Chaos-Sorgenkind BER plötzlich in die Finanzverwaltung abgeschoben wird“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja dieser Zeitung. „Selbst wenn Müller nicht mehr Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, muss er den BER als Regierender Bürgermeister weiterhin als Chef-Angelegenheit behandeln.“ Czaja hielt Müller eine „unvergleichbare Gleichgültigkeit“ vor.
Bislang hatte Müller stets die „politische Verantwortung“ für den BER betont. Doch während er noch zu Besuch in Moskau weilte, teilte Senatskanzleichef Björn Böhning am Dienstag den Betroffenen und dem Senat mit, dass der BER-Stab in die Finanzbehörde wechseln werde. Finanzsenator Kollatz-Ahnen sei darüber nicht glücklich, hieß es. Der Kultursenator Klaus Lederer (Linke) äußerte deutliche Kritik. Die Flughafenkoordination in Berlin war 2015 nach dem Vorbild Brandenburgs organisiert worden.
Deren Aufgabe, so eine Auskunft des Senats vom Februar 2016, sei umfassend, nämlich die „Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters“ bei der „Koordinierung der Flughafenpolitik einschließlich Planung, Bau und Betrieb des Flughafens BER und dessen verkehrliche Anbindung sowie Angelegenheiten der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH“. In Brandenburg, wo die BER-Koordinierung seit 2013 in der Staatskanzlei sitzt, reagierte man mit Unverständnis. Verantwortliche wollten die Entscheidung aber nicht öffentlich kommentieren. Die Bedeutung des Airports für die Hauptstadtregion, so war zu hören, „ist doch nicht geringer geworden, nur weil Herr Müller nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender ist“.
Mit Spannung wurde am Donnerstag darauf gewartet, wer Berlin künftig im Aufsichtsrat vertritt. Seit zehn Tagen ist klar, dass Berlin seine vier Mandate komplett neu besetzen muss. Gesucht wird Ersatz für Müller und Lütke Daldrup, außerdem für die Senatoren Dirk Behrendt (Grüne) und Klaus Lederer (Linke). Dem Vernehmen nach wollen die Linken den Europa-Staatssekretär Gerry Woop vorschlagen. Die Grünen werden einen Baufachmann vorschlagen, der nicht aus Berlin kommt. Für die SPD ist Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhoff im Gespräch. Die Koalition wollte sich bis zum Abend auf ein Personaltableau einigen.
Wenn sich der Aufsichtsrat am Freitag ab 11 Uhr in Tegel trifft, vorher tagen Präsidialausschuss und Gesellschafterversammlung, wird es die erste reguläre Sitzung in diesem Jahr sein. Getagt hat man in den letzten Wochen allerdings schon drei Mal: zuerst wegen der Absage des BER-Starts 2017, dann wegen der schweren Führungskrise, die mit der Ablösung von Flughafenchef Karsten Mühlenfeld endete. Die wichtigste Entscheidung des Kontrollgremiums wird wohl die Wahl von Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider zum neuen Aufsichtsratschef sein.
Kritisiert wird dies von der Vereinigung der Aufsichtsräte Deutschlands (VARD), die eine grundlegende BER-Strukturreform anmahnt. „Es wäre eine herbe Enttäuschung, wenn der neue Aufsichtsratschef erneut aus der Politik kommen würde“, sagte VARD-Vorstandsvorsitzender Peter Dehnen. Außerdem wird der Aufsichtsrat den Anwalt Manfred Bobke- von Camen zum neuen Arbeitsdirektor der Flughafengesellschaft ernennen.
Noch Anfang Februar hatten Müller und Lütke Daldrup gedrängt, dass auf der März-Sitzung ein neuer Eröffnungstermin genannt wird. Davon redet niemand mehr. Lütke Daldrup will nun bis zum Sommer einen Fahrplan für die weiteren Bauarbeiten erstellen. Beraten wird auch über das Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger, demzufolge BER ohne Gegenmaßnahmen nicht vor 2019 ans Netz gehen kann. T. Metzner , S. Beikler,
U. Zawatka-Gerlach
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