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Brandenburg: Politisches Asyl für Teuteberg

CDU, Grüne und SPD bieten FDP-Politikerin neue Heimat an / Bundespartei sorgt sich um brandenburgische Liberale

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Potsdam – In der eigenen Fraktion hat sie derzeit einen schweren Stand – die anderen machen ihr Angebote: Die Potsdamer FDP-Landtagsabgeordnete Linda Teuteberg wird von anderen Fraktionen umworben. Nachdem bekannt wurde, dass sie in den eigenen Reihen vor allem von Fraktionschef Hans-Peter Goetz systematisch ausgegrenzt wird, haben ihr sowohl Abgeordnete der CDU, der Grünen aber auch der SPD-Regierungsfraktion Angebote für den Fall gemacht, dass sie über einen Aus- bzw. Übertritt nachdenke. Das bestätigten am Mittwoch diverse Abgeordnete am Rande der Landtagssitzung. Teuteberg selbst wollte sich auch gestern nicht zu den Vorgängen innerhalb der Fraktion und dem Wirbel um das offensichtliche gestörte Verhältnis ihres Fraktionschefs zu ihr äußern.

Demonstrativ hatten sich gestern auch CDU-Fraktionschefin Johanna Wanka und auch der Ex-Verkehrsminister und SPD-Landtagsabgeordnete Reinhold Dellmann während der Landtagssitzung in die letzte Reihe der FDP-Fraktionsbänke zu Teuteberg gesetzt. Bei den Grünen herrschte die Sorge, das „Teuteberg den Fehler machen könnte, zur CDU zu wechseln – wenn schon, dann doch zu uns“.

Wie berichtet hatte die Fraktionsspitze um Goetz die 28-jährige Teuteberg bei der Besetzung des Stellvertreterpostens in der Enquete-Kommission zur Nachwendegeschichte gleich zweimal gezielt übergangen. Zudem wurde aus der Fraktionsspitze gezielt gestreut, Teuteberg, die sich seit Jahren ehrenamtlich für DDR-Geschichtsaufarbeitung engagiert, habe wegen ihres Rechtsreferendariats gar nicht genügend Zeit für die Enquete-Kommission.

In der Bundespartei wird die Entwicklung der letzten Tage in Brandenburg mit Argwohn beobachtet, zumal Teuteberg perspektivisch als junges, weibliches Gesicht der FDP in der Bundespolitik aufgebaut werden soll. Zwar verweist die Parteizentrale offiziell darauf, dass sowohl die Personalie Teuteberg als auch der Streit um den Umgang mit Ex-Schatzmeister Rainer Siebert, dem von Landeschef Heinz Lanfermann aufgrund lange bekannter Stasi-Verstrickungen ohne Rücksprache von einem Tag auf den anderen das Vertrauen entzogen worden war, Angelegenheiten des Landesverbandes und der Fraktion seien. Doch tatsächlich wird im Vorfeld des mit erwarteten Landesparteitages am Sonnabend in Potsdam massiver Druck auf die Landespartei ausgeübt – auch, weil man in Berlin mehr als unglücklich mit dem Bild ist, dass die Fraktion der Freien Demokraten personell in der Enquete-Kommission abgeben wird: „Kurz gesagt, ziehen wir da mit zwei ehemaligen SED-Mitgliedern ein, die auch noch beide als Grenzsoldaten gedient haben“, sagte ein ranghohes Parteimitglied den PNN. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns in Brandenburg nicht noch weiter den Schneid von den Grünen und der CDU abkaufen lassen.“ Denn sowohl Goetz, der für die FDP in die Kommission zieht, als auch sein Enquete-Stellvertreter Raimund Tomczak waren einst SED-Mitglieder und „Grenzer“. Tomczak trat allerdings früh aus der SED aus und dann in die Nationaldemokratische Partei der DDR ein. Goetz, Absolvent der DDR-Hochschule für Staat und Recht in Potsdam, war bis zur Wende in der SED.

Selbst bei der Linken wird die FDP-Entscheidung gegen die junge Teuteberg mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Ein Minister mit DDR-Erfahrung sagte: „Die soll die alten Männer mal machen lassen in Sachen DDR und sich auf als Liberale Bürgerrechtsexpertin konzentrieren – ihre Zeit kommt.“ A. Fröhlich/P. Tiede

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