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Von Alexander Fröhlich und Thorsten Metzner: Polizei schließt in Frankfurt nachts ihre Türen

Streit um Reform der Sicherheitsbehörden, Innenausschuss nimmt Volksinitiative an

Stand:

Potsdam - In Brandenburg wird der Ruf nach Korrekturen bei der Polizeireform lauter. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), aber auch die Oppositionsparteien CDU und FDP übten am Donnerstag scharfe Kritik an den von den PNN veröffentlichten Vorschlägen des Aufbaustabes für die „Polizei 2020“ in Brandenburg, die dann mit 7000 – statt 8900 – Stellen auskommen muss. So forderte GdP-Landeschef Andreas Schuster die Erhaltung aller 50 Wachenstandorte, für den eine Volksinitiative 97 000 Unterschriften gesammelt hatte. „Was jetzt der Aufbaustab vorschlägt, ist kontraproduktiv und wird von uns strikt abgelehnt“, sagte Schuster. Wer das übernehme, „negiert den Willen“ von 97 0000 Brandenburgern. Innenminister Dietmar Woidke (SPD) „muss die Notbremse ziehen“. Wer sagt, dass „mit 21 Prozent weniger Personal Präsenz in der Fläche, Interventionszeiten und Bürgernähe nicht leiden“, sei „fern jeglicher Realität“.

Wie berichtet, soll es nach dem Abschlussbericht für Woidke, der auf dieser Grundlage bis Mai sein Vorgehen festlegen will, künftig 16 statt bisher 50 Vollzeitwachen geben. Von den verbleibenden 34 Standorten sollen fünf, nämlich Wittenberge, Rheinsberg, Angermünde, Potsdam-Babelsberg und Zossen geschlossen und zu Posten für Revierpolizisten umgewandelt werden. Aus den anderen 29 Wachen werden Tages-Reviere, die „zwischen 8 und 20 Uhr“ flexibel geöffnet sein sollen. Die GdP sieht zwei weitere Reviere in Gefahr: Rathenow und Bad Freienwalde. Besonders umstritten ist der Vorschlag für Frankfurt/Oder, das besonders von Grenzkriminalität – also Autoklau und Einbrüche – betroffen ist und für den Verlust des Polizeipräsidiums den Direktionssitz mit reinem Führungsapparat erhält. In der Stadt selbst soll es aber nur noch ein Tages-Revier geben. Gefangenen müssten dann nachts zur Inspektion nach Fürstenwalde gebracht werden.

Der CDU-Innenpolitiker Sven Petke warf Woidke, der die Erhaltung aller Standorte zugesagt habe, „leere Versprechen“ vor: „Es ist Eins zu Eins die Reform seines Vorgängers Rainer Speer.“ Es könne nicht sein, dass es an der Grenze zu Polen - trotz der explodierten Kriminalität bei einigen Delikten - künftig keine 24-Stunden–Wache geben soll. Der FDP-Innenpolitiker Hans-Peter Goetz prophezeite, „die Polizei wird später eintreffen“, wenn das alles umgesetzt werde. Unterschätzt würden auch die negativen Auswirkungen der Einsparungen bei der Kriminalpolizei.

Hingegen warnte die Landesverkehrswacht Brandenburgs insbesondere vor den geplanten massiven Einschnitten bei der Präventionsarbeit der Polizei, die nach dem Bericht flächendeckend „nicht mehr möglich“ sein wird. „Das ist ein verheerendes Signal“, sagte Präsident Jürgen Maresch, selbst Polizist und Linke-Landtagsabgeordneter. Er kritisierte, dass das Polizeiorchester bleiben, die bewährten Puppenbühnen aber abgeschafft werden sollen. Dabei seien diese, ja der gesamte Bereich der Prävention, für eine bürgernahe Polizei wichtiger „als ein Orchester, das schlicht nur aus Imagegründen erhalten werden soll.“ Kitas und Schulen könnten die bisherige Prävention durch die Polizei nicht ersetzen. Kardinalsfehler sei aber die vorgegebene Kürzung von 1900 Stellen, so Maresch.

Allerdings geht der Erhalt des Polizeiorchesters auf eine Absprache mit Berlin zurück. Die Musiker sollen auch in Berlin spielen, dafür streicht Brandenburg seine selten genutzte Krad- und Eskorte-Staffel und wird sich bei Bedarf Berliner Beamte holen. Zuletzt war die märkische Staffel beim Besuch der britischen Königin Elisabeth II. 2004 in Potsdam im Einsatz.

Woidke will die brisanten Details des Berichts heute vorstellen. Für die nächsten Wochen sind Gespräche mit Landräten und Bürgermeistern geplant. Intern wird damit gerechnet, dass Woidke bis zu seiner abschließenden Entscheidung in einzelnen Punkten von dem Papier der Aufbaustäbe abrückt – und 24-Stunden-Reviere an der Grenze zu Polen anordnet. Allerdings war selbst Woidke von einzelnen radikalen Vorschlägen überrascht. Bevor Wachen und Reviere verkleinert werden, soll 2015 die Statistiken zu Straftaten und Einsatzzahlen überprüft werden, die Pläne bei Bedarf nachgebessert werden.

Derweil hat der Innenausschuss die Volksinitiative gegen die Polizeireform – ohne Kenntnis der Details – angenommen. Auf Druck der Opposition wird sich der Landtag deshalb noch vor der Sommerpause und nicht erst in einem Jahr erneut mit Reform und Volksinitiative befassen. „Wir werden die engen Spielräume nutzen, das liegt in unserer Verantwortung“, sagte Linke-Innenexperte Hans- Jürgen Scharfenberg. Die Vorgaben aber sind eng. Das Personal schrumpft drastisch, in der Inspektion Potsdam von 489 auf 323 Stellen im Jahr 2020, im Revier Werder von heute 65 auf 18, in Beelitz von 64 auf 27. In Teltow bleibt der Personalbestand erhalten, die Autobahnwache Michendorf wird aufgestockt.

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