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Übergewichtiges Kind.

© dpa/Markus Scholz

Psychisch belastet und übergewichtig: So geht es den Kindern und Jugendlichen in Brandenburg

Der Kinder- und Jugendgesundheitsbericht Brandenburg zeigt: Immer mehr junge Menschen sind übergewichtig, treiben wenig Sport und sind psychisch belastet.

Stand:

Brandenburgs Gesundheitsministerin Britta Müller (BSW) nennt den Anstieg übergewichtiger Kinder und Jugendlicher in Brandenburg „besonders erschreckend“.

„Wenn ein Drittel der Kinder Übergewicht aufweist, ist das ein alarmierendes Signal“, sagte sie im Gesundheitsministerium am Montag. Bei einer Fachtagung wurde nach sieben Jahren der Kinder- und Jugendgesundheitsbericht des Landes vorgestellt, in dem Daten des öffentlichen Gesundheitsdiensts sowie aus Studien bis einschließlich 2023 untersucht wurden.

Übergewicht, Ernährung und Bewegung

Waren unter den Einschulkindern 2023 zehn Prozent übergewichtig oder adipös, waren es bei der Schulabgangsuntersuchung in der zehnten Klasse 2023 dreimal so viele: Bei 29 Prozent der weiblichen und 31 Prozent der männlichen Jugendlichen wurde Übergewicht oder Adipositas festgestellt. Bei beiden Gruppen stieg der Anteil während Corona – bei den Kindern sank er allerdings wieder auf Vorpandemieniveau, bei den Jugendlichen steigt er weiter.

Der Landesbericht vermutet einen Zusammenhang zwischen Übergewicht, ungesunder Ernährung, bewegungsarmem Lebensstil und erhöhtem Medienkonsum. Bei der Schulabgangsuntersuchung gaben lediglich 43 Prozent der Jugendlichen an, außerschulisch regelmäßig Sport zu treiben. Jeder sechste 11- bis 15-Jährige in Brandenburg bewegte sich täglich mindestens 60 Minuten, also entsprechend der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. So die „Health Behaviour in School-aged Children“-Studie 2022, kurz HBSC.

Für viele Kinder gehören Süßigkeiten und Softdrinks zum Alltag.

© Thilo Rückeis TSP

Dieselbe Studie zeigt, dass 30 Prozent der Jugendlichen täglich Süßigkeiten isst und 18 Prozent täglich Softdrinks trinkt. Weniger als die Hälfte isst täglich Obst (44 Prozent) oder Gemüse (30 Prozent). Mehr als die Hälfte frühstückt nicht an allen Wochentagen. Essgewohnheiten und -auswahl haben sich seit der HBSC-Studie 2018 verschlechtert.

Unter den Vorschulkindern konsumierte 2023 ein Drittel mehr als eine Stunde täglich Medien, am Wochenende sogar zwei Drittel. Empfohlen werden maximal 30 Minuten für Vier- und Fünfjährige und maximal 45 Minuten für Sechs- bis Achtjährige. Besonders hoch ist der Medienkonsum bei Kindern mit geringerem sozioökonomischen Status sowie mit Migrationshintergrund beider Eltern.

Psychische Gesundheit

Auch die psychische Belastung nimmt zu. 8,1 Prozent der stationär aufgenommenen Kinder und Jugendlichen wurden 2023 aufgrund einer psychischen oder einer Verhaltensstörung behandelt – ein Plus von 1,6 Prozentpunkten zu 2013. Besonders betroffen sind die 15- bis 17-Jährigen.

Die HBSC-Studie 2022 verdeutlicht, dass jedes zweite Mädchen und jeder dritte Junge zwischen 11 und 15 Jahren mehrmals wöchentlich unter psychosomatischen Beschwerden wie Gereiztheit und Einschlafproblemen litt. 2018 waren mit 29 Prozent deutlich weniger betroffen. Laut der „Corona und Psyche“-Studie im Winter 2021/2022 hatte jeder fünfte 11- bis 17-Jährige in Brandenburg eine depressive Symptomatik. Von Anzeichen einer Angststörung berichteten 37 Prozent und damit deutlich mehr als im Bundesschnitt. Von Einsamkeit waren vor allem Mädchen und migrantische Kinder betroffen.

Die Coronazeit hat viele Kinder und Jugendliche belastet.

© picture alliance / Andreas Poertner

Der Landesbericht widmet der Pandemie ein eigenes Kapitel und betrachtet Daten bis einschließlich 2023. Nicht berücksichtigt sind etwa Zahlen zum Cannabiskonsum seit der Legalisierung 2024. Aktuellere Daten würden auf der Gesundheitsplattform „GBE im Fokus“ sowie im Newsletter der Gesundheitsberichterstattung geteilt, sagte Elisa Hoffmann vom Landesgesundheitsamt.

Was wir aktuell sehen, kann noch nicht in dem Bericht wiedergegeben werden.

Maxi Pöhl, Schulgesundheitsfachkraft am OSZ Barnim

„Was wir aktuell sehen, kann noch nicht in dem Bericht wiedergegeben werden“, sagte Maxi Pöhl, Schulgesundheitsfachkraft am OSZ Barnim, am Rande der Tagung. Sie berichtet von einem zunehmenden Medien- und Substanzkonsum unter Jugendlichen. Ihre Kollegin Daniela Scherer, Schulgesundheitsfachkraft an zwei Grundschulen in Beelitz, erlebt eine deutliche Zunahme psychisch-sozialer Auffälligkeiten seit der Pandemie.

Ministerin wirbt für mehr Prävention

In der anschließenden Podiumsdiskussion warb Ministerin Müller für ein Unterrichtsfach Gesundheitsförderung sowie ausreichende Bewegungsräume in Schule, Kita und Freizeit. Körperliche Aktivität stärke die psychische Resilienz und sei eine Alternative zum Medienkonsum. Sie wolle weiter die Zusammenarbeit mit dem Bildungs- und Sportministerium forcieren. Der Sparkurs im Bildungsbereich betrifft etwa durch wegfallende AGs die Kinder- und Jugendgesundheit. Aufgrund von Personalengpässen in Kitas werden in immer weniger Einrichtungen gemeinschaftlich Zähne geputzt.

Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, ergänzte, es brauche niedrigschwelligen Zugang für Kinder mit niedrigem Sozialstatus oder Migrationshintergrund. Gerade sie sind häufiger körperlich und psychisch belastet. Laut Müller erarbeitet das Landesgesundheitsamt derzeit an der interaktiven Karte Präventionsnetz Brandenburg, wo niedrigschwellige Angebote gelistet sein sollen.

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