Regierungssprecher in Erklärungsnot: RBB-Redakteure rüffeln Chef und Platzecks Sprecher
Verdacht der Einflussnahme: Redakteure bestätigen „tatsächliche Änderung eines Fernsehbeitrages“
- Matthias Matern
- Markus Ehrenberg
Stand:
Potsdam/Berlin - Eine Stellungnahme des Redakteursausschusses des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) bringt RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein und Brandenburgs Regierungssprecher Thomas Braune in weitere Verlegenheit. In der am Dienstag verfassten Erklärung zu Berichten über angebliche politische Einflussnahme auf die ARD-Anstalt durch die Landesregierung Brandenburg distanzieren sich die Redakteure deutlich von ihrem Chefredakteur und weisen Darstellungen des Sprechers von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) zurück.
Vor gut einem Jahr hatte ein Anruf des brandenburgischen Regierungssprechers Braune in der Chefredaktion des RBB zur Änderung eines Fernsehbeitrages über den Skandal um den Flughafen BER geführt. Eine sichtlich genervte Antwort des Ministerpräsidenten Platzeck auf die Frage eines RBB-Reporters bei einem Termin wurde umgeschnitten. Am Montag hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ darüber berichtet. Nach PNN-Informationen hatte Regierungssprecher Braune, einst selbst landespolitischer Redakteur beim RBB-Fernsehen, zunächst selbst den Redakteur angerufen. Seinem ehemaligen Kollegen hatte Braune nach Darstellung aus der Redaktion dabei sinngemäß gedroht, wenn dies sein neuer Stil sei, dann werde er sich das merken. Braune hatte sich daran gestoßen, dass der Redakteur Platzeck am Rande eines offiziellen Termins mit Fragen zum BER abgepasst und dessen patzige Antwort zunächst gesendet hatte.
Der Vorfall, der „zur tatsächlichen Änderung eines Fernsehbeitrages führte“, sei dem RBB-Redakteursausschuss im Frühsommer vergangenen Jahres vorgetragen worden, sagte nun Lutz Oehmichen, Sprecher des Ausschusses. „Wir haben damals Chefredakteur Christoph Singelnstein zu einer Aussprache gebeten. Während dieses Gesprächs haben wir das Verhalten des Chefredakteurs ausdrücklich missbilligt.“ Singelnstein habe eingeräumt, einen Fehler gemacht zu haben.
Im Zuge der jüngsten Berichte über den Vorfall spreche Singelnstein jetzt aber von einer „Überfall-Situation des Interviews“ – was in der RBB-Redaktion als Kritik am Redakteur und Abrücken vom Ergebnis der ersten internen Beratungen zum Vorfall gewertet wurde. Singelnsteins neue Darstellung weise der Redakteursausschuss entschieden zurück und er stelle sich ausdrücklich hinter den Fernsehkollegen, so Oehmichen. „In Verantwortung stehende Politiker auf aktuelle Fragen anzusprechen gehört zum journalistischen Handwerk. Auch ohne Vorwarnung und auch bei öffentlichen Terminen, bei denen es um eventuell ganz andere Themen geht.“ Der Redakteursausschuss weiter: „Wir weisen daher auch entschieden den Vorwurf von Regierungssprecher Braune zurück, unser Kollege habe während des Interviews mit dem Ministerpräsidenten gegen den Pressekodex verstoßen.“ Was sie vom Agieren ihres Chefs halten, formulieren die Redakteure des RBB mehr als deutlich: „Der Redakteursausschuss des RBB erwartet von einem Chefredakteur, dass er sich vor seine Mitarbeiter stellt und inhaltlicher Einflussnahme von außen ausnahmslos widersteht.“ Singelnstein äußerte sich dazu am Dienstag nicht.
Am heutigen Mittwoch beschäftigt sich auf Antrag der FDP der Hauptausschuss des Landtags mit der Angelegenheit und der Rolle des Regierungssprechers.
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