Von Matthias Matern: Rot-Rot: Gesetz zur CCS-Technologie ist Sache des Bundes Brandenburg lehnt Entwurf Röttgens ab. Vattenfall: „Keine Investitionsentscheidung ohne Gesetz.“
Potsdam/Cottbus - Aus Angst vor einer inneren Zerreißprobe versucht die rot-rote Landesregierung Brandenburgs beim Tauziehen um ein CCS-Gesetz weiter die Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen. „Die CCS-Technologien sind für den Fortbestand des Industriestandortes Deutschland eine wichtige Option.
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Potsdam/Cottbus - Aus Angst vor einer inneren Zerreißprobe versucht die rot-rote Landesregierung Brandenburgs beim Tauziehen um ein CCS-Gesetz weiter die Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen. „Die CCS-Technologien sind für den Fortbestand des Industriestandortes Deutschland eine wichtige Option. Die Verantwortung dafür darf nicht geteilt oder auf die Länder abgewälzt werden“, teilten Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Landeswirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) am Donnerstag in einer Erklärung mit.
Am Mittwoch hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), wie berichtet, mitgeteilt, die schwarz-gelbe Koalition in Berlin habe sich weitgehend auf einen Gesetzesentwurf zur Abscheidung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CCS=Carbon, Capture and Storage) verständigt. Demnach solle der Bundestag nur ein Rahmengesetz verabschieden, das den Bundesländern die Möglichkeit einräumt, die Technologie auf ihrem Hoheitsgebiet auszuschließen. Vor allem Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten auf eine Ausstiegsklausel gedrängt.
Platzeck und Christoffers kündigten gestern jedoch an, ein Gesetz in Form des vorliegenden Entwurfs im Bundesrat abzulehnen. „Wir werden einem Gesetz, das quasi nur Brandenburg in die Pflicht nimmt oder nur in Brandenburg die Speicherung von CO2 zulässt, nicht zustimmen“, heißt es in der Erklärung weiter. Offen bleibt jedoch, wie sich Rot-Rot verhält, sollte sich das Rahmengesetz durchsetzen. An „Spekulationen“ wolle man sich nicht beteiligen, hieß es aus Christoffers Ressort gestern lediglich.
In der CCS-Frage ist die Koalition tief gespalten. Für die Linke steht dabei die eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Im Landtagswahlkampf 2009 hatte sich etwa die Linke-Fraktionschefin im brandenburgischen Landtag, Kerstin Kaiser, gegen eine CO2-Verpressung ausgesprochen, sich aber bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu einer Unterstützung der Technologie drängen lassen. Wirtschaftsminister Christoffers dagegen ist ein klarer Befürworter der CCS-Erprobung und verwahrt sich gegen Kritik aus der eigenen Partei stets mit dem Verweis auf den Koalitionsvertrag.
Aus der Bedrouille helfen könnte Rot-Rot nun ausgerechnet das CCS-Gegner-Land Schleswig-Holstein - zumindest vorübergehend. Denn in Kiel ist man mit dem Berliner Entwurf ebenfalls nicht zufrieden. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) hält die vorgeschlagenen Ausschlusskriterien, mit denen die Länder ein CCS-Verbot begründen müssten, für zu schwammig. Energiekonzerne könnten versuchen, sich durch die Hintertür einzuklagen, befürchtet de Jager und fordert eine Ausschlussklausel „ohne Wenn und Aber.“
Weiteres Verhandeln in Berlin würde Rot-Rot in Brandenburg zwar erstmal vor der Zerreißprobe retten, die geplante Milliarden-Investition des Energiekonzerns Vattenfall in Jänschwalde (Spree-Neiße) aber umso mehr gefährden. Für 1,2 Milliarden Euro will Vattenfall dort ein CCS-Demonstrationskraftwerk bauen, benötigt dafür aber einen gültigen Rechtsrahmen. Bis 2015 muss die Anlage betriebsbereit sein, sollen zudem die zugesagten 180 Millionen Euro Fördergelder der EU-Kommission fließen. PNN-Informationen zufolge habe Vattenfall bereits Alternativpläne entworfen, die das Scheitern eines CCS-Gesetzes berücksichtigen. Zumal die Braunkohleverstromung in der neuen Konzernstrategie Vattenfalls ohnehin kaum mehr eine Rolle spielt.
Dem widersprach Vattenfall-Sprecherin Katharina Bloemer gestern. Dem Konzern sei die CCS-Technologie weiterhin ein wichtiges Anliegen, räumte jedoch ein, dass eine „finale Investitionsentscheidung“ noch nicht getroffen worden sei. „Ohne Gesetz wird es diese auch nicht geben“, versicherte Bloemer. Laut Experten jedoch ist der Bau des Kraftwerks samt der Speicheranlagen in Ostbrandenburg zeitlich kaum mehr machbar.
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