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ORTSTERMIN: Schmäh-Feldzug eines Pensionärs

Wer Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke als „Stasi-Strolch“, „Gangster“ oder „Stasi-Verwalter“ bezeichnet, macht sich strafbar. Diese Erfahrung hat am Dienstagmorgen ein Pensionär aus Friedrichshafen am Bodensee machen müssen.

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Wer Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke als „Stasi-Strolch“, „Gangster“ oder „Stasi-Verwalter“ bezeichnet, macht sich strafbar. Diese Erfahrung hat am Dienstagmorgen ein Pensionär aus Friedrichshafen am Bodensee machen müssen. Die Potsdamer Amtsrichterin Reinhild Ahle verurteilte den 77-Jährigen nach einer nur einstündigen Verhandlung zu einer Geldstrafe von 4800 Euro. „Das denken Sie, ich lege sofort Rechtsmittel ein“, kündigte der renitente Rentner daraufhin an. Er wolle durch alle Instanzen ziehen. „Darf man denn nicht mehr die Wahrheit sagen?“

Tatsächlich hat der Mann in den vergangenen Jahren massenhaft beleidigende Faxe an Behörden in Brandenburg und auch Berlin versendet, wie Staatsanwalt Thomas Jaschke während der Verhandlung sagte. So seien auch der ehemalige Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck und der ehemalige Berliner Regierungschef Klaus Wowereit (beide SPD)  wegen des Milliarden-Desasters um den Hauptstadtflughafen BER mit Schmähungen überzogen worden, weswegen weitere Ermittlungen liefen. Vor dem Amtsgericht ging es aber um einen Strafantrag, den Woidke gestellt hatte.

Seit 2002 kämpft der ehemaligen Finanzbeamte bei der Deutschen Bahn gegen Institutionen des Landes. Hintergrund sei ein jahrelanger Rechtsstreit um Anliegergebühren mit der Stadt Bad Liebenwerda (Elbe-Elster), deren aus seiner Sicht betrügerisches Handeln von den Behörden gedeckt worden sei. Die Stadt hatte einer Kollegin des Mannes eine Spendenquittung statt eines Gebührenbescheids für eine Straßenerneuerung geschickt. Vom Finanzamt Cottbus erhielt die Frau später eine Verwarnung wegen Steuerhinterziehung, als sie diese angebliche Spende geltend machen wollte. Daraufhin zog der Mann für seine Kollegin vor den Kadi. Die Klage ging durch alle Instanzen und scheiterte schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht. Auch Strafanzeigen bei den – aus Sicht des Mannes allzu willfährigen – Staatsanwaltschaften verliefen im Sand.

Im Zuge dieser Auseinandersetzungen begann auch der Schmäh-Feldzug, den der Angeklagte einräumte. „Wie soll man sich denn sonst wehren?“ So schrieb er Faxe, dass solche „Strolche“ wie der „Stasi-Verwalter“ Woidke zum Teufel gejagt werden müssten – und sendete diese zum Beispiel an die Staatskanzlei. Auch andere Behörden bekamen solche ungebetene Post. Selbst den anwesenden Staatsanwalt Jaschke hatte er in der Vergangenheit schon als DDR-Regimetäter bezeichnet – was der Behördenmann in der Verhandlung als ehrkränkend bezeichnete. Denn seine Mutter sei aus der DDR geflohen, er sei also als Kind in der Bundesrepublik aufgewachsen.

Darauf ging der Pensionär nicht weiter ein. Vielmehr sah er sich generell im Recht. „Ich rede so, wie mir der Schnabel gewachsen ist“, sagte er. „Ich wollte Herrn Woidke nicht beleidigen, sondern erreichen, dass er uns behilflich ist, dass wir unser Recht bekommen.“ Doch SPD-Mann Woidke habe nicht auf Schreiben reagiert.

Dagegen sagte Richterin Ahle, die Äußerungen seien ehrverletzend gewesen und der Angeklagte schuldfähig. Und weiter: „Sie können Ihre Anliegen mit rechtlichen Mitteln verfolgen, das rechtfertigt aber keine Beleidigungen.“ (mit dpa)

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