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 „Angriff Flüchtlingsheim Stahnsdorf“, Quelle: privat

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Update

Täter versuchten offenbar Gebäude zu stürmen: Brutale Attacke auf Flüchtlingsunterkunft in Stahnsdorf

Die Tatverdächtigen verletzen einen Wachmann, später wird bei ihnen ein Messer gefunden. Zuvor soll mutmaßlich die selbe Gruppe mit „Heil Hitler“-Rufen durch die Straßen gezogen sein.

Stand:

In der Nacht von Freitag auf Sonnabend hat eine Gruppe aus mehreren jungen Männern eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber im brandenburgischen Stahnsdorf angegriffen. Dabei wurde ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der zum Schutz der Unterkunft eingesetzt war, verletzt. Er musste im Krankenhaus behandelt werden.

Das erfuhr der Tagesspiegel aus Polizeikreisen. Zuerst hatte die „Märkische Allgemeine Zeitung“ über die Attacke berichtet. Nach Informationen der Zeitung sollen auch Bewohner der Geflüchtetenunterkunft angegriffen worden sein.

Gegen 0.45 Uhr am frühen Samstagmorgen sei eine jugendliche Gruppe von sechs bis sieben Personen durch die Stahnsdorfer Straße in der Nähe der Geflüchtetenunterkunft gezogen und durch lautstarke rechtsextreme Äußerungen aufgefallen sein, berichtet eine Anwohnerin dem Tagesspiegel. Unter anderem sei die Parole „Heil Hitler“ zu hören gewesen.

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Kurz darauf griff mutmaßlich dieselbe Gruppe die Geflüchtetenunterkunft an. Fotos zeigen mehrere eingeschlagene Scheiben des Gebäudes. Augenzeugen berichten, die Täter hätten zunächst versucht, sich durch eine gesicherte Brandschutztür am Hintereingang Zutritt zu verschaffen. Als das misslang, sei unter anderem das Fenster eines Badezimmers mit einer Flasche eingeworfen worden.

Weitere Schäden an der Geflüchtetenunterkunft.

© privat

Die alarmierte Polizei reagierte mit einem Großeinsatz, bei dem nach MAZ-Informationen auch ein Helikopter und Spürhunde herangezogen wurden. Mit Erfolg. Drei Tatverdächtige wurden wenig später in der unmittelbaren Umgebung des Tatortes, der Stahnsdorfer Iserstraße, festgenommen. Bei einem der jungen Männer wurde ein Messer gefunden.

Nach Informationen des Tagesspiegels sind die jungen Tatverdächtigen bisher nicht im Bereich Rechtsextremismus polizeilich in Erscheinung getreten. Offiziell konnte die mutmaßlich rechtsextreme Tatmotivation bisher nicht bestätigt werden.

Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Ermittlungen übernommen. Gegen drei Personen wird unter anderem wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt. Weitergehende Auskünfte zur Sache oder zu den Tatverdächtigen würden gegenwärtig aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht erteilt, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstagmorgen mit.

Die Gemeinschaftsunterkunft in der Ruhlsdorfer Straße in Stahnsdorf südlich von Berlin besteht aus zwei Übergangswohnheimen, in denen geflüchtete Menschen unterkommen. Fast 300 Plätze stehen ihnen zur Verfügung.

Verunsicherte Bewohner

Das Aktionsbündnis Brandenburg, die Beratungsstelle Opferperspektive und das Netzwerk Tolerantes Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf (NTTKS) verurteilten am Dienstag den „feigen Angriff“. „Die Menschen im Wohnheim sind sehr verunsichert und wünschen sich vor allem eine Verbesserung der Sicherheitssituation. Insbesondere die Kinder haben Angst und fürchten sich vor weiteren Angriffen“, so Hannes Püschel von der Opferperspektive. Die Beratungsstelle hatte vor Ort mit Mitarbeitenden und Anwohnenden gesprochen.

Püschel forderte: „Was es jetzt braucht, sind zügige und umfassende Ermittlungen der Polizei und ein deutliches Zeichen aus der Stadtgesellschaft und Politik, dass dieser brutale Angriff auf das Schärfste verurteilt wird.“

Bernd Albers (Bürger für Bürger), Bürgermeister von Stahnsdorf.

© Ines Glöckner

Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) verurteilte „den gewalttätigen Übergriff auf die Stahnsdorfer Gemeinschaftsunterkünfte auf das Schärfste“. Er sagte am Dienstag: „Gewalt ist generell ein No-Go. Gewalt gegen die Schwächsten der Gesellschaft wiederum ist besonders niederträchtig und feige.“ Der Vorfall vermittele ein Bild von Stahnsdorf, das mit der Weltoffenheit der Stahnsdorfer nicht in Einklang zu bringen sei.

Nicht der einzige Vorfall am Wochenende

In Brandenburg kam es am Wochenende zu mehreren Vorfällen mit rechtsextremem Hintergrund. In Ahrensfelde und Dahlwitz-Hoppegarten ermittelt der polizeiliche Staatsschutz nach geschmierten Hakenkreuzen. Im zweiten Fall sei das Symbol meterhoch an einer Bahnhofsunterführung abgebracht worden.

In Vogelsdorf im Landkreis Märkisch-Oderland wandte sich ein Mann am Sonntagmorgen an die Polizei, nachdem er mitbekommen hatte, wie mehrere Personen durch die Ortschaft zogen und zu der Musik von „L´Amour Toujours“ volksverhetzende Parolen brüllten. Beamte identifizierten schließlich eine zwölfköpfige Personengruppe, gegen die sich nun der Verdacht richtet, mit dem Geschehen in Verbindung zu stehen. Auch hier ermittelt der Staatsschutz.

Bereits in der vergangenen Woche kam es zur Attacke auf einen alternativen Jugendclub in Senftenberg im Süden Brandenburgs. Dutzende vermummte Personen sollen versucht haben, in das Gebäude einzudringen und warfen mit Steinen auf die Fassade. Augenzeugen vermuten einen rechtsextremen Hintergrund, auch weil der Mob einschlägige Parolen rief.

„Rechtsextreme Vorfälle und Angriffe wie diese häufen sich. Der Zuspruch für rechtsextreme Positionen und Parteien steigt weiter. Rechtsextreme versuchen, in Brandenburg mittels Gewalt ein rassistisches Klima zu schaffen, das stark an die sogenannten Baseballschlägerjahre vor 30 Jahren erinnert“, sagte Maica Vierkant vom Aktionsbündnis Brandenburg.

Stahnsdorfs Bürgermeister Albers sagte dazu: „Die Vorfälle der vergangenen Tage in Ahrensfelde, Dahlwitz-Hoppegarten, Fredersdorf-Vogelsdorf und Senftenberg legen den Verdacht nahe, dass es sich um ein überregional koordiniertes Vorgehen handelt. Solche und andere Einschüchterungsversuche durch rechte Gruppierungen gehören strengstens verfolgt.“

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