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Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland, ist vom BSW nach Brandenburg eingeladen worden.

© dpa/Fabian Sommer

Ukraine verurteilt BSW-Provokation: Einladung des russischen Botschafters zu Ausstellung in Brandenburger Landtag sorgt für Entsetzen

Die BSW-Regierungsfraktion lädt Russlands Botschafter zu einer Ausstellungseröffnung in den brandenburgischen Landtag ein. Die Botschaft der Ukraine verurteilt den Vorgang.

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Die Einladung des russischen Botschafters zu einer Ausstellungseröffnung im Brandenburger Landesparlament, die die BSW-Regierungsfraktion trotz des Ukraine-Krieges und gegen die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes vorgenommen hat, sorgt nun für diplomatische Verwicklungen.

„Die Botschaft der Ukraine verurteilt entschieden die Absicht, den russischen Botschafter zur Ausstellung „Krieg und Frieden“ im Brandenburger Landtag einzuladen“, erklärte die Vertretung am Dienstag auf Anfrage dieser Zeitung.

„Die Instrumentalisierung der Namen von Hans und Lea Grundig – Opfer des Nationalsozialismus – im Kontext eines angeblichen ,kulturellen Dialogs’ mit dem Aggressor ist schändlich und ganz im Stil des BSW: Während Russland täglich ukrainische Städte bombardiert und europäische Flughäfen mit Drohnen angreift, soll sein Vertreter in Deutschland über ,Frieden’ sprechen“, hieß es weiter.

Zugleich dankte die Botschaft in ihrem Statement der „Landesregierung, dem Präsidium des Landtags und den demokratischen Fraktionen für ihre klare Haltung zur Unterstützung der Ukraine und ihre Distanzierung von einem Format, das sowohl das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als auch das Andenken an die heutigen Opfer des russischen Terrorregimes entwürdigt“. Es sei befremdlich, dass sich in Deutschland trotz aller historischen Lehren noch immer Kräfte finden, die Verbrechern und Kindermördern die Hand reichen.

Zu Eröffnung der Schau mit den Werken des berühmten Künstlerpaares auf den Fluren der Fraktion des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im Landtag, das in Brandenburg in einer von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführten SPD/BSW-Koalition regiert, hatte das BSW Diplomaten verschiedener Länder eingeladen. Zugesagt haben nach BSW-Angaben aber nur Russland, Weißrussland und Ungarn. Über die Einladung des russischen Botschafters, ein Novum in Deutschland, hatte diese Zeitung exklusiv berichtet. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke und Woidke bleiben der Eröffnung fern. Auch andere Vertreter der Landesregierung nehmen nicht teil, was durchaus üblich ist.

Eingeladen hatte das BSW alle Fraktionen – auch die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion, was eine Premiere im Landtag ist. Die AfD begrüßte das ausdrücklich. Brandenburgs Verfassungsschutz hat die AfD, die nach Umfragen stärkste Partei im Land ist, als gesichert rechtsextrem eingestuft. AfD-Fraktionschef Hans Christoph Berndt kündigte am Dienstag sein Erscheinen an. „Ich habe zusagt“, sagte Berndt. Dass der russische Botschafter eingeladen worden sei, „ist für mich kein Grund, die Veranstaltung nicht zu besuchen oder mit Abscheu und Ekel den Raum nicht zu betreten.“

Woidke bleibt Eröffnung fern

„Die Fraktionen des Landtags organisieren Veranstaltungen und laden dazu ein. Für mich schließt sich der Besuch der Ausstellungseröffnung gemeinsam mit dem russischen Botschafter angesichts der verschärften völkerrechtswidrigen Angriffe Russland auf die Ukraine aus“, erklärte Woidke dem Tagesspiegel. „Ich appelliere an die Verantwortung für eine diplomatische Lösung und Frieden.“ Es herrsche Gewaltenteilung, es stehe ihm nicht zu, Aktivitäten von Abgeordneten zu kritsieren. Mit Minister Robert Crumbach stellt das BSW in Brandenburg auch den Europaminister.

Andererseits, so der Regierungschef, sei es ja vielleicht eine Gelegenheit, „Klartext“ mit dem russischen Botschafter zu reden. „Wenn die Ausstellung dazu führt, dass die russischen Terrorangriffe gegen die Zivilbevölkerung in den nächsten Tagen aufhören, wäre ich schon sehr zufrieden“, sagte Woidke. Er persönlich glaube allerdings, es sei sinnlos, das nach einem Gespräch mit dem Botschafter zu erwarten. „Es gab viele, auch wahrnehmbare diplomatische Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Daran mangelt es überhaupt nicht.“

Das BSW verteidigte den Ansatz. Es gehe um einen „Friedensappell“, um einen Aufruf zur Menschlichkeit, der sich an alle Seiten richte, sagte BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders. Eine einseitige Aufforderung an den Russland-Botschafter, den Krieg zu beenden, lehne er ab.

Die SPD im Landtag war auf Distanz zum BSW gegangen. Die CDU, aber auch die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen und die FDP hatten zuvor kritisiert, dass Russlands Botschafter überhaupt eingeladen wurde. „Das ist eine gezielte Provokation, um sich ins Gespräch zu bringen“, sagte Grünen-Landeschef Clemens Rostock. „Wer in Zeiten eines andauernden Angriffskrieges Vertreter des Aggressors zu offiziellen Veranstaltungen einlädt, verhöhnt die Opfer des Krieges und beschädigt das Ansehen des Brandenburger Landtags.“ Und CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte: „Es ist ein kalkulierter Tabubruch des BSW.“ Es sei schändlich. So etwas habe es in Brandenburg bisher nicht gegeben.

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