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Putins Botschafter nutzt Brandenburg-Bühne : Ukraine protestiert gegen Auftritt des russischen Botschafters im Landtag auf Einladung des BSW
Die BSW-Regierungsfraktion lädt Russlands Botschafter zu einer Ausstellungseröffnung in den brandenburgischen Landtag ein. Der nutzt den Auftritt.
Stand:
Die Teilnahme des russischen Botschafters Sergej Netschajew zu einer Ausstellungseröffnung im Brandenburger Landesparlament sorgt für Medienrummel, Proteste und diplomatische Verwicklungen. Die Botschaft der Ukraine verurteilte die Einladung durch die Landtagsfraktion des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), das Regierungspartei in Brandenburg ist.
Netschajew nutzte die Bühne im Parlament, direkt vor dem Plenarsaal unter dem Wappen-Adler des Landes. Mit einem ausführlichen Auftritt vor Journalisten dankte der Botschafter dem BSW für die Einladung und lobte dessen Positionen als „vernünftig“, etwa die Forderung nach einem Stopp der Waffenlieferungen und einen Dialog mit Russland. „Das ist im Interesse Deutschlands“, erklärte er. „Tango tanzt man nur zu zweit“.
Auf den Vorhalt, dass vor allem ein Stopp des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geboten und vernünftig sei, sagte Netschajew: Russland sei für einen langfristig tragfähigen Frieden, für ein Friedensabkommen mit der Ukraine. „Wir warten immer noch auf eine Antwort der Ukraine“, so Putins Diplomat in Deutschland und behauptete: „Wir haben diesen Krieg nicht entfesselt.“ BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders, der direkt neben dem Botschafter stand, widersprach dem nicht.

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Auch in seiner offiziellen Rede zur Eröffnung der Ausstellung mit Werken von Hans und Lea Grundig beließ es Lüders vor rund einhundert Teilnehmern – darunter die Publizistin Daniela Dahn – bei einem allgemeinen Plädoyer für Frieden an alle Seiten, ohne den Botschafter direkt anzusprechen. Das BSW hatte 40 Botschafter aus Ost und West eingeladen, doch nur Netschajew und ein Vertreter Weißrusslands waren erschienen. Vor dem Landtag protestierte eine Frau gegen Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine.
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Die Botschaft der Ukraine hatte zuvor in einer Stellungnahme den Vorgang verurteilt. „Die Instrumentalisierung der Namen von Hans und Lea Grundig – Opfer des Nationalsozialismus – im Kontext eines angeblichen ,kulturellen Dialogs’ mit dem Aggressor ist schändlich und ganz im Stil des BSW: Während Russland täglich ukrainische Städte bombardiert und europäische Flughäfen mit Drohnen angreift, soll sein Vertreter in Deutschland über ,Frieden’ sprechen“, hieß es in einer Stellungnahme der Botschaft.
Zugleich dankte die Botschaft in ihrem Statement der „Landesregierung, dem Präsidium des Landtags und den demokratischen Fraktionen für ihre klare Haltung zur Unterstützung der Ukraine und ihre Distanzierung von einem Format, das sowohl das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als auch das Andenken an die heutigen Opfer des russischen Terrorregimes entwürdigt“. Es sei befremdlich, „dass sich in Deutschland trotz aller historischen Lehren noch immer Kräfte finden, die Verbrechern und Kindermördern die Hand reichen.“
Woidke blieb Eröffnung fern
Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) blieben der Eröffnung fern. Auch andere Vertreter der Landesregierung nehmen nicht teil, was durchaus üblich ist. Die Fraktionen des Landtags organisieren Veranstaltungen und laden dazu ein.
„Für mich schließt sich der Besuch der Ausstellungseröffnung gemeinsam mit dem russischen Botschafter angesichts der verschärften völkerrechtswidrigen Angriffe Russland auf die Ukraine aus“, erklärte Woidke dem Tagesspiegel. „Ich appelliere an die Verantwortung für eine diplomatische Lösung und Frieden.“ Es herrsche Gewaltenteilung, es stehe ihm nicht zu, Aktivitäten von Abgeordneten zu kritisieren. Mit Minister Robert Crumbach stellt das BSW in Brandenburg auch den Europaminister.
Andererseits, so der Regierungschef, sei es ja vielleicht eine Gelegenheit, „Klartext“ mit dem russischen Botschafter zu reden. „Wenn die Ausstellung dazu führt, dass die russischen Terrorangriffe gegen die Zivilbevölkerung in den nächsten Tagen aufhören, wäre ich schon sehr zufrieden“, sagte Woidke. Er persönlich glaube allerdings, es sei sinnlos, das nach einem Gespräch mit dem Botschafter zu erwarten. „Es gab viele, auch wahrnehmbare diplomatische Initiativen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Daran mangelt es überhaupt nicht.“
Eingeladen hatte das BSW alle Fraktionen – auch die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion, was eine Premiere im Landtag war. Die AfD begrüßte das ausdrücklich. Brandenburgs Verfassungsschutz hat die AfD, die nach Umfragen stärkste Partei im Land ist, als gesichert rechtsextrem eingestuft. AfD-Fraktionschef Hans Christoph Berndt war unter den Gästen. Dass der russische Botschafter eingeladen worden sei, „ist für mich kein Grund, die Veranstaltung nicht zu besuchen oder mit Abscheu und Ekel den Raum nicht zu betreten“, sagte Berndt.
Die CDU, aber auch die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen und die FDP hatten zuvor kritisiert, dass Russlands Botschafter überhaupt eingeladen wurde. „Das ist eine gezielte Provokation, um sich ins Gespräch zu bringen“, sagte Grünen-Landeschef Clemens Rostock. „Wer in Zeiten eines andauernden Angriffskrieges Vertreter des Aggressors zu offiziellen Veranstaltungen einlädt, verhöhnt die Opfer des Krieges und beschädigt das Ansehen des Brandenburger Landtags.“
Und CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte: „Es ist ein kalkulierter Tabubruch des BSW.“ Es sei schändlich. So etwas habe es in Brandenburg bisher nicht gegeben.
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