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Brandenburg: Verfassungsschutz: 1280 Rechtsextreme im Land

Bericht 2008: NPD zieht mit 300 Mitgliedern an DVU vorbei / „Ausläufer des gewalttätigen Islamismus“ erreichen Brandenburg

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Potsdam/Templin - Im Land Brandenburg gibt es 1280 Rechtsextreme und 620 Linksextreme – und damit kaum Veränderungen. Dafür rückt jetzt islamistischer Extremismus in der Mark, obwohl hier vergleichsweise wenige Ausländer leben, stärker ins Visier des Verfassungsschutzes. Diese Trends gehen aus dem Verfassungsschutzbericht für 2008 hervor, den CDU-Innenminister Jörg Schönbohm gestern in Potsdam vorstellte. „Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung“, betonte er. Danach haben „einzelne Ausläufer des gewalttätigen Islamismus“ mittlerweile Brandenburg erreicht. Der Verfassungsschutz geht von 315 Mitgliedern (2007: 285) ausländerextremistischer Gruppierungen im Land aus, davon 40 Islamisten. Als „besonders aktive Plattform für Konvertiten“ genannt wird die „Islamische Gemeinschaft Potsdam.“ Immer häufiger muss der Verfassungsschutz auch entsprechenden Hinweisen des Bundesamtes oder anderer Länderdienste nachgehen, betonte Präsidentin Winfriede Schreiber. „Das wächst stetig an.“ Allein 2008 hat der Verfassungsschutz, der von Ausländerbehörden vor der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen auf Sicherheitsbedenken angefragt wird, insgesamt 60 so genannte „Sicherheitsgespräche“ mit Betroffenen geführt.

In der rechtsextremen Szene gibt es Macht-Verschiebungen. So hat die radikalere NPD mit 300 Mitgliedern (2007: 250) inzwischen die seit 1999 im Landtag vertretene, im Niedergang befindliche DVU (220 Mitglieder, 2007: 250)) überholt. Unklar ist weiter, ob die NPD entgegen dem Deutschlandpakt, in dem beide Parteien ihre Einflussgebiete aufteilten, nun doch neben der DVU bei der Landtagswahl am 27. September antritt - oder mit eigenen Aktivisten auf der DVU-Liste. „Eine solche durch die NPD nazifizierte DVU wäre eine völlig neue Herausforderung im Landtag“.

Die gewaltbereite, subkulturelle rechte Szene, also unorganisierte Cliquen, wuchs leicht auf 510 Mitglieder (2007: 500). Diese Jugend-Szene, bestätigte Schreiber, wächst ständig nach - gelockt auch von rechtsextremen Bands, von denen in Brandenburg 25 existieren. Bei Bands und Konzerten bildet der Süden Brandenburgs den Schwerpunkt, wobei der Druck der Polizei Wirkung zeigt: Wurden 2007 noch 14 solcher Hasskonzerte gezählt, waren es 2008 nur noch neun. Fünf weitere wurden im Vorfeld unterbunden.

Die Zahl rechtsextremistischer Gewaltstraftaten in Brandenburg 2008 ist um 22 auf 71 Delikte zurückgegangen, was der Verfassungsschutz auf die staatliche und gesellschaftliche „Gegenwehr“ zurückführt. Es ist ein  Trend, den auch Recherchen des Vereins „Opferperspektive“ bestätigen. Es seien 104 rechte Gewalttaten und damit 54 weniger als 2007 festgestellt worden, teilte der Verein den PNN auf Anfrage mit. Von den Angriffen seien 174 Personen betroffen gewesen, im Jahr zuvor waren es noch 262. Die Polizei hatte 2008 ebenfalls eine beträchtliche Abnahme der rechten Gewalttaten registriert (2008: 71, 2007: 93). Die Zahlen des Vereins sind deutlich höher, da sich ein Teil der Opfer rechter Angriffe lieber an eine nichtstaatliche Organisation wendet als an die Polizei.

Der Verein meldet allerdings, genauso wie Polizei und Staatsanwaltschaft, für 2008 ein vollendetes Tötungsverbrechen mit rechtsextremem Hintergrund. Im Juli wurde in Templin der alkoholkranke Bernd K. in einer ehemaligen Werkstatt zu Tode geprügelt. Tatverdächtig sind zwei Rechtsextremisten, sie müssen sich derzeit vor dem Landgericht Neuruppin verantworten. Frank Jansen, Thorsten Metzner

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