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Brandenburg: "Vom Ehrgeiz als Ossi gepackt"

Frankfurt hofft wieder auf Mikroelektronik VON CLAUS-DIETER STEYER Frankfurt (Oder). Die Visionen von einem bedeutenden Zentrum der Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) sind etwas klarer geworden.

Frankfurt hofft wieder auf Mikroelektronik VON CLAUS-DIETER STEYER

Frankfurt (Oder). Die Visionen von einem bedeutenden Zentrum der Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) sind etwas klarer geworden.In den nächsten zwei Jahren wird das Institut für Halbleiterphysik einen 80 Millionen Mark teuren Neubau erhalten, womit die Anlage zu den modernsten in der Welt zählen soll."Der Aufsichtsrat unseres Institutes hat jetzt den entscheidenden Beschluß gefaßt", sagte der Direktor, Professor Abbas Ourmazd.Da im Aufsichtsrat der Bund und Brandenburg vertreten seien, dürfte die Finanzierung keine Probleme bereiten. "Der Beschluß zum Institutsneubau ist die Krönung meiner bisherigen 14monatigen Arbeit in Brandenburg", bekannte der im Iran geborene, in Indien aufgewachsene und zuletzt in den USA beschäftigte Professor Ourmazd."Wenn alles klappt, geben sich bald die Elektronik-Experten aus aller Welt in Frankfurt (Oder) die Klinke in die Hand." Schon jetzt würden regelmäßig Gäste aus ganz Deutschland sowie Frankreich, Japan, Süd-Korea, Polen, Rußland, der Schweiz und aus den USA begrüßt.Das Institut für Halbleiterphysik war 1992 als Nachfolgegesellschaft des früheren Institutes der DDR-Akademie der Wissenschaften gegründet worden und zählt derzeit 175 Mitarbeiter. Sie forschen vor allem auf dem Gebiet der drahtlosen Tele- und Satellitenkommunikation."Wir arbeiten im Auftrag deutscher und amerikanischer Firmen an einem sogenannten Handy-Plus", erläuterte der 41jährige Ourmazd, der die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt.So ein Luxus-Handy müsse ein Fax absetzen, sich ins Internet einschalten und Bilder empfangen können.Bei der Entwicklung der dafür notwendigen Hetero-Bipolar-Transistoren seien die Frankfurter schon auf Platz drei in der Welt vorgestoßen.Auftraggeber sind unter anderem Siemens und die Deutsche Telekom. Der Direktor ist deshalb des Lobes voll für seine Mitarbeiter."Ich glaube, sie hat der Ehrgeiz als Ossi gepackt.Die wollen es den Kollegen im Westen zeigen, daß sie auch hervorragend arbeiten können." Die Einführung einer zweiten Schicht sei ebenso wie die der Sonntagsarbeit kein Problem gewesen. Die Frankfurter Stadtverwaltung schmiedet nach der hoffnungsvollen Nachricht hochfliegende Pläne."Jetzt müssen wir für die Mikroelektonik an der Oder nicht nur alle Kräfte in der Stadt, sondern im ganzen Land bündeln", forderte Oberbürgermeister Wolfgang Pohl.Die spezielle Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung müsse gemeinsam mit dem Technologiepark Ostbrandenburg, dem World Trade Center und dem Innovationszentrum möglichst viele Firmen für Frankfurt interessieren.Die Sogwirkung des neuen Institutes dürfe nicht verpaßt werden, meinte Pohl.Er will seiner ansonsten durch Grenzkriminalität und lange Staus bekannten Stadt ein neues Image verpassen. Der Geschäftsführer des Ostbrandenburger Technologieparkes, Martin Wilke, warnte jedoch vor allzu großer Euphorie: "Wir konkurrieren mit Städten in aller Welt und müssen bei ausländischen Interessenten viele Vorurteile gegenüber dem Standort Deutschland ausräumen.Wir sind auf vielen Gebieten noch zu teuer.Immerhin haben wir jetzt die erste Werbebroschüre auf koreanisch fertiggestellt." In chinesischer Sprache liegen die entsprechenden Papiere schon länger vor.Sie stapeln sich auf den Schreibtischen in der Zentrale der chinesischen Tongwei-Gruppe, mit der das Brandenburger Wirtschaftsministerium seit Monaten über den Verkauf des früheren Frankfurter Halbleiterwerkes verhandelt.Das einst mehrere tausend Beschäftigte zählende Unternehmen war vor fast vier Jahren zu 49 Prozent an die US-Firma Synergy verkauft worden.51 Prozent der Anteile der in System Microelectronic Innovation (SMI) umfirmierten Gesellschaft hält das Land.Bisher sind über 60 Millionen Mark an Zuschüssen in das defizitär arbeitende und noch 370 Menschen beschäftigende Unternehmen geflossen.Mehrfach stand die Schließung auf der Tagesordnung.Tongwei will zwar alle Anteile kaufen, hat aber laut Wirtschaftsministerium noch keine verbindliche Investitionszusage für den Ausbau des Standortes Frankfurt (Oder) abgegeben.

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