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Brandenburg: Vom Tatort gefangen
Chef-Mordermittlerin Jutta Porzucek ist „Tatort“-Fan und hat bei einer Berliner Folge mitgewirkt
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Berlin - Es gibt „Tatort“-Hasser und es gibt Jutta Porzucek. Ganz klar – sie gehört sie zu den Kennern der ARD-Krimireihe, die sonntags um 20.15 Uhr auf der Couch sitzen und die nächsten 90 Minuten nicht ans Telefon gehen („Wer bitte ruft denn jetzt an?“). Natürlich nur, sofern es die Arbeit zulässt.
Umso erstaunlicher ist es, dass die 51-Jährige fast keine Folge verpasst und sämtliche Titel kennt, denn Jutta Porzucek ist im wirklichen Leben Kriminaldirektorin und dazu noch Chefin der Berliner Mordkommissionen. Die erste Frau überhaupt, die es vor gut drei Jahren auf diesen Posten geschafft hat. Die Mord-Chefin müsste eigentlich ständig ins Kissen beißen oder sich fremdschämen, denn beim „Tatort“ stimmt ja fast nichts mit der Realität überein.
Dort wird aufs Revier gefahren (in Berlin gibt es aber Polizeiabschnitte), es werden Zeugen verhört (vernommen) und wenn nicht gleich auf eigene Faust brachial in eine Wohnung eines Verdächtigen eingestiegen wird, dann haben die Kommissare Durchsuchungsbefehle (Durchsuchungsbeschlüsse) dabei.
„Ach, darüber sehe ich eigentlich hinweg“, sagt die Chefermittlerin. Zumindest kann sie sich nicht so sehr darüber aufregen wie manch anderer in dem Job. Als kürzlich bekannt wurde, dass das „Tatort“-Team aus Berlin ausgewechselt wird und ab kommendem Jahr statt Clemens Ritter (Dominic Raake) und Felix Stark (Boris Aljinovic) bald die Schauspielerin Meret Becker und ihr Kollege Mark Waschke die Fälle in der Hauptstadt aufklären, sei sie schon „ein wenig traurig“ gewesen, sagt Jutta Porzucek. Sie habe den großen und den kleinen Kommissar aus Berlin immer gern gesehen. Immerhin hat sie als echte Polizistin mit ihrem Team sogar bei einer Berliner „Tatort“-Folge im vergangenen Jahr mitgearbeitet am Drehbuch. Völlig egal ist es Jutta Porzucek dann doch wieder nicht, wenn Ermittler und deren Arbeit falsch oder weltfremd dargestellt werden. So habe sie mit ihren Leuten auf das Drehbuch zu der vom RBB in Auftrag gegebene Folge „Machtlos“ mit Edgar Selge in der Hauptrolle eingewirkt. Selge mimt dort den Entführer des 14-jährigen Benjamin. Die Folge spielt vor allem im Vernehmungsraum der Kommissare, eine Art Kammerspiel. „Wir haben darauf hingewirkt, dass die Kommissare bei der Vernehmung nicht handgreiflich werden“, sagt Porzucek, denn das vermittele nicht nur ein falsches Bild, sondern unterminiere auch die „hohe psychologische Fähigkeit“, die Mordermittler in solchen Situationen in der Wirklichkeit zeigen müssen. Auch sei es Porzucek gelungen, die Autoren zu überzeugen, dass die Ermittler eine Beratergruppe im Nebenraum sitzen haben. „Das sieht man ja normalerweise nicht, dass wir mit ihnen zusammenarbeiten“, schildert sie. In Ansätzen sei dies daraufhin von den Autoren eingebaut worden.
Im Januar vergangenen Jahres wurde die Folge im Fernsehen ausgestrahlt. Porzucek und ihre Mitarbeiter waren schon ein paar Wochen zuvor zur Premiere der Folge im Kino „Babylon“ in Berlin-Kreuzberg zusammen mit Aljinovic und Raake eingeladen gewesen und beeindruckt von dem, was sie dort dank ihrer Beratung zu sehen bekamen. Die vielen Currywürste, die im „Tatort“ verdrückt werden, seien hingegen nicht unrealistisch: Wenn ihre Leute in Bereitschaft sind und rund um die Uhr arbeiten, dann habe nun mal keiner Zeit, „sich einen frischen Salat“ zu machen. Nun also werden die „Neuen“ kommen. Was sie vom Team Becker/Waschke erwartet? Dass die beiden „ihr eigenes Profil“ entwickeln. Ansonsten sei sie einfach nur gespannt. Abschalten geht ja immer – in jedweder Hinsicht. Tanja Buntrock
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