
© Rainer Weisflog
Von Alexander Fröhlich: Widerstand gegen Überlandleitung
Naturschützer wollen gegen Vattenfall-Plan klagen / Pilotprojekt für unterirdische Verlegung gescheitert
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Potsdam – Gegen eine 380-Kilovolt-Überlandleitung des Energiekonzerns Vattenfall mitten durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin in Brandenburg haben Gegner Widerstand angekündigt. „Wir werden alle Klagewege ausnutzen“, sagte gestern Thomas Pfeiffer, Sprecher der Bürgerinitiative „Biosphäre unter Strom“. Er reagierte damit auf das am Vortag im Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition verabschiedeten Energieleitungsausbaugesetzes, mit dem der Ausbau von Hochspannungsnetzen beschleunigt werden soll.
Die 115 Kilometer lange Leitung von Bertikow bei Prenzlau (Uckermark) durch den Kreis Barnim bis nach Neuenhagen (Märkisch-Oderland) vor die Tore Berlins gehört in dem Gesetz nicht zu den vier Pilotprojekten in Bayern, Niedersachsen und Thüringen, bei denen eine unterirdische Kabelführung erprobt werden soll. Das aber hatten Landesregierung und Gegner der Freileitung, die über 25 Kilometer durch das von der Unesco anerkannte Schutzgebiet verlaufen soll, gefordert.
Die ist mit unseren Schutzzielen nicht vereinbar“, sagte Reservatsleiterin Constanze Knape. Das Landschaftsbild würde massiv beeinträchtigt, zudem die Vogelwelt bedroht und deren Lebensräume zerschnitten. In dem Schutzgebiet leben in Europa selten gewordene Arten wie Fisch-, See- und Schreiadler. Auch Rast- und Zugvögel wie Kraniche und sogar Schwarzstörche könnten in den Hochspannungsleitungen zu Tode kommen.
Vor Gesundheitsschäden warnt Initiativen-Sprecher Pfeiffer. Denn die Stromleitung solle auch mitten durch ein Wohngebiet der Kreisstadt Eberswalde (Barnim) führen. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Mindestabstände von 400 Metern würden dort deutlich unterschritten, kritisiert Pfeiffer. Konkret befürchtet er eine erhöhte Krebsgefahr.
Mit dem Vorhaben will Vattenfall erreichen, dass die großen Strommengen aus Windkraftwerken im Nordosten und Offshore-Windparks in der Ostsee in die Ballungszentren transportiert werden können. Für den Bau der Leitung muss eine 70 Meter breite Schneise in die Landschaft geschlagen werden. Das Raumordnungsverfahren wurde bereits vor zwei Jahren abgeschlossen, damals hatte das Landesumweltamt ein Erdkabel empfohlen. Die Leitung soll 2010 fertig sein und 130 Millionen Euro kosten.
Brandenburgs Landesregierung setzt dagegen weiter auf ein Erdkabel, wie Jens-Uwe Schade, Sprecher des Umweltministerium betonte. Die vom Kabinett und den CDU-Ministern beschlossene Bundesratsinitiative sei allerdings gescheitert. Im Bundestag jedoch haben sich brandenburgische CDU-Abgeordnete für die Freileitung entschieden. Die Eingriffe in das Biosphärenreservat durch ein Erdkabel wären weitaus größer, hatte der energiepolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Joachim Pfeiffer, gesagt. „Das Ergebnis wäre ein 20 Meter breiter Straßen- und Steppenstreifen.“ So sei eine sechs Meter breite Betonröhre nötig, um das Kabel abzuschirmen. Zudem verwies die Union auf höhere Kosten und die Gefahr steigender Strompreise. Die Potsdamer CDU-Abgeordnete und Unionsfraktionsvize Katherina Reiche sprach von einem guten Kompromiss. Das Gesetz sehe weiter die Verlegung unter der Erde vor – falls der Investor nachweise, dass dies nicht mehr als 1,6 Mal teurer als eine Freileitung ist. Bislang hat Vattenfall betont, Erdkabel kosteten zu viel. Allerdings heißt es aus dem Landesumweltministerium, es gebe günstige Alternativen.
Umweltschützer und Bürgerinitiative hoffen nun auf das Planfeststellungsverfahren. Dabei könne das Landesumweltamt Vattenfall ein Erdkabel auferlegen.
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