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Brandenburg: Wieder alles auf Anfang beim Lärmschutz

Vogelsänger startet neues Planfeststellungsverfahren für Schallschutz am BER / Folge sind neue Prozesse

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Potsdam - Der Flughafen Willy Brandt steuert beim Schallschutz weiter auf ein teures Fiasko zu. Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) gab am Mittwoch im Potsdamer Landtag überraschend bekannt, dass noch im Juni ein förmliches, aufwendiges „neues Planfeststellungsverfahren“ für den Lärmschutz am BER beginnt, das nicht vor dem Sommer 2013 abgeschlossen sein wird. Zwar betonte Flughafenchef Rainer Schwarz im Abgeordnetenhaus, dass der Eröffnungstermin am 17. März 2013 deshalb nicht gefährdet sei. Doch dem Flughafen drohen Mehrkosten von mindestens 250 Millionen Euro für Schallschutz. Außerdem läuft es nun auf neue Prozesse vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zur Lärmschutzproblematik hinaus. Denn der bereits rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss zum Lärmschutz am Tage und in der Nacht wird jetzt aufgeschnürt. Und der neue Beschluss kann wieder angefochten werden.

Eigentlich sollten die rund 40 000 betroffenen Bürger geschützt sein, wenn der BER in Betrieb geht. Nun wird nicht einmal geklärt sein, welche Schallschutzstandards ringsum gelten. Im Landtag begründete Vogelsänger das „neue Planfeststellungsverfahren“ mit dem von der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) am 19. April 2012 eingereichten „sogenannten Klarstellungsantrag“. Die FBB habe damit „eine wesentliche Änderung des Planfestellungsbeschlusses“ beantragt, sagte er. „Jedes Planfeststellungsverfahren ist mit Unwägbarkeiten verbunden.“ Im Rahmen des Verfahrens werden erneut – beim BER nach 2004 und nach dem Planergänzungsverfahren 2008 für das „Lärmschutzkonzept BBI“ zum dritten Mal – alle betroffenen Träger öffentlicher Belange angehört, also die Gemeinden und Stadtbezirke, Behörden, Kammern und Bürgerinitiativen. Es ist ein Mammutprogramm.

Der Flughafen will, wie berichtet, den Planfeststellungsbeschluss nachträglich für die 14 000 Wohnungen des sogenannten Tagschutzgebietes ändern lassen, um das eigene Schallschutzprogramm zu legalisieren. Es geht darum, wie effizient Schallschutzfenster sein müssen, und damit um deren Preis. Die Planfestellungsbehörde pocht bislang darauf, dass nach den geltenden Vorgaben gewährleistet sein muss, dass in den Wohnungen durch Fluglärm kein Pegel lauter als 55 Dezibel sein, kein normales Gespräch in Zimmerlautstärke unterbrochen werden darf. Die FBB geht davon aus, dass wie bei den Vorgaben für die Nacht sechs Überschreitungen dieses Wertes zulässig sind – und hat auf dieser Grundlage alle bisher bewilligten 16 000 Schallschutzmaßnahmen berechnet. Sprecher Ralf Kunkel sagte, der Flughafen werde die bisherige Praxis nicht ändern. Es gebe bereits „einen hervorragenden Schutz“. Die zuständigen Behörden seien „im Bilde, wie der Planfeststellungsbeschluss im Schallschutzprogramm ausgelegt wird“. Im Gegensatz dazu sagte Vogelsänger zur aktuellen FBB-Praxis: „Ich gehe davon aus, dass das Schallschutzprogramm so umgesetzt wird wie im Planfeststellungsbeschluss vorgegeben.“

Die CDU-Opposition im Landtag prangerte umgehend, dass Vogelsänger mit keinem Wort erklärt hat, „wie in der Zwischenzeit mit den falsch eingebauten und auch falsch bewilligten Lärmschutzbescheiden umgegangen werden soll“, sagte Flughafen–Experte Rainer Genilke. „Diesen Betrug am Bürger will man sich nun nachträglich von Platzecks Planungsbehörde genehmigen lassen.“ Platzeck müsse unverzüglich erklären, weshalb die Flughafengesellschaft – von ihm selbst im Aufsichtsrat nicht verhindert – seit Jahren billigen Schallschutz verbaut und nun auch noch ein neues Planfeststellungsverfahren startet. Nötig sei „ein zügiges und kurzes Verfahren zum Stopp dieses Antrags – kein Hinhalten, Wegducken und Verzögern à la Platzeck“.

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