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Ein Jahr Rot-Rot in Brandenburg: Wo sind die zukunftsweisenden Projekte?
Ein wenig aus der Not geboren kam es nach der Landtagswahl 2014 in Brandenburg zur Neuauflage der rot-roten Koalition. Zwar war die CDU nach der SPD stärkste Kraft, scheiterte aber an ihrer Zögerlichkeit. In der Regierungskoalition gibt es einige Streitpunkte - und auch das Agieren von Ministerpräsident Dietmar Woidke sorgt für Verwunderung.
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Potsdam - Ein Jahr ist die rot-rote Koalition in Brandenburg wieder im Amt - und es herrscht weitgehend Schweigen in der Staatskanzlei. Zu wichtigen Fragen wie der geplanten Kreisreform oder den Turbulenzen um den Pannenflughafen BER schickt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seine Minister vor. Woidke sei öffentlich kaum noch wahrnehmbar, heißt es selbst aus den Reihen der eigenen Koalition verwundert. Und dort mehren sich die Bruchstellen.
So hat der Regierungschef immerhin die Flüchtlingspolitik zur Chefsache erklärt und eine Begrenzung gefordert. Doch im Bundesrat musste er sich Mitte Oktober bei der von ihm selbst maßgeblich ausgehandelten Verschärfung des Asylrechts enthalten - wegen des massiven Widerstands der Linken.
Umstrittene Kreisreform: Woidke schickt Innenminister Schröter vor
Beim größten Reformvorhaben der SPD, dem neuen Zuschnitt der Verwaltungen und Landkreise wegen des Bevölkerungsrückgangs, folgen die Linken auch nur widerwillig. "Erst einmal muss die neue Verteilung der Aufgaben zwischen dem Land und den Kommunen geklärt werden, bevor über neue Landkreise gesprochen wird", stellt Linken-Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige klar. Woidke schickte dafür seinen Innenminister Karl-Heinz-Schröter (SPD) ins Feuer der Bürgerversammlungen, wo ihm meist Ablehnung entgegenschlug.
Woidke schweigt dazu; auch als Schröter zum Ende der für ihn frustrierenden Bürgerkonferenzen vage Ideen äußerte, man könne auch die Verwaltung straffen, ohne die Landkreise neu aufzuteilen. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel bringt das auf die Palme. "Was wir in dieser Situation grundsätzlich vermissen, ist eine klare Positionsbestimmung von Ministerpräsident Dietmar Woidke", sagt er. Auf den Oppositionsbänken unterstützen nur die Grünen die Reform.
Die CDU im Landtag und ihr Verhältnis zur AfD
Auch in der Schulpolitik liegen die Koalitionäre weit auseinander. Die Linke will angesichts sinkender Schülerzahlen auf dem Lande Gemeinschaftsschulen von der ersten bis zur Abschlussklasse. Doch die SPD will den Schulfrieden und damit das dreigliedrige Schulsystem erhalten. "In dieser Frage gelingt es den Linken gut, ihr Profil zu zeigen", urteilt der Potsdamer Politologe Jochen Franzke. "Aber das ist keine gemeinsame Landespolitik."
Die Opposition vermag von dem Streit in der Koalition kaum profitieren. Die Christdemokraten kauen noch an der verpatzten Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl im Herbst 2014. Und sie müssen ihr Verhältnis zur AfD klären. Immerhin haben sie mit den Landtagsabgeordneten Anja Heinrich und Saskia Ludwig zwei Abweichler in den eigenen Reihen, die entgegen der Fraktionslinie einem Antrag der AfD zustimmten. Deren Fraktionschef Alexander Gauland sieht daher bereits die Front der Ablehnung im Landtag bröckeln. "Ich habe nichts anderes als Ablehnung von der CDU erwartet", sagte Gauland. "Aber da hat man gesehen, dass die Reihen nicht so fest geschlossen sind."
Rot-Rot steht in Brandenburg ungefährdet da
CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben wirft der AfD dagegen "blanke Polemik" und "populistische Schaufensteranträge" vor. Mit den Grünen sei eine punktuelle Zusammenarbeit möglich, meint Senftleben. "Aber Koalitionen gibt es in der Opposition nicht." So sieht das auch Vogel. In der vergangenen Wahlperiode sei immer wieder eine produktive Zusammenarbeit von CDU, Grünen und FDP gelungen, sagt er. "Mit der AfD-Fraktion, die üble Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betreibt und unter Gauland immer weiter Richtung Rechtsextremismus abgleitet, verbietet sich jegliche Kooperation."
So steht Rot-Rot in Brandenburg erst einmal ungefährdet da - doch aus Sicht von Franzke fehlen der Landesregierung zukunftsweisende Projekte. Der von Woidke propagierte Erhalt der Braunkohle sei nicht zukunftsfähig. "Hier fehlt ein großer Wurf, der die Zukunft der Energieversorgung mit der Zukunft der Lausitz verbindet und daraus ein Landesprojekt macht", sagt Franzke. (dpa)
Klaus Peters
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