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Von Thorsten Metzner: Woidke fährt Opposition in die Parade

SPD-Fraktion für Untersuchungsausschuss zur Stolpe-Ära, um Enquete-Kommission abzuwenden

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Potsdam - Im Streit um eine Aufarbeitung der Ära des ersten SPD-Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, in der Brandenburg als „kleine DDR“ galt, überraschen die Sozialdemokraten mit einem ungewöhnlichen Vorstoß: SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke sprach sich am Dienstag gegenüber den PNN für einen „Untersuchungsausschuss“ aus – und zwar anstatt der von der „Jamaika-Opposition“ geplanten Enquete-Kommission zur „Aufarbeitung der Aufarbeitung“ in der Nachwendezeit. Für deren Einsetzung haben Grüne, CDU und FDP ohnehin die nötigen Stimmen im Landtag.

Die Anregung für den Untersuchungsausschuss, die die SPD am Dienstag in der Fraktion diskutierte, geht auf den Abgeordneten Andreas Kuhnert zurück. Zur Begründung führte Woidke an, dass eine Enquete-Kommission nach dem geltenden Gesetz eine „wesentliche“ künftige Entscheidung des Landtages vorbereiten muss: Die einzige Kommission dieser Art, die es in Brandenburg gab, hatte die letzte Gemeindegebietsreform entwickelt. Die Opposition wolle aber, so Woidke, nach allen Verlautbarungen die Vergangenheit „untersuchen“, etwa Widersprüche und Ungereimtheiten bei der ersten Stasi-Überprüfung des Landtages 1991 oder den Umgang mit SED-Eliten und Staatssicherheit im Land. „Wenn nicht klar ist, wohin man will, wenn man Geschichte untersucht, dann ist dafür ein klassischer Untersuchungsausschuss das Instrument.“ Und der, dies wäre die Folge, müsste sich auch mit dem Stolpe-Untersuchungsausschuss befassen, der von 1992 bis 1994 die Stasi-Verstrickungen des früheren Konsistorialpräsidenten aufzuklären versuchte.

Tatsächlich tut sich die „Jamaika“-Opposition“ schwer, einen Arbeitsauftrag für die „Enquete-Kommission“ zu formulieren. Grüne, CDU und FDP wollen sich dafür noch einige Wochen Zeit lassen. „Man braucht Sorgfalt bei der Formulierung, um dem Gesetz gerecht zu werden“, erklärte CDU-Fraktionschefin Johanna Wanka dazu gestern.

Unterdessen hält der Umgang mit der Vergangenheit Rot-Rot weiter in Atem. So will das Regierungsbündnis kurzfristig die in der Wirkung verheerende seit 22. Dezember 2009 geltende Anerkennung von Dienstzeiten bei Staatssicherheit und Grenztruppen für Jubiläumsvergütungen von Beamten rückgängig machen. Die gilt seit einem Erlass des vom Linken Helmuth Markov geführten Finanzministeriums. Seine Staatssekretärin Daniela Trochowski habe bei der Abzeichnung die Brisanz nicht erkannt, hieß es. Woidke sagte, dass die Koalition im Februar – ohne die übliche, aber zeitaufwendige Kabinettsbefassung – dafür im Landtag eine Novelle des Landesbeamtengesetzes verabschieden will. Nach dem den PNN vorliegenden Entwurf soll in Anlehnung an das Bundesgesetz bei Beamtenjubiläen keine Anrechnung von Zeiten bei Stasi, Grenztruppen und Tätigkeiten einer „besonderen persönlichen Nähe zum System“ möglich sein, also bei hohen Funktionen in SED, Blockparteien, FDJ und DDR-Massenorganisationen. Wie viele Landesdiener es betrifft, ist unklar. Seit dem Pannen-Erlass hat bislang, so das Finanzministerium, kein Beamter eine Berücksichtung von Stasi- und Grenzdienst bei Jubiläumsvergütungen beantragt.

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