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Brandenburg: Woidke verhandelt Atterwaschs Zukunft Energiewende: Proteste gegen Tagebaue in Lausitz und im Bund Koalitionsgespräche mit Regierungschef

Atterwasch - Für die Kohlegegner in der Lausitz verheißt es nichts Gutes: Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) saß am gestrigen Donnerstag in Berlin bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU zum Thema Energiewende am Verhandlungstisch. Der SPD-Politiker hat sich mehrfach gegen einen zügigen Kohleausstieg ausgesprochen.

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Atterwasch - Für die Kohlegegner in der Lausitz verheißt es nichts Gutes: Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) saß am gestrigen Donnerstag in Berlin bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU zum Thema Energiewende am Verhandlungstisch. Der SPD-Politiker hat sich mehrfach gegen einen zügigen Kohleausstieg ausgesprochen. Er hält die klimaschädliche Stromproduktion in den Lausitzer Kohlekraftwerken wegen der Versorgungssicherheit noch für „mindestens 30, 40 Jahre“ für nötig. Dafür aber sind neue Tagebaue nötig. Für Atterwasch, ein kleines Dorf im Landkreis Spree-Neiße mit 250 Einwohnern, bedeutet das – wie für mehrere andere Orte in der Lausitz auf brandenburgischer und sächsischer Seite – das Aus. Doch einfach hinnehmen wollen das die Einwohner nicht. Auch weil Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) in den 1990er-Jahren versprochen hatte, Horno werde das letzte Dorf sein, das abgebaggert wird.

Am gestrigen Donnerstag protestierte deshalb in Atterwasch das Bündnis „Heimat und Zukunft“ mit einem Dorffest gegen die Zerstörung von Dörfern für den Braunkohletageabbau. Es war das dritte Mal in Folge, dass sich Lausitzer Kohlegegner in dem Dorf an einem Reformationstag versammelt haben. Unterstützt wird das Bündnis von Politikern, Umweltverbänden, Kirchen und Agrarbetrieben. Neben Atterwasch sollen Grabko und Kerkwitz für den vom Energiekonzern Vattenfall geplanten Tagebau Jänschwalde-Nord weichen. Ab 2020 sollen die Einwohner umgesiedelt werden. Andernorts könnte das schon früher der Fall sein. Beim Tagebau Welzow-Süd II sind das Dorf Proschim und Teile von Welzow betroffen. Weiter südlich, kurz hinter der Landesgrenze in Sachsen, sollen mehrere Dörfer für den Tagebau Nochten II abgebaggert werden. Insgesamt plant Vattenfall fünf neue Tagebaue in der Lausitz, mehr als 3000 Menschen sind betroffen.

„Irgendwann muss Schluss sein mit dem Klima- und Heimatkiller“, sagte die Grünen-Landeschefin und Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock in Atterwasch. Sie forderte Woidke auf, „den Menschen in Atterwasch und anderen Dörfern die Heimat und die Zukunft zu erhalten“. Mit nur einem neu erschlossenen Tagebau wären die Klimaziele Brandenburgs obsolet. Gleichzeitig würden Tausende Menschen ihre Heimat verlieren. Zudem erinnerte sie an die Langzeitfolgen des Kohleabbaus wie die Verockerung der Spree. Die CDU-Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner sagte: „Die Energiewende ist die Reformation des 21. Jahrhunderts.“ Reinhard Jung, Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg, erklärte, es gehe um die grundsätzliche Frage, ob „man 2000 Menschen von Haus und Hof jagen darf, damit 5000 Menschen Arbeit haben, und ob man für ein paar Jahre dreckige Energie Felder, Wälder und Dörfer in den Abgrund reißen darf“.

Zumindest besteht für die Kohlegegner noch Hoffnung, wie Stephan Pütz aus Immerath (Nordrhein-Westfalen) berichtete. Er kämpft seit 15 Jahren gegen den Tagebau Garzweiler II des Energiekonzerns RWE und klagte vor den Bundesverfassungsgericht. Noch in diesem Jahr wird ein Urteil erwartet. Pütz beruft sich auf das Grundrecht auf Freizügigkeit. Daraus leitet er ein Grundrecht auf Heimat ab. Wenn man überall in Deutschland leben könne, dürfe man im Umkehrschluss auch überall bleiben. Tagebaue gehörten nicht zu den Ausnahmen, dieses Grundrecht einzuschränken.Alexander Fröhlich

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