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Ratlos? Der Leiter der Soko Grenze Jens Starigk (v.r.), Polizeipräsident Arne Feuring und Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Freitag in Potsdam: Trotz sinkender Kriminalität steigt der Anteil der Diebstähle beständig an.

© Bernd Settnik/dpa

Grenzkriminalität: Woidkes Aktion

Der schwierige Kampf der Polizei gegen die Grenzkriminalität

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Potsdam - Es war ein Großeinsatz, wie ihn die Ermittler der Soko „Grenze“ seit Anfang Januar 826 Mal gefahren haben. 160 Polizisten richtete am vergangenen Mittwochmorgen in der Uckermark, in Märkisch Oderland, Oder-Spree und Frankfurt (Oder) Kontrollstellen ein. Neben gestohlenen Fahrzeugen suchten die Beamten gestohlene Werkzeuge, Diesel oder Firmenelektronik. Bereits gegen sechs Uhr sichteten die Polizisten den ersten gestohlenen Audi auf der A12 in Richtung Polen. Drei Stunden später erspähten die Polizisten einen Porsche. Beide Fahrer raste trotz Haltezeichen davon. Beamten fanden beide Wagen später verlassen vor. Und die Polizei nahm zwei Polen fest, in ihrem Golf lagen zwei Kanister mit Diesel und ein Absaugschlauch: Verdacht auf Dieselklau. Die Bilanz des Tages: 268 kontrollierte Fahrzeuge, 388 kontrollierte Personen, zwei Festnahmen, drei sichergestellte Fahrzeuge, fünf Strafanzeigen.

Ob das Ergebnis den Aufwand der Polizei, die den Kampf gegen Grenzkriminalität zu ihrem Schwerpunkt gemacht hat, rechtfertigt, kann Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) nicht genau sagen. Aber er lasse sich „lieber Aktionismus als Untätigkeit vorwerfen“. Drei der insgesamt vier Hundertschaften hatte Woidke Anfang Januar für den Kampf gegen den grassierenden Klau von Autos, Bau- und Agrarfahrzeugen, Diesel und Werkzeug abgestellt. Ihr Einsatz wurde jetzt um drei Monate bis Ende Juni verlängert. Eine Ende des Großeinsatzes ist nicht absehbar. Zudem stockte die Polizeiführung die Soko „Grenze“ von 80 auf 90 Beamte auf, die Ermittler sind jetzt landesweit aktiv. Brandenburg ist Transitland, die wichtigste Trasse für den europäischen Ost-West- Verkehr führt durch die Mark. Woidke sagt, es geht um ein europäisches Problem, von dem Brandenburg an der Wohlstandsgrenze zu Polen besonders betroffen sei. Beim Autoklau sind mehr als zwei Drittel der gefassten Täter Ausländer – und zwar Polen und Litauer. Sie sind Handlanger, die für gut organiserte Banden Bestelllisten abarbeiten und die Autos gen Osten fahren.

Woidke war es , der vor einem Jahr gesagt hat, was seine Vorgänger im Amt des brandenburgischen Innenministers bis dahin nie gewagt haben: Das es seit dem Beitritts Polens zum Schengenraum und dem Wegfall der Grenzkontrollen Ende 2007 doch ein Problem mit Grenzkriminalität gibt. Worüber die Menschen entlang der Oder und Neiße schimpften – das trauten sich die Politiker lange nicht auszusprechen. Sei es aus Rücksicht vor den polnischen Nachbarn, wegen des sensensiblen Verhältnisses oder aus Furcht vor Rechtsextremen, die bei den Bürgern mit fremdenfeindlichen Sprüchen punkten. Es ist wohl Woidkes Herkunft, er wohnt bei Forst an der Neiße, er kennt die Stimmung bei den Menschen an der Grenze. Ende vergangenen Jahres dann warnte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), die Grenzkriminalität könne das deutsch-polnische Verhältnis belasten.

Die Opposition ist skeptisch. Das Problem sei nicht mit „Schnellschüssen“ lösbar, sagt CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher. Der Stellenabbau müsse gestoppt werden, es brauche „ein tragfähigesKonzept“. Für Woidke ist die Bilanz des Großeinsatzes im Januar und Februar ein Erfolg. 36 gestohlene Fahrzeuge, 117 Diebstahlsdelikte und 64 Diebstähle von oder aus Kraftfahrzeugen wurden festgestellt, 73 Tatverdächtige gefasst. Vielleicht wurden die Täter auch einfach abgeschreckt. Jetzt sollen die Polizisten mehr zivil unterwegs sein. Denn die Banden haben sich auf die Großkontrollen eingestellt. Ihre Späher warnen rechtzeitig davor.

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