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Von A. Fröhlich, T. Metzner und U. Zawatka-Gerlach: Wowereit gibt Verzögerung zu
Mögliche Verschiebung des BBI-Eröffnungstermins aber „deutlich unter einem Jahr“. Aufsichtsrat entscheidet Ende Juni
- Alexander Fröhlich
- Thorsten Metzner
- Ulrich Zawatka-Gerlach
Stand:
Potsdam – Wegen des drohenden Verzugs beim Bau des Großflughafens BBI in Berlin-Schönefeld lotet die brandenburgische Landesregierung offenbar bereits Regressforderungen aus. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) lässt alle Verträge mit am Bau beteiligten Firmen prüfen. Das sagte er am Dienstag allerdings nicht auf der kurzfristig anberaumten Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag, sondern nur am Morgen vor der hinter verschlossenen Türen tagenden Linksfraktion. Diese Prüfung werde „möglicherweise mit Konsequenzen verbunden“ sein, hieß es. Christoffers geht von einem möglichen Zeitverzug von einem halben Jahr aus. „Der 30. Oktober 2011 bleibt die Orientierung, aber wenn das objektiv nicht geht, ziehen wir die Konsequenzen“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist. Eine mögliche Verschiebung des Eröffnungstermins werde aber „deutlich unter einem Jahr“ liegen.
Wowereit hofft, dass sich die Probleme – neue Sicherheitsanforderungen und Planungsdefizite nach der Insolvenz einer Firma - „mit harter Arbeit“ lösen lassen, ohne den Zeit- und Kostenplan für BBI zu sprengen. „Das wird jetzt ganz sauber abgearbeitet.“ Über das Schicksal des Eröffnungstermins werde der Aufsichtsrat am 25. Juni entscheiden. Die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund seien „nicht in Panik“, so Wowereit. Seit Beginn des Flughafenbaus 2004 sei es gelungen, auch „Mega-Probleme“ zu lösen. „Den Druck nehmen wir jetzt nicht vom Kessel.“ Den BBI-Geschäftsführern Rainer Schwarz und Manfred Körtgen sprach Wowereit zumindest öffentlich das Vertrauen aus.
Doch hinter den Kulissen gärt es weiter. Aus Brandenburger Regierungskreisen verlautete, das Vertrauensverhältnis zur BBI-Geschäftsführung um Flughafenchef Rainer Schwarz sei gestört. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kam nach einem Telefonat mit Schwarz am Vormittag „wutentbrannt“ in die SPD-Fraktion. Zu personellen und finanziellen Konsequenzen äußerte sich Platzeck dort allerdings nicht. Das Projekt BBI sei auf der Zielgeraden, Alternativen auch am Bau seien daher nur schwer vorzunehmen. Allerdings müsse sich Schwarz nun erklären, da er beim Terminal-Richtfest Anfang Mai am Zeit- und Kostenrahmen festgehalten habe, sagte SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke. Tatsächlich hatten Platzeck und Wowereit zum Richtfest noch gesagt, das der Bau im Zeit- und Kostenrahmen geblieben sei und Verzögerungen durch den harten Winter zum Teil hätten aufgeholt werden können.
Die nun plötzlich drohende Verspätung bei der Eröffnung des BBI, die Umstände des Bekanntwerdens und die bisherigen Erklärungen der Verantwortlichen, stellen die Opposition nicht zufrieden. FDP und Grüne im Landtag warfen Platzeck vor, seine Aufsichtspflicht „grob vernachlässigt“ zu haben und forderten den Regierungschef zum Rückzug aus dem Aufsichtsrat auf. „Am besten, der Ministerpräsident verzichtet und entsendet jemanden, der die Aufgabe erledigen kann, der sich auskennt und die Zeit dafür hat“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz erklärte, der Aufsichtsrat hätte von der aktuellen Situation „nicht überrascht sein dürfen“. Zudem warnte Goetz vor den wirtschaftlichen Folgen: Der Bauverzug sei für BBI-Mieter wie Läden und Restaurants, aber auch für Ansiedlungen im Umfeld des Flughafens „existenzgefährdend“.
Die von der CDU beantragte Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag, an der Schwarz, Körtgen und Christoffers teilnahmen, brachte wenig Neues. Einhellig wurde die mangelhafte Kommunikation kritisiert, sowohl „zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat, aber auch in Richtung Parlament und Öffentlichkeit“, so der Vorsitzende, der frühere Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD): „Das hätte besser laufen können.“ Dellmann betonte, er sehe bei der Geschäftsführung „keine Versäumnisse.“ Die CDU-Opposition sieht das anders – bei Geschäftsführung und Aufsichtsrat. „Es ist offenkundig so“, sagte der Abgeordnete Dierk Homeyer, „dass alle das Problem unterschätzt haben.“ Flughafenchef Schwarz sagte, dass nach der Insolvenz der Planungsfirma seien 60 neue Planer rekrutiert worden sind, man weiter Fachplaner suche. Bisher seien erst 40 Prozent der Planungsleistungen. Auch mögliche Kostensteigerungen beim BBI schloss Schwarz nicht aus. Es sei aber nicht erkennbar, „dass uns die Businesspläne um die Ohren fliegen.“
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