Flughafen-Doktor: Wowereit stellte Körtgen trotz Promotion ein
Alle Verantwortlichen wussten von Anfang an, dass Flughafen-Manager Manfred Körtgen, für den Bau zuständiger Geschäftsführer und Chefplaner des Hauptstadt-Airports in Schönefeld, nebenbei an seiner Doktorarbeit schrieb.
Stand:
Das hat die Staatskanzlei von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitagabend dieser Zeitung bestätigt, während sich Berlins Regierender Klaus Wowereit (SPD) zu der Frage in Schweigen hüllte. „Die laufende Promotion von Herrn Körtgen war zu dessen Einstellungstermin 2004 von ihm bekannt gegeben worden, deshalb bedurfte es keiner gesonderten Genehmigung“, erklärte Regierungssprecher Thomas Braune auf die Frage, ob Platzeck - Vizechef im Flughafen-Aufsichtsrat - vom Nebenjob des Flughafenmanagers wusste.
Wie berichtet hatte Körtgen seine Doktorarbeit im Frühsommer 2010 fertiggestellt, als der Fahrplan zur damals geplanten Eröffnung des BER im Oktober 2011 bereits kollabierte. Ehe Körtgen 2004 angeheuert wurde, hatten Berlin, Brandenburg und der Bund als Gesellschafter des vorher ins Trudeln geratenen 2,4-Milliarden–Projektes lange vergeblich nach einem Baumanager gesucht. Dies ist wohl der Grund, dass man den Nebenjob Körtgens (Jahresgehalt 230 000 Euro, Tantieme 45 000 Euro) in Kauf nahm.
Während Platzeck einige Fragen beantwortete, schwieg Klaus Wowereit, zur Promotion, aber auch zu anderen Detailfragen des BER-Desasters. Die Senatskanzlei verwies bei Anfragen an Wowereit, die seine Funktion als Aufsichtsratsmitglied betreffen, an die Flughafengesellschaft, aber auch dort gab es keine Antworten. Unklar bleibt auch ein anderer Sachverhalt: Wurde der Aufsichtsrat darüber informiert, dass der Tüv Rheinland für die abschließende Prüfung der Brandschutzanlage noch keinen Termin erhalten hat? Und hat der Aufsichtsrat in Kauf genommen, auch ohne die Tüv-Prüfung den Flughafen zu eröffnen? Welche Hinweise gab es im März, dass der Eröffnungstermin nicht zu halten sein wird, und warum wurde trotzdem daran festgehalten? Auch dazu keine Auskünfte von der Senatskanzlei.
Auch beim dritten Gesellschafter des Flughafens, dem Bund, herrscht vornehme Zurückhaltung zu all den Fragen. Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Mitglied im Aufsichtsrat, will sich zu Sitzungsinterna nicht äußern. Ein Sprecher sagte dieser Zeitung: „Natürlich gab es Hinweise auf zeitkritische Aspekte und Risiken. Es wurde den Anteilseignern seitens der Flughafengeschäftsführung jedoch stets versichert, dass diese rechtzeitig in den Griff zu bekommen sind und der Flughafen pünktlich am 3. Juni 2012 eröffnet werden kann.“ Staatssekretär Bomba habe in den Sitzungen, auch in der bisher letzten am 20. April 2012, ausdrücklich nachgefragt, ob der Starttermin 3. Juni 2012 zu halten sei. Der Bund sieht nun den Flughafen in der Pflicht. „Jetzt geht es darum, zu klären: Warum und auf welcher Sachlage wurde die Entscheidung für eine Verschiebung des Starttermins getroffen und warum so spät? Wer trägt dafür die Verantwortung? Welcher Schaden entsteht dadurch? Wann kann eröffnet werden? Auf diese Fragen muss die Geschäftsführung des Flughafens Antworten liefern“.
Keiner will also etwas geahnt haben. Dabei werden nach und nach Details bekannt, die hätten aufhorchen lassen müssen. So akzeptierte der Aufsichtsrat am 20. April, dass der Flughafen in den ersten Wochen mit einer „teilmanuellen“ Begleitung – Hunderten Hilfskräften, die im Brandfall die Türen öffnen sollten – starten sollte. Und der Landesrechnungshof Brandenburg hat im letzten Jahresbericht, veröffentlicht im November 2011, das Finanzministerium des Landes gerügt, dass es beim BER-Bau Versäumnisse und Lücken im Controlling gibt. Es ging um die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WBPG, die im Auftrag der Gesellschafter den Baufortschritt kontrolliert – zur Überwachung der öffentlichen Bürgschaften für den 1,4-Milliarden-Kredit. Und die war laut Rechnungshof zu lax, die Informationskette nicht klar. Dabei ermögliche erst „die Festlegung bestimmter Vortragspflichten“, dass „die Entscheidungsträger rechtzeitig über Entwicklungen unterrichtet werden und Entscheidungen treffen können, um Nachteile für das Land zu vermeiden“. Ausdrücklich wurde auf den damals geplatzten BER-Eröffnungstermin hingewiesen. „Die Umstände, die hierzu geführt haben, waren von der WPBG bereits Monate vor der Entscheidung an das Finanzministerium berichtet worden.“ Hinweise gab es auch diesmal. So meldete die WPBG im April, dass sich Bereiche der Gebäudeausstattung wie die Entrauchungsanlage „auf einem kritischen Weg“ befinden. Die Prüfer hätten aber angemerkt, so das Finanzministerium, dass der Eröffnungstermin „nicht angezweifelt“ werde.
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