zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Auch die Bettensteuer sorgt für Ärger

Die neue Linie der SPD gegen die Tourismusabgabe stößt in Potsdam auf ein geteiltes Echo: Die Handwerker sind erleichtert, die TMB gibt sich fassungslos – und der Linke-Fraktionschef spöttelt

Stand:

Der überraschende Schwenk der Rathauskooperation von einer Tourismusabgabe zu einer Beherbergungssteuer zur Verhinderung eines Pflichteintritts für den Park Sanssouci stößt in der Stadt auf ein geteiltes Echo. Der Verband des Hotel- und Gaststättengewerbes kündigte als Interessenvertreter der unmittelbar Betroffenen bereits rechtliche Schritte an, falls die sogenannte Bettensteuer tatsächlich eingeführt werde (siehe Interview).

Bei der Potsdamer Handwerkskammer gab man sich erfreut. „Wir sind froh, dass hier die Vernunft gesiegt hat“, sagte Jürgen Rose, Präsident der Handwerkskammer. Die Tourismusabgabe wäre für viele Betriebe eine große Belastung mit bürokratischen Aufwand und Kosten gewesen.

Am Montagabend war auf einer Sitzung der Rathaus-Kooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP beschlossen worden, auf die monatelang vorbereitete Tourismusabgabe zu verzichten, offenbar hat sich die SPD dem Druck der vielen Kritiker gebeugt. Stattdessen soll nun eine Bettensteuer eingeführt werden, um der Schlösserstiftung jährlich eine Million Euro für die Parkpflege zu überweisen. Nach einem Beschluss des Stiftungsrates aus Vertretern des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg muss bis Ende Juni eine Vereinbarung mit der Stadt über die Kostenbeteiligung gefunden werden, sonst wird der Eintritt für den Park Sanssouci eingeführt.

Zuletzt sollte zur Finanzierung eine Abgabe von 15 000 Potsdamer Gewerbetreibenden erhoben werden. Für diese Lösung hatten sich die SPD und die Linke starkgemacht. Entsprechend süffisant reagierte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg auf den Schwenk von SPD-Chef Mike Schubert: „Berechenbar ist nur seine Unberechenbarkeit.“

Tatsächlich präferiert Schubert nun die Bettensteuer nach dem Vorbild Lübecks. Dort gibt es sie seit Anfang 2012. Jährlich kassiert die Hansestadt eine gute Million Euro von ihren Übernachtungsgästen. Im Jahr 2012 gab es 1,4 Millionen davon – ein Rekord. Politisch wird über die Abgabe dennoch diskutiert. „Viele fänden eine Tourismusabgabe gerechter“, sagte Lübecks Stadtsprecherin Nicole Dorel. Doch ob die Steuer wieder gekippt wird, sei offen. In Lübeck haben sich bei der Kommunalwahl am vergangnen Sonntag die Mehrheiten verschoben: Stärkste Kraft ist jetzt die SPD, die in Lübeck gegen die Bettensteuer ist.

In Potsdam zürnen gegen diese Abgabe nicht nur der direkt betroffene Hotel- und Gaststättenverband, sondern auch die Potsdamer Industrie- und Handelskammer (IHK) lehnt sie ab. „Die Bettensteuer ist nicht akzeptabel“, sagte Barbara Nitsche, die bei der IHK für Tourismus zuständig ist. So werde ein Teil einer Branche besteuert, der keinen direkten Zusammenhang mit den Parks der Schlösserstiftung habe. Tagestouristen würden gar nicht erfasst. Angesichts laufender juristischer Auseinandersetzungen in anderen Städten sehe die IHK viele schwierige Fragen. Die Absage an die zunächst geplante Tourismusabgabe sehe die IHK nur als Teilerfolg, so Nitsche. Auch Dieter Hütte als Chef der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH äußerte sein Unverständnis über den Schwenk von der Tourismusabgabe zur Bettensteuer: „Offensichtlich geht es hier nicht mehr um eine fachlich durchdachte Lösung, sondern nur noch um eine rein politische“, sagte Hütte.

Was von der Tourismusabgabe übrig bleibt, ist unklar. Für die Satzung war eigens externe juristische Beratung eingeholt worden. Über Monate gab es eine Arbeitsgruppe in der Stadtverwaltung aus den Fachbereichen Recht, Wirtschaftsförderung und Steuern. Es sei von Kosten in Höhe von mehreren Zehntausend Euro auszugehen, hieß es. CDU-Fraktionschef Horst Heinzel sagte, die gewonnenen Erkenntnisse und Statistiken seien zumindest für weitere Debatten zum Tourismus in der Stadt nützlich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })