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Aus dem Haus Hohenzollern: Ein Diamant auf Reisen

Im Mai wird der Beau Sancy, ein Kronjuwel der Preußen, bei Sotheby’s versteigert – jetzt wird er weltweit ausgestellt

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Potsdam - Noch gut sieben Wochen. Am 15. Mai um 17 Uhr wird der Diamant Beau Sancy beim Auktionshaus Sotheby’s in Genf versteigert. Die knapp sieben Gramm schwere Preziose gilt als der wertvollste unter den preußischen Kronjuwelen, sie ist seit 310 Jahren im Besitz des eng mit Potsdam verknüpften Hauses Hohenzollern. Der geschichtsträchtige Diamant schmückte auch Königinnen und Könige aus Frankreich, England und den Niederlanden. Georg Friedrich Prinz von Preußen, Chef des Hauses Hohenzollern, lässt ihn versteigern, um seinen finanziellen Verpflichtungen als Oberhaupt der weitverzweigten Familie nachkommen zu können (PNN berichteten). Mit 1,5 bis drei Millionen Euro Erlös kann er den Schätzungen zufolge rechnen.

Bereits jetzt können potenzielle Käufer das tropfenförmige Juwel im Doppel-Rosenschliff besichtigen – in Hongkong. Dort ist der Stein seit Freitag zu sehen. Es ist der Beginn einer Ausstellungstour durch mehrere finanzkräftige Metropolen der Welt: Noch bis Montag bleibt der Beau Sancy in Hongkong, nach Ostern ist er dann in den Sotheby’s-Dependancen in New York, Rom, Paris und London zu Gast, Anfang Mai in Zürich und schließlich ab dem 11. Mai in Genf.

Über die Reisevorkehrungen für die millionenschwere Fracht hält man sich bei Sotheby’s freilich bedeckt. „Wir arbeiten mit Experten“, versichert Selei Serafin, die Unternehmenssprecherin, auf Anfrage: „Details können wir aus Sicherheitsgründen nicht offenlegen.“

Eine bewegte Reise hat der Diamant bereits in der Vergangenheit zurückgelegt: In mehr als 400 Jahren nahm er den Weg durch vier europäische Herrscherhäuser. Seinen Namen bekam der Beau Sancy vom ersten Käufer. Der französische Diplomat und Finanzmann Nicolas de Harlay, Sieur de Sancy, kaufte den Stein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Konstantinopel. Laut Sotheby’s stammt der Diamant höchstwahrscheinlich aus den Minen nahe Golconda in Zentral-Indien, der geschichtsträchtigen Quelle anderer weltberühmter Diamanten wie der Hope oder der Koh-i-Noor.

1604 kaufte der französische König Henri IV. das Juwel für seine zweite Ehefrau Maria de’ Medici. Sie trug den Beau Sancy in ihrer Krone, als sie am 13. Mai 1610 zur französischen Königin gekrönt wurde – nur einen Tag, bevor ihr Ehemann einem Attentat zum Opfer fiel.

Maria flüchtete in die Niederlande, wo sie – hoch verschuldet – ihre Besitztümer verkaufen musste. 1641 wechselte der Beau Sancy schließlich den Besitzer: Prinz Frederik Henrik von Oranien-Nassau, der Statthalter von Holland, kaufte ihn für 80 000 Gulden. Das war in jenem Jahr der größte Posten im Staatshaushalt. Mit dem Diamanten wurde wenig später die Hochzeit von Heinrich Friedrichs Sohn mit Maria Henrietta Stuart, der Tochter des englischen Königs Karl I., besiegelt. Nach dem Tod ihres Mannes ging Maria Stuart mitsamt ihrer Schmuckschatulle nach England zurück, der Diamant wurde wegen Geldmangels zwischenzeitlich verpfändet. Erst 1677 war er zurück im Hause Oranien-Nassau.

Über Maria Henriettas Schwiegertochter Maria Stuart gelangte der Stein schließlich an deren Enkel Kurfürst Friedrich III., der 1701 zum ersten preußischen König Friedrich I. gekrönt wurde. Er ließ den Beau Sancy in die Königskrone einsetzen. Als größter Edelstein in der Sammlung des Hauses Preußen wurde er von Generation zu Generation bis heute weitervererbt. Getragen wurde er von den Frauen der Familie, er schmückte das Kleid einer jeden neuen königlichen Braut am Hochzeitstag – zuletzt allerdings in der Kaiserzeit.

Als Georg Friedrich Prinz von Preußen im vergangenen August in Potsdam Sophie Prinzessin von Isenburg das Ja-Wort gab, trug die Braut den Beau Sancy jedoch nicht, wie Michaela Blankart, die Leiterin der Generalverwaltung des Hauses Hohenzollern, den PNN sagte. Der Edelstein war in den vergangenen 50 Jahren insgesamt nur vier Mal öffentlich zu sehen – in Helsinki, Hamburg, Paris und zuletzt 2004 in München bei der Ausstellung „Schatzhäuser Deutschlands - Kunst in adligem Privatbesitz“.

Bei den Hohenzollern ist er nie Teil einer öffentlich ausgestellten Sammlung gewesen, betont Michaela Blankart: Der Diamant sei an einem „sehr privaten Ort“ aufbewahrt worden. Auch für Sotheby’s ist die Versteigerung des geschichtsträchtigen Familienerbstückes ein Ereignis: „Der Beau Sancy ist einer der faszinierendsten und romantischsten Edelsteine, die je zur Auktion angeboten wurden“, sagt David Bennett, Chef der Juwelenabteilung für Europa und den Nahen Osten: „Es ist für Sotheby’s ein immenses Privileg, diesen Verkauf begleiten zu dürfen.“ Noch sieben Wochen. Dann fällt der Hammer.

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