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Potsdam Heute, 31. Januar 2025: Potsdams Brandmauer steht
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Stand:
Guten Morgen,
in Potsdam steht die Brandmauer. Anders ist das Signal, das gut 150 Menschen am Donnerstag in der Heinrich-Mann-Allee setzten (T+), nicht zu interpretieren. Sie kamen am Vormittag zusammen, um gegen einen Wahlkampfstand der AfD vor dem Humboldt-Gymnasium zu protestieren. Die vom Brandenburger Verfassungsschutz als „rechtsextremer Verdachtsfall“ beobachtete Partei hatte sich direkt vor der Schule postiert – obwohl die meisten Schülerinnen und Schüler zur Bundestagswahl gar nicht wählen dürfen, weil sie noch nicht volljährig sind.
Der Hintergrund der AfD-Provokation: Angeblich sei die Partei nicht zu einer politischen Podiumsdiskussion der Schule am 2. Januar eingeladen worden. Die organisierenden Schüler und die Schulleitung hatten das dementiert und versichert, die AfD per E-Mail eingeladen zu haben (T+). Die AfD-Vertreter vor Ort blieben bei ihrer Position, es habe sie keine Einladung erreicht. Doch den entsprechenden Facebook-Post, der die AfD als Opfer von Ausgrenzung bei der Schul-Debatte darstellte, löschte die AfD immerhin.
Eine Motivation für viele, besonders an diesem Tag gegen die AfD zu protestieren, sei die Abstimmung im Bundestag über die Verschärfung der Migrationspolitik von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Vortag gewesen, berichtet meine Kollegin Katharina Federl, die in der Heinrich-Mann-Allee vor Ort war. Dass der CDU-Chef wissend und billigend zugelassen hat, dass die teils rechtsextreme AfD seiner Politik zu einer parlamentarischen Mehrheit verhilft, habe viele der Potsdamer AfD-Protestler erschüttert und entsetzt.
Angefasst zeigte sich auch die Potsdamer Grünen-Bundestagsdirektkandidatin und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Sie hatte ihren großen Wahlkampfauftritt am Mittwochabend unter freiem Himmel im Schirrhof in der Schiffbauergasse. Als Baerbock vor laut den Grünen 1400 Zuschauern auf die Bühne trat, war die Abstimmung im Bundestag gerade einmal eine Stunde her.
„Alles bricht auseinander“, sagte die Potsdamerin hörbar bewegt. Es sei ein Tag, „an den wir uns erinnern werden“. Die Bundesministerin blieb während ihrer 45-minütigen Rede allein auf der Bühne. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck, dessen Auftritt in Potsdam lang angekündigt war, musste laut Baerbock im Bundestag bleiben und zur Wirtschaftspolitik Auskunft geben. PNN-Redakteurin Sandra Calvez hat den Baerbock-Auftritt verfolgt. Hier lesen Sie ihren Beitrag (T+).

© Andreas Klaer
Bereits gestern gingen bundesweit Menschen auf die Straße, um gegen einen Schulterschluss von CDU und AfD und für den Erhalt der Brandmauer einzutreten. In Berlin musste deshalb das Konrad-Adenauer-Haus, die CDU-Parteizentrale, geräumt werden.
In Potsdam ist Protest für Sonntag angekündigt. Das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ hat zu einer Kundgebung um 14 Uhr auf dem Alten Markt aufgerufen. „Wir sehen mit größter Sorge, wie zunehmend versucht wird, unser gesellschaftliches Fundament zu untergraben“, heißt es in dem Aufruf des Bündnisses, das von 73 Institutionen, Vereinen und Organisationen der Stadt getragen wird. Potsdams CDU allerdings hatte jüngst mit einem Austritt aus dem Bündnis geliebäugelt (T+).
In Potsdam ist Protest für Sonntag angekündigt. Das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ hat zu einer Kundgebung um 14 Uhr auf dem Alten Markt aufgerufen. „Wir sehen mit größter Sorge, wie zunehmend versucht wird, unser gesellschaftliches Fundament zu untergraben“, heißt es in dem Aufruf des Bündnisses, das von 73 Institutionen, Vereinen und Organisationen der Stadt getragen wird. Potsdams CDU allerdings hatte jüngst mit einem Austritt aus dem Bündnis geliebäugelt (T+).
Und wie reagierte Brandenburgs Landespolitik gestern auf die Vorgänge in Berlin? Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schwieg und überließ die Kommentierung dem neuen SPD-Generalsekretär Kurt Fischer. Der warf Merz einen „historischen Tabubruch“ vor. Anders sieht das SPD-Koalitionspartner BSW. Die Wagenknecht-Partei ist der Meinung, die Ausgrenzung der AfD sei gescheitert. Einen Überblick mit allen Reaktionen lesen Sie hier.
Meine Leseempfehlung für diese politisch aufwühlenden Tage ist ein Gastbeitrag von Martin Sabrow für Tagesspiegel und PNN. Der Zeithistoriker, ehemals Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, beantwortet die Frage, ob die Demokratie im Umgang mit der Rechten eher von der Bekämpfung durch Abgrenzung profitiert oder von der Entzauberung durch Einbindung. Sabrow argumentiert, dass die „Geschichte der Zerstörung der Demokratie bis 1933 eine klare Antwort“ darauf gebe. Welche es ist, lesen Sie hier in Martin Sabrows Gastbeitrag (T+).
Auch im heutigen Newsletter:
- Darüber spricht die Stadt: Kommt das Aus für das Rechenzentrum?
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