
© A. Klaer
Direktorin des Potsdam Museums erhält Foerster-Preis: Undercover ins Alte Rathaus
Den Potsdamern ihr Museum nahegebracht: Jutta Götzmann, Direktorin des Potsdam Museums, bekommt deswegen heute den Wilhelm-Foerster-Preis der Urania verliehen.
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Potsdam - Der Blick aus Jutta Götzmanns Arbeitszimmer, rechts oben unterm Dach, ist phänomenal. Und immer wieder anders, je nach Baufortschritt an der Alten Fahrt. Der Italiener und der Bäcker haben bereits geöffnet, Bewegung kommt ins Viertel. Die Museumschefin findet das gut. Der Alte Markt mit den historischen Fassaden im italienischen Stil könnte durchaus noch etwas südländische Lockerheit gebrauchen. So wie sie es aus Rom kennt, wo sie studiert hat. „Da sind wir als Deutsche etwas hinterher, was das betrifft“, sagt Götzmann.
Und trotzdem kehrte die Kunsthistorikerin der Ewigen Stadt den Rücken und bewarb sich 2008 auf die ausgeschriebene Stelle als Museumsdirektorin. „Es klang so verlockend, das Museum neu aufzustellen“, sagt sie. Viel ist passiert seitdem, das Museum am Alten Markt ein Highlight mit einer guten Besucherbilanz. Am heutigen Donnerstag bekommt Jutta Götzmann auch deshalb den Wilhelm-Foerster-Preis der Urania Potsdam verliehen: für in „Brandenburg tätige WissenschaftlerInnen, die mit ihrer Arbeit zu einer möglichst umfassenden Publizierung und Popularisierung ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse beitragen.“
Neue Ideen, neuer Standort
Was sehr theoretisch klingt, bedeutet in ihrem Fall: das Museum in die Öffentlichkeit, dicht an die Menschen heran zu tragen. Eine Herausforderung. „Stadtmuseen sind in der öffentlichen Wahrnehmung heute weniger präsent. Die Menschen gehen lieber in spezielle Themen-Museen“, sagt Götzmann. Um das Publikum zurückzugewinnen, mussten neue Ideen her. Und auch ein neuer Standort. Götzmann kann sich noch erinnern, wie sie 2008 Potsdam besuchte, auf Tuchfühlung mit dem vielleicht neuen Arbeitsplatz und Lebensort ging. Der Alte Markt war eine Baustelle, die Grube für das Landtagsschloss schon ausgehoben. Undercover besuchte sie das Alte Rathaus, damals noch Kulturhaus. Und der Mann an der Kasse wunderte sich über die Besucherin, die für die Ausstellung kein Interesse zeigte, stattdessen durch alle Etagen und Treppenhäuser schlich. „Ich wollte mir natürlich das Haus anschauen“, sagt sie. Dem Sicherheitsmann, der ihr nachlief, sagte sie, sie habe sich verlaufen.
Auch das Potsdam Museum am damaligen Standort in der Benkertstraße besuchte sie. Was für eine kleine Hütte, dachte Götzmann. Wenn das Museum dort geblieben wäre, wäre sie nie hierhergekommen. So aber freute sie sich über diese Herausforderung, ein neues Konzept zu entwickeln, das Museum komplett neu aufzustellen, über das Bekenntnis der Stadt zu dem ehrgeizigen Vorhaben.
Andere Perspektive auf Potsdams Geschichte
Irgendwas mit Kunst wollte Jutta Götzmann immer schon machen, studierte in Münster und Rom Kunstgeschichte, Deutsche Philologie und Erziehungswissenschaft. Sie ist zunächst eine Wissenschaftlerin, die gern höchst detailliert und ausführlich Themen entwickelt. Doch ihr ist auch klar: Ohne neue und moderne Ideen lassen sich Inhalte kaum in die Öffentlichkeit transportieren. Das spiegelt sich im Museumskonzept wider. Die Geschichte Potsdams wird vornehmlich an der Bevölkerung, an einzelnen Menschen entlang erzählt, das Bürgertum kommt zu Wort, nicht nur die Vertreter der königlichen Dynastien. 2014 gab es eine Sonderausstellung zum Ersten Weltkrieg – aus der Perspektive einer ganz normalen Stadt und ihrer Bürger. „Bei uns leitet eine Frau die militärhistorische Sammlung, die schaut da ganz anders drauf“, sagt Götzmann.
Sie kuratiert gern Sonderausstellungen zu Künstlern, die einen lokalen Bezug haben, wie kürzlich die Ausstellung über Magda Langenstraß-Uhlig, Malerin der Moderne, die lange Zeit in Bergholz-Rehbrücke lebte. Demnächst kommt eine Ausstellung der Potsdamer Fotografin Monika Schulz-Fieguth. Die Leute, sagt Götzmann, fühlen sich einfach mehr angesprochen, wenn sie eine lokale Verortung, eine Verbindung spüren.
Wenn das Museum zum Aufenthaltsort wird
Um mehr Besucher ins Haus zu bekommen, wurden zudem neue Führungen entwickelt. Im Museum findet Kunstunterricht für Kinder statt, es gibt Führungen nach Feierabend für Menschen mit Sehbehinderung. Fast immer ausgebucht sind der „Silver Salon“, eine Führung für Senioren, die mit Kaffee und Kuchen abschließt, und die Kuratorenführungen mit einem Glas Prosecco. „Da kommt es natürlich nicht auf den Kaffee oder Prosecco an sich an, aber man bleibt deswegen noch ein wenig beisammen, man kommt ins Gespräch. Das Museum wird zum Aufenthaltsort.“
Kürzlich hat eine Kommission der Kulturstiftung des Bundes ihr Museum besucht. „Eine große Ehre“, sagt die Direktorin. Auch, dass man sie bat, Jurymitglied der Stiftung, die Fördermittel an kleinere und mittelgroße Stadtmuseen vergibt, zu werden. Das ist genau das Thema der Frau, die es schaffte, das unscheinbare Stadtmuseum aus dem Holländischen Viertel ins Zentrum Potsdams zu rücken.
Potsdam - ein guter Ort zum Bleiben
Neben ihrer Arbeit im Museum ist Götzmann Vorsitzende im Beirat für Kunst im öffentlichen Raum, der beispielsweise den Skulpturenpfad entwickelt, ist Vorsitzende des Fachbeirats der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte und im Vorstand des Kunstvereins Kunsthaus. Nach Jahren des Pendelns durch ganz Deutschland ist Potsdam ein guter Ort zum Bleiben geworden. Ihr Mann war anfangs nicht so begeistert. Der Mediziner kam erst ein Jahr später aus Frankfurt am Main hierher, seitdem lebt das Paar in Berlin-Charlottenburg, mittig zwischen beiden Arbeitsplätzen.
Nach Feierabend macht Götzmann gern Sport, Kickboxen oder mit dem Rennrad den Kronprinzessinnenweg entlang – eine ihrer Lieblingsstrecken. Den besten Espresso gibt es in der Gutenbergstraße bei den Espressonisten, kleine Reminiszenz an Italien. Zu ihren Lieblingsorten gehört die Freundschaftsinsel, das vom Gartenkünstler Karl Foerster angelegte Gartenparadies. Über den nach dessen Vater benannten Preis freut sie sich sehr. „Das ist ein schönes Feedback. Manchmal weiß man gar nicht, wie die eigene Arbeit von anderen wahrgenommen wird“, sagt Götzmann. Sie befinde sich da zudem in guter Gesellschaft – frühere Preisträger waren unter anderem Hans Joachim Schellnhuber und Hans-Joachim Giersberg.
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