Landeshauptstadt: Wider den Sanssouci-Zoll
Im Stiftungsrat der Schlösserstiftung wechselt das Personal – ein Parkeintritt wird nun unwahrscheinlicher
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Sanssouci - Alles ist offen: Die Stadt Potsdam muss nach 2018 womöglich keine Millionenzahlungen mehr an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) leisten. Dabei galt eigentlich als gesetzt: Wenn sich die Stadt nach 2018 dafür entscheidet, nicht mehr jährlich eine Million Euro an die Stiftung zu überweisen, dann wird der umstrittene Pflichteintritt für den Park Sanssouci fällig.
Dass es diesen Automatismus in Wahrheit gar nicht gibt, bestätigte ein Sprecher der Berliner Senatskanzlei für Kultur auf PNN-Anfrage. Das Dezernat führt aktuell den Stiftungsrat der Schlösserstiftung. Dieser Rat – besetzt mit jeweils drei Vertretern der Länder Brandenburg und Berlin sowie des Bundes – müsste also, falls die Stadt Potsdam nach 2018 nicht mehr zahlt, erneut einen Beschluss zum Parkeintritt fällen, so der Sprecher. Schließlich handele es sich um ein Thema von übergeordneter Bedeutung.
Seit 2014 überweist Potsdam für fünf Jahre je eine Million Euro an die Schlösserstiftung. Diesen Vertragsschluss hatte der Stiftungsrat damals zur Bedingung gemacht, sonst wäre ein Pflichteintritt für den Park Sanssouci in Höhe von zwei Euro pro Besuch eingeführt worden.
Schon vor 2014 war in dem Gremium und in der schon damals rot-roten Brandenburger Landesregierung der Parkeintritt umstritten: Das Linke-geführte Finanzministerium und die Staatskanzlei unter SPD-Führung waren dagegen, das Kulturministerium unter seiner früheren Ministerin Sabine Kunst (damals parteilos, jetzt SPD) dafür. So konnten sich die Gegner des Parkeintritts aus Brandenburg nicht gegen Bund und Berlin durchsetzen. Inzwischen aber steht nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl ein Wechsel der Berliner Mitglieder an, die Brandenburger sind bereits andere als damals.
So ändern sich auch die Vorzeichen in Sachen Parkeintritt. Im Koalitionsvertrag der neuen rot-rot-grünen Berliner Regierung heißt es allgemein: „Die Koalition wird (...) dafür sorgen, dass gesunde Luft, weniger Lärm, sauberes Wasser, Grünflächen, Parks, Flüsse und Seen für alle zugänglich sind.“ Die Berliner Grünen hatten sich in ihrem Wahlprogramm noch eindeutiger festgelegt: „Parks sollen frei zugänglich sein.“ Klar ist außerdem, dass der Berliner Linken-Vorsitzende neuer Kultursenator wird – sein Vorgänger Tim Renner ist derzeit noch Chef des Stiftungsrats. Offiziell hielten sich die drei neuen Partner in der Berliner Koalition auf PNN-Anfrage noch mit Äußerungen zurück.
Von der Berliner SPD sagte Parteisprecherin Marisa Strobel, zum Parkeintritt in Potsdam sei bei den Koalitionsverhandlungen nicht gesprochen worden. Allerdings verwies sie auf einen Passus im Vertrag, in dem sich die drei Koalitionspartner grundsätzlich für eine Absenkung von Zugangshürden für Kultur aussprechen, so die Sprecherin.
Die Berliner Linke, ohnehin für mehr kostenlose Angebote, wird nun von den Parteigenossen im Land Brandenburg bearbeitet. So fordert Potsdams Linke-Kreischef Sascha Krämer seine Parteifreunde jetzt direkt auf: „Ich habe die Hoffnung, dass mit der neuen Konstellation im Stiftungsrat den Wünschen nach einem Parkeintritt ein Riegel vorgeschoben wird.“ Es müsse neu über die nachhaltige Finanzierung der Stiftung debattiert werden, die mit dem Eintrittsgeld das enorme Pflegedefizit in Sanssouci und den beiden anderen Potsdamer Welterbeparks abbauen will. Hier seien aber Berlin, Brandenburg und der Bund in der Pflicht zu zahlen, so Krämer.
In Potsdam hatte sich in der Stadtpolitik in den vergangenen Jahren ohnehin die Ablehnung verstärkt, weiter an die Stiftung zu zahlen. Zwar wurde zur Finanzierung eine Bettensteuer beschlossen, doch angesichts nötiger Investition würden die zusätzlichen Einnahmen an anderer Stelle mehr helfen – etwa für Schulneubauten, die Millionen kosten. Bereits diese Woche hatte sich dazu auch Peter Schultheiß zu Wort gemeldet, der als Chef der Wählergruppe Potsdamer Demokraten in der SPD-Fraktion sitzt. Er rechnete vor, dass mit der Millionensumme jeder der 170 000 Potsdamer jährlich bereits jetzt im Schnitt knapp sechs Euro an die Schlösserstiftung zahle – ob er den Park nutzt oder nicht. Touristen könnten ihn dagegen kostenlos nutzen. Daher solle Potsdam keine Steuergelder mehr an die Stiftung zahlen, so Schultheiß weiter.
Mit der neuen Konstellation im Stiftungsrat scheint in die Debatte um die Fortführung der Millionenzahlungen zusätzlicher Schwung zu kommen – weil eben völlig ungewiss ist, ob die Überweisungen nach 2018 tatsächlich noch nötig sind, um einen Parkeintritt zu vermeiden. Für das Land Brandenburg sitzen – anders als vor einigen Jahren mit der besten Finanzlage seit 1990 ausgestattet – neue Vertreter im Stiftungsrat: Kulturministerin Martina Münch und der Vertreter des Landes beim Bund und früherer Kultur-Staatssekretär, Martin Gorholt (beide SPD). Gorholt wollte sich inhaltlich nicht äußern – auch weil er noch nicht lange im Stiftungsrat sei. Zudem müsse erst einmal mit Berlin gesprochen werden. Auch Münch ließ über einen Sprecher mitteilen, der Stiftungsrat werde sich zu gegebener Zeit mit dem Pro und Contra zum Parkeintritt beschäftigen – oder über Alternativen debattieren. Wie auch immer sie aussehen.
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