Von Klaus Büstrin: Ein einziges Bild aus unserer Zeit
Der letzte Teil unserer Serie zur Ausstellung in den Römischen Bädern
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Im Jahr der Graphik 2009 beteiligt sich auch die Graphische Sammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten mit der Ausstellung „Die Römischen Bäder in Bleistift, Feder und Wasserfarbe“ bis zum 26. Juli in den Römischen Bädern im Park Sanssouci an den vielfältigen Aktivitäten Graphischer Sammlungen in ganz Deutschland. In einer losen Artikelfolge, die heute beendet wird, stellen wir Arbeiten der Ausstellung vor. Heute: Eine Radierung von Walter Herzog.
Der Grafiker Walter Herzog war mit seinen Arbeiten besonders zu DDR-Zeiten ein beliebter Künstler. Denn die Erfahrungen von Enge implizierte die Sehnsucht nach Weite. Das kann man bei den Romantikern des 19. Jahrhunderts genauso beobachten wie bei denen, die 150 Jahre später aufbrachen, die ohne Resignation mit Fantasie ihre Träume in die Wirklichkeit umsetzten. Walter Herzog schuf und schafft sich seine Welt mit Bildern, irgendwie immer im romantischen Gestus. Die Maxime des 1936 in Dresden Geborenen und seit vielen Jahren in Berlin Lebenden lautet: „Vergängliches festhalten, Schönes bewahren und erzeugen.“
Walter Herzog studierte Architektur. „Er weiß um die zunehmende Herrschaft der Technik und deren Folgen. So betreibt er rasch noch Spurensicherung“, heißt es in einem Katalog zu einer Ausstellung des Künstlers. Der postmoderne Grafiker kennt die berühmten und weniger bekannten Parkanlagen und Schlösser in Berlin und Brandenburg bestens, hinterfragt die Architektur- und Naturerlebnisse und bringt sie mit großem Detailbewusstsein als Radierung ins Bild.
Auch der Park Sanssouci ist immer wieder sein Ziel. In der aktuellen Grafik-Ausstellung in den Römischen Bädern kann man ein Blatt dieses Areals von ihm – leider nur von einem Künstler der Gegenwart – entdecken. Vom Ankauf von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts ist bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gegenwärtig wohl nicht die Rede. Dafür gibt es keinen Etat. Die vorrangige Devise heißt natürlich bewahren. Doch schmückt man sich mit Leihgaben von Kunst aus unserer Zeit, beispielsweise mit der Druckgrafik eines erstaunlich braven Porträts Friedrich des Großen des Pop-Künstlers Andy Warhol oder mit gelegentlichen Ausstellungen, die von der Arbeitsgruppe der Stiftung „Zeitgenössische Kunst“ initiiert werden. Zu DDR-Zeiten war die staatliche Schlösserverwaltung beim Ankauf fleißiger. Natürlich hatte dies mit Persönlichkeiten zu tun, die sich für die Öffnung der Einrichtung für Künstler der Gegenwart einsetzten, mit deren Sicht und Interpretation des Kulturerbes Sanssouci man sich in Ausstellungen auseinandersetzen konnte. So wie die Kunsthistoriker Sybille Harksen und Heinz Schönemann sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pädagogischen Abteilung, die mit jährlich veranstalteten Grafikausstellungen in der Turmgalerie der Sanssouci-Orangerie qualitätsvolle Akzente in der zeitgenössischen Kunstszene Potsdams setzten. Leider mussten sich diese wunderbar anregende Aktionen Mitte der neunziger Jahre verabschieden.
Gekauft wurde Kunst besonders in den späten 70er und frühen 80er Jahren, vor allem über den Kulturfonds der DDR, dessen Geldtöpfe mit der Abgabe von fünf Pfennigen bei jeder Veranstaltung gefüllt wurde. Davon konnte auch die Schlösser-Verwaltung profitieren. So erwarb sie Plastiken unter anderen von Gerhard Lichtenfeld oder Hedwig Bollhagen, die nach wie vor die Besucher des Neuen Gartens erfreuen.
Dadurch sind aber auch nahezu 500 Blätter in das Eigentum der Stiftung übergegangen. „Man hat vor allem Arbeiten einheimischer Künstler gesammelt, leider nicht systematisch“, erzählt Claudia Sommer, Leiterin der Graphischen Sammlung sowie der Plankammer der Stiftung. So entdeckt man bekannte Namen von Potsdamer Malern und Grafikern wie Hubert Globisch, Heinz Böhm, Gottfried Höfer, Barbara Raetsch, Christian Heinze oder Wolfgang Liebert. „Meist richteten die Künstler den Blick auf das Schloss Sanssouci und seiner näheren Umgebung, nicht traditionell, wie die Besucher es wollen, sondern mit ganz eigenen Sichten und Kompositionen.“ Beim Durchblättern einer Grafik-Mappe mit Sanssouci-Ansichten fallen die Arbeiten von Heinz Böhm besonders auf. Mit einem großen Spannungsbogen wusste er das Weinbergschloss aufs Papier zu bannen.
Erstaunlich, dass das romantische Areal der Römischen Bäder nur mit einem einzigen Blatt in der Sammlung vertreten ist: Mit Walter Herzogs Radierung aus dem Jahre 1977. Der Künstler schaute sich in der Großen Laube um, brachte die harmonische Ansammlung architektonischer Details, den römischen Marmorsarkophag, den wasserspeienden Butt, antike Säulenfragmente, ein in die Mauer eingelassenes Terrakottarelief aufs Blatt. Natürlich mit seinen eigenen künstlerischen Empfindungen neu komponiert und durch die Sepiafarben in ein warmes Licht gehüllt. Ein reizvoller Dialog von Kunst und Geschichte findet darauf statt. Der künstlerische Blick von heute auf das Gestern sollte Aufgabe der Stiftung sein.
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