Kultur: Licht für den Raum
An der Arbeitsstelle für Glasmalerei entstand ein Buch zu Fenstern von Kirchen
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An der Arbeitsstelle für Glasmalerei entstand ein Buch zu Fenstern von Kirchen Von Götz J. Pfeiffer So seltsam es klingen mag: Selbst in der gut durchforschten Kulturlandschaft Potsdams gibt es weiße Flecken. Wer kennt schon das große Glasgemälde mit Albrecht dem Bären und Friedrich Wilhelm IV. in der Kapelle zu Klein-Glienicke? Wer weiß von den Fenstern mit den Monogrammen preußischer Könige in der Friedenskirche? Der erst 2000 erschienene Band des Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler in Brandenburg erwähnt sie nicht. Damit blieben diese und andere Kostbarkeiten der Öffentlichkeit wie der Forschung unbekannt und verborgen. Doch diesen Mangel heilt das jüngst erschienene die „Glasmalereien des 19. Jahrhunderts“ in Berliner und Brandenburger Kirchen. Herausgeber des Bandes, der nicht nur im handlichen Taschenbuchformat, sondern auch zu einem vergleichsweise geringen Preis von 12,90 Euro angeboten wird, ist die Potsdamer Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung, die am Neuen Markt residiert. Die Autoren der kompakten Beiträge sind der Leiter der Arbeitsstelle, Dr. Frank Martin, und die Kunsthistorikerin Angela Klauke. Gefördert wurden bereits die in gleicher Aufmachung erschienenen Bände zu Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt aus Mitteln der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg. Als Vertreterin der Stiftung zeigte sich Patricia Werner bei der Buchpräsentation von der Qualität des Buches wie von der Arbeit der Potsdamer Glasmalerei-Forscher überzeugt. Man sei auf Wissenschaftler getroffen, die von ihrer Aufgabe beseelt seien. Und wenn im Frühjahr 2004 das Buch zur Glasmalerei des 19. Jahrhunderts in Sachsen erscheinen wird, werde nach sechsjähriger Förderung eines der umfangreichsten und längsten Projekt der Stiftung seinen guten Abschluss finden. Die Beschäftigung mit dem objektreichen Themenkomplex ist um so bemerkenswerter, da die kunstwissenschaftliche Forschung zur Glasmalerei des 19. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen steckt. Erst zwei Dissertationen und eine Ausstellung in Erfurt beackerten seit 1987 das weite Gebiet. Da mussten die beiden Autoren Klauke und Martin in zweijähriger Arbeit wie Feldforscher vorgehen. Erst wurden Fragebögen an die Gemeinden geschickt, ob Glasmalerei der Zeit zwischen 1800 und 1914 bei ihnen vorhanden sei, darauf wertete man die Rückläufe aus, um dann alle viel versprechenden Objekte vor Ort zu begutachten, zu fotografieren und zu beschreiben. Zu Hilfe kam einwenig älteres Kurzinventar, das Mitte der 90er Jahre ebenfalls an der Potsdamer Arbeitsstelle entstanden war. Den meist eine Seite umfassenden Beiträgen zu jeder Kirche sieht man diese mühevolle Kleinarbeit nicht an. Nach möglichst eingehaltenem Schema beginnen die alphabetisch nach Ortsnamen geordneten Einträge mit einer knappen Charakterisierung der Kirche und wichtigen Baudaten, um den größten Raum der Beschreibung den Glasfenstern vorzubehalten. Motive und Bildprogramme sind benannt, Bibelstellen werden aufgeführt oder zitiert, Spruchbänder und Inschriften gelesen. So steht unter den genannten Herrscherfenster der Kapelle in Klein-Glienicke: „Zum Gedächtniß an Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Carl von Preußen, Gemahlin des Durchlauchtigsten Herrenmeisters - geb. 3. Feb. 1808, gest. 18. Jan. 1877, gestiftet am 26. Mai 1877 von Johanniter Rittern.“ Weiteren Überblick bieten die abschließenden Angaben zu Maltechnik und Restaurierungen, gefolgt von abgekürzten Literaturangaben, die im Anhang aufgelöst werden. Wichtige Werke sind in ganzseitigen, farbigen Tafeln wiedergegeben, im Text finden sich schwarz-weiße Abbildungen. Damit ist eine glückliche Lösung zwischen abkürzungsreichem Handbuchstil und ausufernden Beschreibungen erreicht. Der Kunstinteressierte kann zu bekannten Orten auf Entdeckungstour gehen und sich im Sessel oder vor Ort die Glasmalerei des 19. Jahrhunderts erklären lassen. Die materialreich e Einleitung bietet einen guten Einstieg. Auch dem Fachwissenschaftler werden wichtige Informationen zu jedem Objekt geboten. Hilfreich die Register der Werkstätten und der Künstler, nützlich die Zeittafel datierter oder datierbarer Werke und das ikonographische Verzeichnis, alles im Anhang. Ein Interesse weckendes Schlaglicht auf die bisher wenig beachtete Glasmalerei zwischen 1800 und 1914 geworfen zu haben, ist das Verdienst des empfehlenswerten Bandes. Angela Klauke / Frank Martin: Glasmalerei des 19. Jahrhunderts, Leipzig: Edition Leipzig, 2003, 12,90 Euro. Mehr zur Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung: www.bbaw.de/forschung/cvma/index.html
Götz J. Pfeiffer
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