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Kultur: Mit oder ohne Flanierstock

Von Bayern nach Italien. Reise Friedrich Wilhelms IV. auf Skizzen von Stüler in den Römischen Bädern

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Nicht nur einen Flanierstock hatte König Friedrich Wilhelm IV., sondern er konnte auf eine Auswahl von mehr oder weniger kunstvollen zurückgreifen. Der Stock wurde damals selten als Gehhilfe benutzt. Er galt als Standessymbol. Aber vielleicht hat der Monarch ihn während seiner letzten Reise nach Bayern und Italien in den Jahren 1858/59 doch in Anspruch nehmen müssen, zur Unterstützung seiner Spaziergänge. Denn sie wurden für ihn immer beschwerlicher. Die Krankheit – Arteriosklerose mit einhergehenden Schlaganfällen – machte ihm sehr zu schaffen.

Flanierstöcke des Königs kann man als liebenswertes Zubehör in der gestern eröffneten Ausstellung in der ehemaligen Hofgärtnervilla in den Römischen Bädern in Augenschein nehmen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg hat aus ihrer reichhaltigen Grafischen Sammlung die letze Reise Friedrich Wilhelms IV. und seiner Frau, Königin Elisabeth, dokumentiert. Anhand von Bleistift- und Zeichenfederskizzen, die teilweise aquarelliert sind, ist die Reise nachempfunden. Sie stammen von dem Architekten des Königs, Friedrich August Stüler, Nachfolger Karl Friedrich Schinkels und Ludwig Persius“. Er gehörte zum großen Tross, der sich im Sommer 1858 nach Bayern und Italien aufmachte. Es war die vierte Reise des preußischen Monarchen nach Italien. Fast der gesamte Hofstaat des Königs reiste mit. 81 Personen waren in 19 Kutschen unterwegs, nicht nur Hofdamen und Kammerherren, auch Köche, Küchendiener, Silberwäscherinnen, Garderobiere, Schneider, Wagenmeister und Hausknechte. Und auch der Architekt und Zeichner Stüler als wichtiger Berater Friedrich Wilhelms und Elisabeths in künstlerischen Fragen.

Jeder Tag der Reise wurde in den Adjutantenjournalen dokumentiert. Mit wem man sich traf und welchen Weg die hohen Herrschaften nahmen, alles wurde genau notiert. Auch dass man den Aufenthalt am Tegernsee nach vier Wochen abbrechen und die Weiterreise nach Italien aufgeben musste. Der kranke, regierungsunfähige König fuhr nämlich zurück nach Potsdam, um seinen Bruder Wilhelm, den späteren Kaiser Wilhelm I., die endgültige Regentschaft zu übertragen. Nun war Friedrich Wilhelm frei von allen politischen Tagesgeschäften. Einer erneuten Reise nach Italien, dem Land der Sehnsucht, stand nichts mehr im Wege.

Am 12. Oktober 1858 machten sich Friedrich Wilhelm und Elisabeth gen Süden auf. Friedrich August Stüler gehörte wiederum zu den wichtigsten Reisebegleitern der königlichen Gesellschaft. Es ging zunächst nach Meran in Südtirol, dann nach Florenz, Rom und Neapel. In der „Ewigen Stadt“ nahm das preußische Königspaar Quartier in der Villa Caffarelli auf dem Kapitol. Die Villa war Sitz des preußischen Gesandten und preußisches Eigentum.

Stüler zeichnete vor allem die Lieblingsplätze der Königin und des Königs. Neunzig Blätter sind entstanden, siebzig hat die Kuratorin der Ausstellung, Evelyn Zimmermann, für die Ausstellung ausgewählt. Die genauen, liebevollen und zum Teil atmosphärisch dichten Darstellungen der Architekturen erwecken auch in dem heutigen Betrachter die Sehnsucht, wieder einmal in den Süden zu reisen, sich auf bayrischen Bauernhöfen zu erholen, spazieren zu gehen auf berühmten Terrassen und Straßen, Villen, Schlösser oder Burgen zu besichtigen – in Südtirol oder in Florenz, Rom, Neapel. Stüler hat die Reiseroute fleißig auf Ansichten festgehalten. Er wählte dafür handliche Formate. Sie wurden dem König bereits abends vorgelegt. Die zeichnerische Auslese des Architekten in Rom war aber geringer als die an anderen Orten. Er musste den König bei dessen häufigen Atelierbesuchen von Künstlern begleiten. Dabei erwarb man zahlreiche Kunstschätze, die vor allem in der neuen Orangerie im Park Sanssouci Platz finden sollten. Die erste Lieferung nach Potsdam umfasste 54 Kisten, unter anderen die Marmorplastik Knabe mit Hund von Moritz Schulz, die in der Stüler-Ausstellung Platz gefunden hat.

Ein Spaziergang mit oder ohne Flanierstock zu den Römischen Bädern ist also lohnenswert. Ein Stück Italien ist einem dort nah.

Römische Bäder Sanssouci, Bis 31.10., 10-17 Uhr, Mo. geschlossen. Katalog 14,80 Euro. So., 5. 8., 11 Uhr, Lesung: „Im Gegenlicht. Eine italienische Reise“ von Joachim Fest.

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