Kultur: Raum und Zeit
Der irische Autor Hugo Hamilton ist in Potsdam „Artist in Residence“
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Der irische Autor Hugo Hamilton ist in Potsdam „Artist in Residence“ Von Klaus Büstrin Drei Monate wird der irische Schriftsteller Hugo Hamilton in Potsdam wohnen, dort, wo man schnell die Glienicker Brücke erreicht, falls er Sehnsucht nach der großen Stadt Berlin haben sollte. Aber der still, behutsam und bescheiden wirkende Hamilton wird wohl eher in dem beschaulichen Potsdam bleiben, denn er möchte, wie er selbst sagte, vom Schreiben nicht abgelenkt werden. Er wurde von der zur Commerzbankgruppe gehörenden Eigentümergesellschaft der Villenanlage Arcadia in der Berliner Vorstadt eingeladen, als „Artist in Residence“ in einer der Villen zu wohnen und zu arbeiten, in jenem Areal, wo für die meisten Potsdamer der Besuch an der Sperre endet. Die Eigentümer wollen auch in der Zukunft Schriftsteller, Philosophen oder Maler einladen, „Artist in Residence“ zu werden. Musiker, die auf einem Instrument proben, oder Bildhauer, die Platz benötigen, Staub aufwirbeln und – wie die Musiker – bei der Arbeit „lärmen“, sind in Arcadia nicht willkommen. Die stille Kunst ist hier gefragt. Großer Bahnhof bei der Begrüßung des Schriftstellers im Alten Rathaus. Brandenburgs Kulturministerin Prof. Johanna Wanka, Potsdams Kulturbeigeordnete Gabriele Fischer sind erschienen. Der Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Potsdam 2010 GmbH, Moritz van Dülmen, blieb der Veranstaltung fern. Wegen Krankheit hieß es. Daraufhin unterhielt sich das „Präsidium“, wie hoch die Temperaturen bei Fieber sein dürfen, wenn man an solch einer Veranstaltung nicht teilnehmen könne. Van Dülmen hatte die Absicht, Hamilton zum Botschafter für die Bewerbung Potsdams zur Kulturhauptstadt 2010 zu ernennen. Nun muss dieser formelle Akt nachgeholt werden. Prof. Wanka lobte in ihrer kurzen Begrüßungsrede das staatliche und private Engagement in Sachen Kultur und verwies auf eine ganze Reihe von Schriftstellern, die im Brandenburgischen ihre Wurzeln haben beziehungsweise längere Zeit in dieser Landschaft lebten. „Der Künstler braucht Zeit und Raum, um arbeiten zu können. Bei Arcadia wird Hugo Hamilton dies finden.“ Dann zitierte sie ein Wort des Schriftstellers, das auf dem Cover zum neuen Buch Hamiltons, „Gescheckte Menschen“ (Knaus Verlag), zu lesen ist: „Wenn du klein bist, weißt du nichts. Als ich klein war, erwachte ich in Deutschland. Ich hörte die Glocken, rieb mir die Augen und sah, wie der Wind die Vorhänge bauschte. Ich stand auf, sah aus dem Fenster und erblickte Irland“. Hamiltons Mutter war eine Deutsche, die nach Irland auswanderte, der Vater Ire, ein Nationalist. Im Elternhaus durfte zwar Deutsch gesprochen werden, aber auf Geheiß des Vaters kein Wort Englisch. Am intensivsten pflegte man in der Familie das Gälische. In „Gescheckte Menschen“ beschreibt der Autor (geb. 1953), der bisher fünf Romane geschrieben hat, seine Kindheit in Dublin. „Ein hinreißend schönes Buch mit einem wunderbaren Sinn für Humor und einem Hauch von Tragik. Ich habe die Lektüre sehr genossen.“ Mit dieser Hymne von Hamiltons Kollegen Bernhard Schlink wirbt der Münchener Verlag für das Buch. Der Verein Berliner Vorstadt hat den Schriftsteller bereits zu einer Lesung am 3. September eingeladen. Wo? Natürlich in die vornehme Villa Kampffmeier. Auch das Brandenburgsiche Literaturbüro hat sich des Schriftstellers bemächtigt. Es schickt ihn zu einer Lese-Veranstaltung nach Wittstock. Hamilton will aber in erster Linie in Potsdam in Ruhe arbeiten. „Diese wunderschöne Stadt wollen meine Familie und ich genießen“, sagt der Schriftsteller. Wichtig ist ihm noch die Erklärung, dass Irland allein mit Kultur die Weltbühne betrat. Im Alten Rathaus macht er „keinen Wind um sich“. Still wie er gekommen ist, verabschiedet sich der Bestsellerautor in Richtung „Arcadia“.
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