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Auf der Spielzeit-Pressekonferenz 2025/26 (von links nach rechts): Chefdramaturgin Bettina Jantzen, Geschäftsführer Marcel Klett und Intendantin Bettina Jahnke in der Tischlerei.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Viele Klassiker, viel Hoffnung: Das plant das Potsdamer Hans Otto Theater in der nächsten Saison

Das Stadttheater will inmitten der schlechten Nachrichten Hoffnung schöpfen. Dafür holen sie in der neuen Spielzeit zahlreiche Klassiker ins Heute.

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In Leonard Cohens Lied „Anthem“ heißt es „There’s a crack in everything. That’s how the light gets in.“ Den Blick auf diesen Lichtstrahl zu lenken, könnte man sagen, hat sich das Hans Otto Theater (HOT) für 2025/26 vorgenommen. Trotz aller negativen Nachrichten, Schlagzeilen, Polykrisen: „Es gilt, in irgendeiner Art Hoffnung zu schöpfen“, so Intendantin Bettina Jahnke bei der Vorstellung der kommenden Spielzeit.

Weitermachen: „Nach dem zu suchen, was uns motivieren kann, die Welt auch in unserem Sinn zu verändern.“ Brüche und Veränderungen sind der Stoff, aus dem Theater schöpft. Wie das Hans Otto Theater sie in Hoffnung und Aufbruch verwandeln will, haben Bettina Jahnke, Chefdramaturgin Bettina Jantzen und Geschäftsführer Marcel Klett am Freitag in der HOT-Tischlerei skizziert. Geplant sind 18 Premieren, darunter eine Uraufführung. Mehr als die Hälfte sind Klassiker, die das HOT ins Heute holt.

Christa Wolf zum Auftakt

Den Auftakt am 26. September macht die Uraufführung von „Also träumen wir mit hellwacher Vernunft“: Der Abend widmet sich Leben und Werk der Schriftstellerin Christa Wolf. Verwoben mit ihrem Leben lässt Regisseur Sascha Hawemann („Mephisto“) ihre Texte sprechen: von DDR, Hoffnung, repressiven Machtstrukturen und dem Widerstand dagegen.

Intendantin Bettina Jahnke stellte die neue Spielzeit in der HOT-Tischlerei vor.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Die weibliche Perspektive auf die Welt zieht sich durch den gesamten Oktober: so auch in Bettina Jahnkes Inszenierung von Heinrich Kleists Klassiker „Der zerbrochne Krug“. Einhergehend mit der Frage danach, wer den Krug zerbrochen hat, geht es hier auch um Gerechtigkeit, Klassenunterschiede – und sexuellen Missbrauch.

Zeitgenössisch wird es in „Heartship“ der mehrfach preisgekrönten Schriftstellerin Caren Jeß, eine gleichermaßen zornige wie humorvolle Kampfansage an das Patriarchat. Im Januar dann machen Jana Findeklee und Joki Tewes in ihrer ersten Regiearbeit als Doppel die Graphic Novel „Im Spiegelsaal“ der feministischen Autorin Liv Strömquist zu Theater. Es geht um konstruierte Schönheitsvorstellungen und Optimierungswahn, besonders in der digitalen Welt.

Klassiker ins Heute

Aber auch in älteren Stücken schlummert Aktualität: Der internationale Regisseur Andreas Merz entdeckt Friedrich Dürrenmatts Schulklassiker „Die Physiker“ wieder und befragt ihn im November auch mit Blick auf Künstliche Intelligenz nach der Verantwortung von Wissenschaft. Die sozialen Umbrüche und den aufkommenden Faschismus in Falladas „Kleiner Mann, was nun?“ verbindet Annette Pullen im Januar in einer eigenen Fassung mit der Gegenwart. Anna-Elisabeth Frick inszeniert im März Orwells Diktaturforschung „Die Farm der Tiere“. Schein, Sein und Wirkung: Thomas Manns schillernden Hochstapler Felix Krull untersucht der junge Regisseur Niklas Radtke („Die Glücksforscher“).

Wie man Mozarts „Zauberflöte“ aktualisieren kann, zeigt Yvonne Kespohl im März: 2024 im Wiener Burgtheater uraufgeführt, entstaubt sie die Opernfiguren und macht sie zu Menschen mit heutigen Sehnsüchten und Nöten. Yasmina Rezas „Gott des Gemetzels“ ist zwanzig Jahre alt. Rief der Riss durch die bürgerliche Welt damals einen Aufschrei hervor, erscheinen gesellschaftliche Gräben heute normal. Bettina Jahnke fragt im April: Wie treffen die Paare heute aufeinander? Auf der Sommerbühne wird ab Ende Mai Shakespeares Verwechslungskomödie „Was ihr wollt“ unter der Regie von Moritz Peters („Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“) gezeigt.

Regie-Schwergewicht in Potsdam

Aus dem Jahr geht es stark hinaus, trotz Blick auf „ein trauriges und unbedeutendes Weichei, das obendrein noch alt wurde“. Houellebecqs Roman „Serotonin“ über einen mittelalten weißen Mann in der Krise bringt Sebastian Hartmann als Soloabend mit Guido Lambrecht auf die Bühne. Mit Hartmann holt das Hans Otto Theater ein echtes Regie-Schwergewicht nach Potsdam: Er hat bereits national und international an großen Bühnen gearbeitet und wurde bereits viermal zum Berliner Theatertreffen eingeladen.

HOT-Chefdramaturgin Bettina Jantzen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bewegung in der HOT-Belegschaft

Leider ist Theater nicht nur Kunst, sondern auch Finanzen und Organisation. Zum Ende gab Geschäftsführer Marcel Klett einen Einblick in den Maschinenraum. In der HOT-Belegschaft ist Bewegung: Das langjährige Ensemblemitglied Nadine Nollau (unter anderem „Blutbuch“) verlässt das Hans Otto Theater zum Ende der Spielzeit, bleibt aber als Gast erhalten. Laura Maria Hänsel („Zähne und Krallen“) wird in ihrer Elternzeit von Chenoa North-Harder vertreten. Auch Dramaturgin Alexandra Engelmann verlässt das Haus. An ihrer Stelle beginnt Jan Pfannenstiel, aktuell am Theater Bonn.

Neuerungen gibt es auch bei der Preisgestaltung: Tickets für Studierende, Auszubildende und Schüler gibt es im Vorverkauf zukünftig in allen Preiskategorien. Das günstige Kulturticket richtet sich an Besucher, die Transferleistungen beziehen: Sie können es nun auch im Vorverkauf erwerben. Finanziell ist das Theater nach einem halben Jahr der Unsicherheit laut Klett „erst einmal bis Ende 2026 stabil“, sofern sich die gegenwärtige Planung von Stadt und Land nicht verändert.

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