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Woo-yeong Jeong (links) erzielte den Siegtreffer für Union. Das freute auch Andras Schäfer.

© IMAGO/Grant Hubbs

„Abstiegskampf ist Stress pur“: Der 1. FC Union wandelt zwischen Abgrund und Erleichterung

Der Sieg in Frankfurt gibt Union im Kampf um den Klassenerhalt neuen Mut. Rönnow verhindert einen Rückschlag, von dem sich die fragilen Berliner womöglich nicht mehr erholt hätten.

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Wie viel Druck aktuell auf den Verantwortlichen des 1. FC Union Berlin liegt, war am Sonntagnachmittag schon vor dem Anpfiff zu sehen. Steffen Baumgart gab sich vor den Kameras von „Dazn“ nicht einmal Mühe, seine Anspannung zu verbergen.

Als der 53 Jahre alte Trainer gefragt wurde, ob das Selbstvertrauen seiner Mannschaft unter den schwachen Ergebnissen der vergangenen Wochen gelitten habe, antwortete er genervt, aber prophetisch. „Ich habe die Ergebnisse von gestern gesehen und da hat auch keiner mit gerechnet“, sagte Baumgart.

Es sollte so viel heißen wie: Natürlich sind wir klarer Außenseiter, aber wenn der VfL Bochum in München gewinnen kann, warum sollen wir nicht drei Punkte bei Eintracht Frankfurt holen? Ja, warum eigentlich nicht?

Gute zwei Stunden später war Baumgart immer noch geladen, aber glücklich. In einer dramatischen Schlussphase sicherte sich Union einen 2:1-Sieg, der ebenso wichtig für die Berliner Nerven wie für die Tabellensituation ist. Nach den überraschenden Punktgewinnen der Konkurrenten Bochum, St. Pauli und Kiel schlug Union zurück und hält den Sechs-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz.

Das ist schwierig zu verkraften.

Horst Heldt, Sportchef des 1. FC Union, über die zwei Handspielpfiffe gegen die Berliner

Gerade angesichts des schweren Programms – am kommenden Samstag gastiert Bayern München im Stadion An der Alten Försterei, danach warten mit Freiburg, Wolfsburg, Leverkusen und Stuttgart allesamt Teams mit europäischen Ambitionen – war der Erfolg in Frankfurt elementar wichtig, um die immer stärker zutage tretenden Sorgen nicht zu einer ausgewachsenen Abstiegspanik werden zu lassen.

Held des Tages im Waldstadion war Frederik Rönnow, der in der fünften Minute der Nachspielzeit einen Handelfmeter von Hugo Ekiteké parierte. Damit sicherte er Union nicht nur drei wichtige Punkte, sondern bewahrte das fragile Team vor einem Rückschlag, von dem es sich womöglich nicht mehr erholt hätte.

Denn die letzten Spielminuten hatten aus Berliner Sicht das Potenzial für einen echten Horrorfilm. In der 87. Minute konterte sich Union über das eingewechselte Trio Andras Schäfer, Benedict Hollerbach und Woo-yeong Jeong sehenswert zum 3:1. Unions bester Torschütze jubelte vor der Kurve, die Erlösung war da. Allerdings nur für wenige Sekunden.

Auf Hinweis des VAR und nach Ansicht der Wiederholung erkannte Schiedsrichter Frank Willenborg ein Handspiel von Schäfer beim Ballgewinn in der eigenen Hälfte. Erst 70 Meter weiter und drei Pässe später traf Hollerbach, doch das Tor wurde aberkannt.

Rönnow verhindert einen fatalen Rückschlag

In der Nachspielzeit bugsierte Frankfurts Elye Wahi den Ball mit der Schulter an den weit erhobenen Arm von Danilho Doekhi. Wieder schaltete sich der Videoassistent ein, wieder entschied Willenborg auf Handspiel eines Berliners. Es gab Elfmeter. „In so einer Situation das 3:1 abzuerkennen, nachdem fünf, sechs, sieben, acht Kontakte weitergespielt wurde, und dann bekommst du im Gegenzug einen Handelfmeter. Das ist schwierig zu verkraften“, sagte Unions Sportchef Horst Heldt.

Hätten die Berliner den Sieg in der turbulenten Schlussphase noch aus der Hand gegeben, wäre dies tatsächlich schwer zu verkraften gewesen für eine Mannschaft, die sich seit Wochen im Abwärtstrend befindet. Durch Rönnows Rettungstat war die Erleichterung greifbar. „Abstiegskampf ist Stress pur und wir haben uns das erarbeitet“, sagte Heldt.

Nur an Christopher Trimmel perlten die Emotionen ein Stück weit ab. „Freude ist da, aber ich übertreibe jetzt nicht“, sagte der Kapitän, der mit Union in fast elf Jahren alle Höhen und Tiefen durchgemacht hat. Die Schwierigkeit sei, solche Leistungen wie in der zweiten Hälfte konstant zu zeigen, und in der kommenden Woche warte mit Bayern ein Gegner, gegen den „man auch mal untergehen kann“. Die Saison sei noch lang und der Abstiegskampf schwierig. „Das war ein guter Schritt, aber da fehlt noch einiges“, sagte Trimmel.

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